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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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Veranlassung gibt, die Schlacht weiter vorwärts zu liefern, - in allen diesen Fällen, sagen wir, muß eine nahegelegene und widerstandsfähige Festung die dringendste Veranlassung geben, uns von Hause aus hinter sie zurückzuziehen und die Entscheidung diesseits, also unter ihrer Mitwirkung zu geben. Nehmen wir dabei unsere Stellung so nahe an dieser Festung, daß der Angreifende sie weder belagern noch einschließen kann, ohne uns vertrieben zu haben: so [495] setzen wir ihn auch noch in die Notwendigkeit, uns in unserer Stellung aufzusuchen. Uns erscheint daher von allen Verteidigungsmaßregeln in gefahrvollen Lagen keine so einfach und wirksam, als die Wahl einer guten Stellung nahe hinter einer bedeutenden Festung.
    Aber freilich würde die Frage sich anders stellen, wenn die Festung bedeutend weit zurückläge, weil man dann einen bedeutenden Teil seines Kriegstheaters einräumte; ein Opfer, welches, wie wir wissen, nur gebracht wird, wenn die Umstände es fordern. In diesem Fall nähert sich diese Maßregel mehr dem Rückzug ins Innere des Landes.
    Eine andere Bedingung ist die Widerstandsfähigkeit des Platzes. Bekanntlich gibt es befestigte Plätze, besonders große, die mit dem feindlichen Heer in keine Berührung gebracht werden dürfen, weil sie einem gewaltsamen Angriff mit einer bedeutenden Truppenmasse nicht gewachsen sind. In diesem Fall müßte wenigstens unsere Stellung so nahe dahinter sein, daß die Besatzung unterstützt werden könnte.
    6. Endlich ist der Rückzug in das Innere des Landes nur unter folgenden Umständen eine natürliche Maßregel:
    a) wenn unser physisches und moralisches Verhältnis zum Gegner an einen glücklichen Widerstand an der Grenze oder in ihrer Nähe nicht denken läßt;
    b) wenn Zeitgewinn eine Hauptsache ist;
    c) wenn die Verhältnisse des Landes dazu die Hand bieten, wovon wir im fünfundzwanzigsten Kapitel bereits gesprochen haben.
    Wir schließen hiermit das Kapitel von der Verteidigung eines Kriegstheaters, wenn auf der einen oder andern Seite eine Entscheidung gesucht wird, diese als unvermeidlich ist. Aber wir müssen freilich daran erinnern, daß im Kriege die Fälle sich nicht so rein darstellen und daß man also, wenn man unsere Sätze und Entwickelungen in Gedanken auf den wirklichen Krieg überträgt, auch schon das dreißigste Kapitel im Auge haben und sich in der Mehrheit der Fälle den Feldherrn zwischen beiden Richtungen, nach Maßgabe der Umstände der einen oder andern näher, denken muß.
Neunundzwanzigstes Kapitel: Fortsetzung. Sukzessiver Widerstand
    Wir haben im zwölften und dreizehnten Kapitel des dritten Buches gezeigt, daß in der Strategie ein sukzessiver Widerstand nicht in der Natur der Sache ist, und daß alle Kräfte, welche vorhanden sind, gleichzeitig gebraucht werden sollen.
    [496] Für alle beweglichen Streitkräfte bedarf dies keiner näheren Bestimmung; wenn wir aber das Kriegsgebiet selbst mit seinen Festungen, Bodenabschnitten und selbst mit seiner bloßen Flächenausdehnung auch als eine Streitkraft betrachten, so ist diese unbeweglich und wir können sie also nur nach und nach in Tätigkeit bringen oder wir müssen gleich so weit zurückgehen, daß alle die Teile, welche in Wirksamkeit treten sollen, vor uns liegen. Alle Beziehungen, welche ein Heergebiet zu der Schwächung des feindlichen Heeres hat, treten dann in Wirksamkeit. Der Feind muß unsere Festungen einschließen, er muß sich der Landesoberfläche durch Besatzungen und andere Posten sichern, er muß lange Wege zurücklegen, alles auf langen Wegen herbeiziehen usw. Alle diese Wirkungen treten für den Angreifenden ein, er mag vorschreiten vor der Entscheidung oder nach der Entscheidung, nur daß sie im ersten Fall noch etwas stärker sein werden als im letzten. Hieraus folgt also, daß, wenn der Verteidiger seine Entscheidung sogleich zurückverlegen will, er allerdings darin ein Mittel hat, jene unbeweglichen Streitkräfte alle zugleich ins Spiel zu bringen.
    Von der andern Seite ist es klar, daß dieses Zurückverlegen der Entscheidung, streng genommen, auch keinen Einfluß haben kann auf die Wirkungssphäre, welche dem Angreifenden seinen Sieg gibt. Wir werden diese Wirkungssphäre beim Angriff näher betrachten, hier aber schon bemerken, daß sie so weit reicht, bis die Überlegenheit (nämlich das Produkt des moralischen und physischen Verhältnisses) erschöpft ist. Diese Überlegenheit erschöpft sich aber einmal durch den Verbrauch der Streitkräfte, den das

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