Vom Kämpfen und vom Schreiben
eiskalt erteilt sie Befehle. Ich beobachte Manni, der lässt Hügelin nicht aus den Augen. Hügelin zuckt ein bisschen mit den Schultern, sie fröstelt offenbar, es ist kalt im Theater. Manni springt auf und holt eine Decke aus dem großen Koffer in der Garderobe.
Hügelin leckt sich über die Lippen, Manni springt auf, hat eine Flasche Wasser und ein Glas zur Hand, schüttet ein, bringt Hügelin das Glas, lässt sie trinken, wartet einen Moment, nimmt das Glas wieder mit. Ein Wimpernschlag von Hügelin genügt und Manni weiß, was er zu tun hat.
Mache ich irgendetwas falsch? Vielleicht sollte ich auch mal die Diva geben. Die Mitarbeiter des Theaters und ich tauschen Blicke, wir denken wohl alle dasselbe.
Hügelin singt die gleichen Chansons wie damals im Hotel, in derselben Reihenfolge. Hat sie vielleicht nur das eine Playback?
und warum singt sie keins von den Liedern, über die wir beim Fotoshooting gesprochen haben? Wir hatten überlegt, welche Songs gut zu meinen Texten passen würden, und sie hatte allen Vorschlägen zugestimmt. Naja, vielleicht hat sie die Noten noch nicht bekommen, vielleicht studiert sie die Songs später ein.
Der Dreh läuft professionell ab, nach zwei Stunden ist alles im Kasten. Ich bedanke mich beim Drehteam, lasse Grüße an den Chef ausrichten und bin dankbar für dieses Geschenk.
Der Kameramann sagt, das müsse alles noch auf drei Minuten geschnitten werden, wie lange das dauert, wisse er nicht, es sei viel zu tun im Moment.
Wir haben ja noch Zeit. Wenn wir das Material Anfang April haben und es dann dem WDR schicken, ist es früh genug, um vielleicht in den Veranstaltungstipps des Lokalfernsehens gezeigt zu werden.
Zwei Wochen später bekomme ich eine SMS von Hügelin: Sie reise nach Australien und würde das Drehmaterial gern mitnehmen. Ob ich dafür sorgen könne, dass sie es zeitnah bekomme.
Ich rufe in der Produktionsfirma an. Der Cutter ist krank, Schweinegrippe, und man hat im Moment keine Vertretung.
Hügelin ist entsetzt. Sie weint und jammert, sie brauche den Clip für Australien. Ich sage, ich kann es nicht ändern, dass der Cutter krank ist.
Dann erfahre ich, dass der Clip wahrscheinlich nicht fertig werden wird.
Hügelin tobt und weint am Telefon und sagt, ich solle das Material ungeschnitten anfordern, sie würde schon für einen Cutter sorgen. Ich finde das unverschämt und sage ihr das: Es sind meine Kollegen, die mir in ihrer Freizeit einen kostenlosen Gefallen getan haben, da fordere ich gar nichts an, sondern ich freue mich, wenn es klappt.
Dann kommt eine Mail von Hügelin: Das sei ihr schon so oft in ihrem Leben passiert, immer würde sie alles möglich machen, und immer wieder käme dann jemand, der die Lage verpeilt, und dann ginge alles den Bach runter.
Ich bin stinksauer. Dennoch bleibe ich sachlich, als ich auf ihren Ton nicht eingehe und sie bitte, mir die Titelliste ihrer Songs zu geben. Der Tontechniker hat mich darum gebeten. Das ginge nicht, das mache sie immer spontan, vor dem Auftritt, antwortet Hügelin.
Der Techniker und ich vermuten, dass sie nur eine einzige CD hat, die sie immer wieder und ausschließlich singt.
Der Theaterleiter macht mich darauf aufmerksam, dass wir nicht vergessen dürfen, die GEMA zu informieren und die fälligen Gebühren abzuführen. Ich habe davon keine Ahnung, es betrifft mich ja auch nicht, denn meine Texte sind gemafrei.
Also bitte ich Hügelin, sich darum zu kümmern.
Hügelin weigert sich, »das auch noch zu tun«, außerdem sei es ein gemeinsamer Auftritt, da seien wir auch gemeinsam für die Kosten zuständig.
Okay, damit bin ich einverstanden und frage sie, ob ich ihr jetzt eine Rechnung schicken soll. Sie verstehe nicht, sagt Hügelin. Ich erkläre, dass ich das Konzept entworfen, den Namen gefunden, das Theaterengagement an Land gezogen und mit der Leitung des Theaters verhandelt habe. Ich weise sie darauf hin, ziemlich aufgebracht, dass mein Mann ein Video beim Fotoshooting gedreht und bei Youtube eingestellt hat und mein Sohn die Fotos gemacht hat. Ich habe Flyer und Plakate entworfen, drucken lassen und bezahlt. Ich habe das Filmteam besorgt, und ich reiße mir den Arsch auf für diesen Auftritt.
Hügelin schreibt mir eine SMS, in der steht, dass sie weint.
Anfang April 2010 erscheint das neue Buch, wieder als BOD, denn meine Erfahrungen mit dieser Veröffentlichungsmethode sind gut.
»Jesses Maria – Wechseljahre« kommt genau zur richtigen Zeit, denn plötzlich sind Wechseljahre in
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