Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
nicht der geeignete Mann, um das auszuprobieren.
Als wir in die Loge zurückkehrten, hob sich soeben der Vorhang.
»Die Handlung ist völlig uninteressant«, flüsterte Stefan mir zu, »wenn die Musik nicht so leidenschaftlich und ausdrucksstark wäre, niemand würde sich diese Oper antun.«
Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Dennoch: Mir gefiel der zweite Teil weit besser als der erste. Jetzt, da ich michnicht mehr aufs Aushalten der Hitze konzentrieren musste, konnte ich Verdis Musik wirklich genießen.
Nach der Vorstellung trafen wir das Ehepaar Schneider wieder. Es hatte fast den Anschein, als hätten sie uns vor der Logentür aufgelauert. Auch wenn sie jetzt verzückte Rufe wie »Na, so ein Zufall!« ausstießen. Sie begleiteten uns in die Bar neben der Oper. Frau Schneider hatte sich bei Stefan eingehängt und setzte den Wortschwall fort, den sie in der Pause begonnen hatte. Ich folgte mit dem schweigsamen Herrn Schneider in kurzem Abstand und versuchte, seine aufdringlichen Blicke zu ignorieren. Wir ließen den Abend bei einem Gläschen Sherry ausklingen. Wie sehr hätte ich mir ein anderes Ende dieses Tages gewünscht.
Und dann kam wieder ein Sonntag.
An diesem Wochenende konnten Stefan und ich uns nicht sehen, da seine betagte Mutter nach ihm gerufen hatte. Mir war das ganz recht, denn auch meine Söhne und Freundinnen hatte Anspruch auf meine Aufmerksamkeit. So kam es, dass wir an diesem Sonntag wieder einmal als Großfamilie am Frühstückstisch saßen. Tim und Sebastian schmiedeten Pläne für die Trainingswoche, die sie mit ihrem Fußballverein verbringen wollten. Da sie in eine Gegend fuhren, die Hubert in seiner Jugend auch oft besucht hatte, begann dieser in Erinnerungen zu graben und ihnen gute Ratschläge zu geben. Mein Schwiegervater war richtig aufgeblüht in letzter Zeit. Ich hörte und staunte: Die Anekdoten, die er zum Besten gab, waren ja wirklich amüsant. Zumindest eine davon. Gutmütig, wie meine Jungen waren, hörten sie ihm geraume Zeit zu. Marie war die Unterhaltung schnell zu langweilig geworden. Tony hatte ihr die neuste CD von Britney Spears geschenkt. Und sie brannte nun darauf, sie meinen beiden Söhnen vorzuspielen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die beiden an Britney Spears vielmehr Gefallen fanden als an den etwas langatmigen Reden ihres Großvaters. Und doch nahmen sie die Gelegenheit dankbar wahr und folgten dem Mädchen aus dem Zimmer.
»Jetzt, da die Kinder aus dem Raum sind, habe ich eine Mitteilung zu machen.«
Ich war gerade dabei, das Frühstücksgeschirr zusammenzustellen. Carla, die den ganzen Morgen schweigend am Tisch verbracht hatte, war aufgesprungen, um mir dabei zu helfen. Huberts feierliche Worte ließen uns in unseren Bewegungen innehalten.
»Es wird hier einige Veränderungen geben, meine liebe Schwiegertochter. Und ich denke es ist höchste Zeit, dich davon in Kenntnis zu setzen.« Oh, oh, oh, das klang nicht gut. »Obwohl«, setzte Hubert fort, »dir diese Veränderungen nicht allzu unrecht sein werden.«
Ich setzte mich auf meinen Stuhl ihm gegenüber und wartete, dass er weitersprach. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber sicher nicht mit: »Ich habe beschlossen, mich zu verheiraten.«
Ich schnappte nach Luft. Diese schlichten Worte waren in der Tat eine Aufsehen erregende Neuigkeit. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein! Wen wollte Hubert heiraten? Und vor allem, wer wollte Hubert heiraten? Ich hatte ihn noch nie mit einer Frau gesehen! Wo kam denn die auf einmal her? Soweit ich wusste, waren die Mitglieder in seinem Schachverein alle männlich. Und die in seinem Rotary Club sowieso. Die einzige Frau, mit der er sich näher beschäftigte, war seine Haushälterin.
Carla schien bei weitem weniger überrascht zu sein als ich: »Herzlichen Glückwunsch, Hubert. Ich nehme an, die Glückliche ist Claudia.«
»Claudia? Welche Claudia?«
»Brunnen-Claudia«, sagte Carla, als sei dies das Selbstverständlichste auf der Welt.
Hubert lächelte unerwartet schüchtern. Ich hatte noch nie zuvor gesehen, dass ein zartes Rot über seine Wangenglitt. Doch ich konnte schwören, dass es diesmal der Fall war. »Ja ich weiß, meine Auserwählte ist um vieles jünger als ich. Doch wenn sie der Altersunterschied nicht stört, ich kann euch versichern, mich stört er keineswegs.« Und dann lachte er, wie ich ihn noch nie hatte lachen hören.
Hätte ich meinen Kopf nicht zu sehr bei meinen »Männergeschichten« gehabt, dann wäre mir wahrscheinlich
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