Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
Erinnerung schon sehrverblasst. Ich konnte mich noch an das Riesenrad im Prater erinnern. Es hatte große, rote Kabinen …
»Woran denkst du denn jetzt schon wieder?« Bea fuchtelte mit der Handfläche vor meinen Augen: »Hallo, hier spielt die Musik! Du wolltest uns von deinen E-Mail-Abenteuern berichten. Und vor allem von dem Zauberwesen, das dich durchs weltweite Netz umgarnt hat.«
»Ich habe die letzten Tage mit mehreren Männern korrespondiert. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie spannend es ist, auf diese Weise Männer näher kennen zu lernen. Da war ein Typ, der sich ›der Winnetou‹ nannte. Ich bin bis zum Schluss nicht draufgekommen, warum er sich diesen Namen gab. Der hat mir immer witzige Bilder geschickt und Figuren, die auf meinem Bildschirm auf und ab liefen. Als er erfuhr, dass ich vom Sternzeichen her Schütze bin, da hat er mir einen kleinen pausbäckigen Engel geschickt, der mit Pfeil und Bogen bewaffnet über meinen Bildschirm fliegt.«
Carlas Begeisterung hielt sich sichtlich in Grenzen. »Und was ist mit dem lustigen Knaben geschehen? Was soll das heißen, bis zum Schluss?«
»Er war verheiratet. Das hat sich erst nach mehreren Wochen herausgestellt, in denen wir uns jeden Tag geschrieben hatten. Es tat mir zwar wirklich Leid um ihn, denn auf den Fotos, die er mir schickte, sah er höchst attraktiv aus. Braun gebrannt, mit dichten dunklen Locken. Eine Pfeife im Mundwinkel. Aber da kann man nichts machen. Ich hab’s mir geschworen: keine Vergeudung meiner Zeit und Gefühle mit einem Verheirateten.«
»Das kann ich verstehen. Doch was hilft ein Schwur? Ich habe meinen Schwur schon vor zwei Jahren gebrochen. Wenn der Blitz einschlägt, dann helfen alle Schwüre nichts …«, sagte Carla in bitterem Tonfall. Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette.
Die freundliche chinesische Kellnerin eilte herbei, um unsere Schüsselchen abzuräumen und Carla einen Aschenbecher heranzurücken. Diese bedankte sich mit einem fahrigenLächeln. Ich beobachtete meine Freundin und stellte wieder einmal fest, wie blass sie war.
»Wie ist denn dein Geschäft mit den Italienern ausgegangen?«, fragte ich sie. »Haben sie sieh wieder gemeldet?« Vielleicht hatte sie in der Zwischenzeit den Grund erfahren können, warum ihre Geschäftspartner so kurzfristig und überraschend das Geschäft nicht abgeschlossen haben.
Carlas Blick verdüsterte sich noch mehr: »Nein, niemand hat sich gemeldet. Absolute Funkstille. Rotter hat die Maschinen verkauft. Zwei Tage, nachdem das Geschäft mit den Italienern geplatzt war. Er hat zwar nicht denselben guten Preis erzielen können, aber immerhin hat er einen satten Gewinn erwirtschaftet. Der kommt natürlich nun ihm und seiner Prämienrechnung zugute. Doch das ist nicht das einzig Ärgerliche. Ich habe gesehen, dass der alte Moosburger ihm anerkennend auf die Schulter geklopft hat. Und der Bubi war natürlich auch ganz entzückt. Und ich stand da und war die unfähige Dumme. Rotters Blick hättet ihr sehen sollen. Triumph pur!«
»Irgendwann kommt der Tag und du haust ihm eins in die Fresse«, sagte Bea. Carla war nicht wirklich getröstet.
»Wollen die Damen noch einen Nachtisch?«, fragte die freundliche Chinesin. Die Damen wollten nicht.
»Zurück zu diesem Bernhard«, forderte Bea streng, »und mach schnell. In einer halben Stunde beginnt mein Kurs.«
»Ich hatte ursprünglich gar nicht vorgehabt, an Bernhard zu schreiben. Es war Carlas Idee. Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, Carla, du hattest einen guten Riecher.« Ich lächelte zu meiner Freundin hinüber. »Wir mailen jetzt schon gute zwei Wochen miteinander. Jeden Tag mindestens einmal. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was für ein schönes Gefühl es ist, wenn man jeden Tag ein Stück näher zusammenrückt.«
»Worüber schreibt ihr denn so?«, wollte Bea wissen.
Ja, worüber? »Über Gott und die Welt. Wir haben uns über Politik unterhalten. Und natürlich über Theater. Bernhardist auch ein begeisterter Theaterbesucher. Und er liebt England. Carla, ich habe ihm erzählt, dass wir beide letztes Jahr Urlaub im Süden der Insel gemacht haben.«
»Und das reicht aus, um dich zu verlieben?« Beas Gesicht war die reinste Skepsis.
»Wir haben uns auch unsere Vergangenheit erzählt. Bernhard ist seit vier Jahren geschieden. Und hat keine Kinder. Er lebt allein. Irgendwo am Rande der Stadt. Und wir haben uns auch schon unsere Pläne für die Zukunft anvertraut.«
»Das ist ja alles gut und
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