Vom Kämpfen und vom Schreiben
aller Munde, und das Gespräch darüber ist salonfähig. Als im TV sogar eine Serie von Doris Dörrie zu diesem Thema läuft, weiß ich, dass ich auf der richtigen Spur bin. Schade nur, dass ich nicht so einen Marketingapparat habe wie Frau Dörrie. Während bundesweit Zeitungen, Kultursender, Trailer und Plakatwerbung auf ihre Serie hinweisen, weiß kein Mensch, dass mein Buch zum selben Thema schon längst da ist.
Ich ziehe wieder die Ochsentour durch und akquiriere weitere Abonnenten für meinen Newsletter, schreibe um die fünfhundert Institutionen und Locations an, für die meine »Wechseljahre« ein Thema sein können.
Für Ende April ist der Auftritt mit Hügelin im Kölner Theater geplant, das Buch kommt pünktlich. Im Theater sind schon vierzig Karten für »Fifty Fifty« verkauft, und ich bin wie immer nervös.
Noch einmal frage ich Hügelin, ob sie die GEMA informiert hat. Ich habe gelesen, dass es empfindliche Strafen geben kann, wenn man die Gebühren nicht bezahlt. In unserem Engagementvertrag steht ausdrücklich, dass wir die GEMA informieren müssen. Ich schicke Hügelin einen Zusatz zum Vertrag. Ich will nicht auch noch diese dämlichen GEMA-Gebühren bezahlen. Hügelin redet sich raus. Wir streiten per SMS. Schließlich einigen wir uns darauf, dass sie die GEMA zahlt, dafür muss ich die Kosten für die Drucksachen alleine tragen. Mist, da lege ich zu. Angemeldet habe sie die Vorstellung übrigens schon lange, natürlich.
Es ist Montag, kommenden Freitag ist der Auftritt.
Abends besuche ich mit einem Freund ein kleines Kölner Theater. Wir sehen uns »Diva La Kruttke« an, eine One-Woman-Show mit der Sängerin und Entertainerin Kristina Kruttke. Die Show finde ich klasse und La Kruttke so toll, dass ich nach der Show zu ihr gehe und mit ihr plaudere. Wir sind uns auf Anhieb sympathisch und tauschen Telefonnummern aus, um uns bald zu verabreden.
Dienstagmorgen habe ich so eine Ahnung. Ich rufe bei der GEMA an und verlange den zuständigen Sachbearbeiter. Er ist irritiert, als ich frage, ob die Veranstaltung »Fifty Fifty« ordnungsgemäß von Frau Hügelin Berger angemeldet wurde.
Ja, sicher, das sei sie, vor ein paar Tagen, aber gestern, Montag, sei sie von Frau Hügelin wieder abgesagt worden. Ich bin wie vom Donner gerührt.
Was läuft denn da ab? Will sie etwa nicht kommen? Lässt sie mich sitzen? Nein, das macht sie nicht, das kann nicht sein. Ich versuche, sie anzurufen. Vergeblich.
Schließlich beantwortet Manni meine Mails und SMS. Hügelin sei so furchtbar sensibel, eine Künstlerseele eben, nicht so ein berechnender Mensch wie ich, ich könne mir gar nicht vorstellen, was mein rüder Ton mit ihr, Hügelin, mache. Ich laufe fast Amok.
Dann rufe ich Kristina Kruttke an. Ob sie einspringen würde, falls Hügelin nicht kommen sollte, frage ich sie und erkläre ihr meine Befürchtung. Kristina sagt zu.
Mittwoch sitzt Kristina an meinem Tisch und wir entwerfen einen Ablauf für den Fall, dass.
Sie wird Lieder singen, die ich aus ihrer Show kenne, und stimmt die Reihenfolge auf den Inhalt meiner Satiren ab. Ich lese ihr meine Texte vor, damit sie einen Eindruck vom Konzept bekommt. Uns rauchen die Köpfe, wir wissen, dass wir nicht proben können, es muss einfach alles klappen, falls Hügelin nicht kommt. Wir stoppen die Dauer ihrer Songs und meiner Texte, besprechen An- und Abmoderationen, legen fest, wer wann auf der Bühne ist und wer von wo aus die Bühne betritt.
Donnerstagvormittag rufe ich im Theater an, um zu fragen, wie viele Karten verkauft sind. Und erfahre en passant, dass Hügelin sich krank gemeldet hat. Genauer gesagt: Manni hat sie krank gemeldet. Das ärztliche Attest werde nachgereicht.
Im Theater ist man ratlos: Was sollen wir machen? Absagen?
»Nein, ich habe einen Plan B«, sage ich, »kein Wort zu niemandem, ich mach das schon.«
Wäre ich gläubig, würde ich Gott für meine Intuition danken. Wie oft werde ich noch auf die falschen Menschen bauen?
Freitagabend stehe ich auf der Bühne und verkünde dem Publikum mit zitternder Stimme, dass das Schlimmste passiert ist, was vor einem solchen, mit viel Herzblut vorbereiteten Event passieren kann: La Chansonette ist krank.
Und dann kündige ich Diva La Kruttke an und wir legen eine Show hin, in der nichts, aber auch gar nichts schiefgeht. Das Publikum ist restlos begeistert, und ich bin sogar richtig froh, dass Hügelin nicht gekommen ist.
Kristina passt mit den frechen Liedern und ihrer kessen Art viel besser
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