Laptop und las einige E-Mails. Und schrieb auch welche: an Jochen, an Markus, an »den Winnetou«, an »Taucher44« und … an Bernhard.
Von:
[email protected]An: bernhardb@…com
Betrifft: Danke für deine Zuschrift
Hallo Bernhard,
vielen Dank für deine E-Mail. Du bist Computerfachmann, hast du mir geschrieben. Nun, das ist nicht gerade meine Spezialität. Ich bin froh, dass ich meinen Laptop so weit beherrsche, um meine Vorträge und Briefe zu schreiben. Bei Amazon Bücher zu bestellen. Und natürlich um E-Mails zu verschicken.
Das Internet ist wirklich eine aufregende Angelegenheit: Da sitze ich nun und schreibe einem Wildfremden. Ist es nicht spannend, sich auf diesem Wege kennen zu lernen? Im Normalfall beginnt ein Kennenlernen mit dem ersten Eindruck. Und der erste Eindruck besteht aus dem Gesicht, dem Haar, aus der gesamten Erscheinung. Doch hier entstehtder erste Eindruck aus dem geschriebenen Wort. Man erfahrt einiges voneinander, ohne sein Gegenüber zu sehen. Ich muss sagen, ich finde das aufregend. Dir gefallt England besonders? Ich war letztes Jahr mit meiner Freundin dort. Wir sind eine Woche durch den Süden des Landes gefahren. Ich finde die Freundlichkeit der Engländer sehr anziehend und natürlich ihren teilweise absurden Humor. Meine Freundin liebt das Land ganz besonders, und sie ist bereits häufig dort gewesen. Mich zieht es eher in den Süden. Ich liebe Italien, besonders die Toskana. Vielleicht auch, weil es dort wärmer ist. Und es seltener regnet.
Da ich deinen Beruf kenne, möchte ich dir natürlich auch meinen nicht vorenthalten: Ich bin Zahnärztin und arbeite in einer großen Praxis. Den Beruf habe ich gewählt, weil ich gern mit Menschen zu tun habe. Und mir präzises Arbeiten Spaß macht. Zum Ausgleich gehe ich gern joggen. Oder inlineskaten. Darum freue ich mich jetzt schon auf die warme Jahreszeit. Was machst du gern in deiner Freizeit? Bist du ein sportlicher Typ? Und was gibt es sonst noch von dir zu erzählen, was ich unbedingt wissen sollte?
Ich setzte einenhinter diesen Satz, verabschiedete mich und schickte die E-Mail ab.
XII
»Entschuldigung, ich weiß, ich bin spät dran!« Margarite Meiner stand mit freudestrahlendem Gesicht vor meiner Haustür. »Aber der heutige Vormittag war einfach ein Wahnsinn.«
Ich lächelte zurück und trat beiseite, um sie eintreten zu lassen. Es war Mittwochnachmittag. Die Entrümpelungs-aktion konnte stattfinden.
»Ich organisiere eine große Modenschau für einen japanischen Modeschöpfer. Bei den Salzburger Festspielen. In diesem Sommer. Das ist die große Chance für mich! Was denken Sie, was es dort für einen Presserummel gibt? Fernsehanstalten aus aller Welt werden erwartet. Als Models laufen ausschließlich prominente Frauen: Schauspielerinnen, Sängerinnen, Politikergattinnen, Sie wissen schon. Und da muss ich natürlich zuerst die Damen treffen, um ihren Farbtyp zu bestimmen. Denn die Kleider sollen ja typgerecht passen. Nur dann kommen sie perfekt zur Geltung.« Sie hängte ihren Mantel an die Garderobe und folgte mir die Treppe hinauf zu meinem Schlafzimmer. Ohne dabei ihren Redeschwall zu unterbrechen. »Manche der Damen sind überraschend nett. Gar nicht so zickig, wie sie im Fernsehen rüberkommen. Aber andere wiederum …« Sie rollte vielsagend die Augen.
Ich öffnete meinen Kleiderschrank, und Frau Meiner war schlagartig ruhig und konzentriert. Sie ergriff das erste Kleid. Ein beiges Ensemble mit Top, Rock und Jäckchen. Ich wusste, es entsprach nicht im Geringsten der aktuellen Mode. Solche breiten Schulterpolster trug niemand mehr. Aber Peter hatte ich so gut darin gefallen. Also hatte iches aufgehoben. Und in manchen nostalgischen Momenten trug ich es auch noch heute. Es war sofort klar, dass ich mir in Zukunft für meine nostalgischen Momente etwas anderes zum Anziehen würde suchen müssen. Denn die Teile fanden keine Gnade vor dem strengen Auge meiner Beraterin.
»Ist Ihnen noch nie aufgefallen, dass Sie in dem Ding aussehen wie eine Wasserleiche?« Sie schüttelte fassungslos den Kopf.
Wir verbrachten einen höchst vergnüglichen Nachmittag. Frau Meiner wurde zu Margarite. Ich wurde zu einer Frau mit einem halb leeren Kleiderschrank. Die andere Hälfte des Inhalts wanderte in große schwarze Säcke, die Margarite vorsorglich mitgebracht hatte.
»Diese Säcke habe ich immer in meiner Handtasche. Ich fülle sie und bringe sie sofort zur Altkleidersammlung. So ist ein guter Zweck erfüllt. Und ich stelle