Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
gesehen, wie ich aufgeregt im Zimmer hin und her schritt, um Beas Übung für Anmut und Energie zu vollführen. Als mir dies einfiel, stand ich auf, um Greg meinen »Walk with Grace and Power« vorzuführen. Er fand, ich sähe toll aus. Richtig energiegeladen. Und strahlend.
Und dann brachte er mich noch mehr zum Strahlen. Und ich vergaß meine Aufregung wieder.
Am nächsten Morgen war sie dafür umso stärker wieder vorhanden. Ich brachte beim Frühstück keinen Bissen hinunter. Greg hatte beschlossen, mich wieder zum Kongress zu begleiten. Da saß er dann in der zweiten Reihe und klatschte besonders heftig, als ich das Podium betrat. Ich tat, wie Bea mich geheißen hatte, ging aufrecht, mit erhobenem Haupt. Ich brauchte nicht an Frau Studiendirektor und mein Abiturzeugnis zu denken. Anmut und Energie kamen wie von selbst, wenn mein Blick den Mann in der zweiten Reihe streifte.
Der Vortrag selbst war kein Problem. Es war, wie ich gehofft hatte: Meine intensive Vorbereitung hatte sich gelohnt. Die richtigen Worte kamen wie von selbst, und ich konnte das Publikum von meinem Anliegen überzeugen. Lang anhaltender Applaus bestätigte mein gutes Gefühl. Professor Meierhofer kam, bevor ich das Pult verließ, auf die Bühne, um mir öffentlich seinen Dank auszusprechen.Eine Journalistin einer medizinischen Zeitung wollte ein Interview für ihre nächste Ausgabe. Ich schwebte wie auf Wolken.
Der Dienstag ging.
Der Mittwoch kam. Zeit, Abschied zu nehmen.
Greg brachte mich zum Zug. »Ich fahre heute Nachmittag zu meinem Kunden ins hinterste Niederösterreich«, wir standen vor der offenen Zugtür, »du weißt schon, der Industrielle, von dem ich dir erzählt habe. Ich war schon einmal in der Gegend. Und darum weiß ich, dass mein Handy dort keinen Empfang hat. Der Kunde hat mich außerdem schon vorgewarnt: Er hat den Strom noch nicht angemeldet. Und ich fürchte, das Dorfwirtshaus, in dem ich nächtigen werde, verfügt über keinen Internetanschluss. Es kann also sein, dass ich mich einige Tage nicht bei dir melden kann.«
Aha. Es begann. Greg bereitete das Ende vor. Er würde sich einige Tage nicht melden. Und dann kam vielleicht eine nichts sagende SMS. Und schließlich würde der Kontakt von seiner Seite komplett einschlafen. Dies waren seine ersten Worte, um mich darauf vorzubereiten. Ich hatte es doch von Anfang an gewusst. Warum taten mir dann seine Worte so weh?
»Das macht doch nichts«, ich bemühte mich um einen locker-leichten Tonfall. Weiß Gott, wie ich auf die Idee kam, Schiller zu zitieren: »›Die schönen Tage in Aranjuez sind nun zu Ende.‹«
»Toll«, erwiderte Greg nicht gerade begeistert, »du hast doch gewusst, dass ich noch einige Tage länger in Österreich bleiben werde. Warum reagierst du jetzt so sauer?«
Ich reagierte doch nicht sauer, weil er in Österreich blieb. Ich reagierte sauer, weil er verheiratet war und daher für mich nicht zu haben. Ich reagierte verletzt, weil ich mich über beide Ohren in ihn verliebt hatte. Obwohl ich vonAnfang an gewusst hatte, dass ich ihn nicht haben konnte. Mit den Gefühlen ist es so eine Sache, da kann man planen, wie man will. Und sie lassen sich nicht bei Bedarf wieder abschalten. Für Greg war ich ein fröhliches Vier-Tage-Abenteuer gewesen. Daher bestand kein Grund, ihn in mein Gefühlschaos blicken zu lassen.
»Achtung auf Gleis vier. Alles einsteigen. Der Zug fährt ab.«
Ein kleiner Kuss. Noch ein kleiner Kuss. Ein kurzes Winken, ich stieg in den Waggon, und die Tür fiel hinter mir zu.
Der Zug setzte sich in Bewegung. Greg winkte. Ich winkte zurück. Solange bis ich ihn nicht mehr sehen konnte. Dann setzte ich mich ins Abteil und weinte. Innerlich. Denn mir gegenüber saß eine verhärmte ältere Frau und starrte gerade vor sich hin. Direkt in mein Gesicht.
»Alles hat ein Ende«, dachte ich.
»Nur die Wurst hat zwei«, ergänzte meine innere Tante Hildegard. Sie musste immer das letzte Wort haben.
»Das ist doch großartig!« Bea stellte freudestrahlend ihre Teetasse ab. Ich hatte ihr soeben meine vier Tage in Wien geschildert. Natürlich konnte ich Greg da nicht ganz ausklammern – obwohl ich mich bemühte, meine Beziehung zu ihm und vor allem meine Gefühle für ihn herunterzuspielen. Bea hatte das Glück, mit einem besonders gut aussehenden Mann verheiratet zu sein. Das war der Grund, warum er allgemein nur als der »schöne Richie« bekannt war. Und das Pech, dass sie nie wusste, ob nicht doch manchmal berechtigte Eifersucht
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