Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Bademantels.
»Unter einer
Bedingung: Den Bademantel lassen Sie an.«
Er glättete
seinen Bademantel. »Wenn Sie sich vor Sehnsucht verzehren wollen, dann bitte.«
»Wie kann
ich Ihrem Sohn helfen?«
»Haben Sie
nicht gesagt, dass Sie in Berlin wohnen?«
»Ja.«
»Nicolai
ist gerade dort. Wegen seinem Rücken.«
»Ja?«
»Sie sehen
so aufgeschlossen aus. Wenn Sie ihn freundlicherweise verführen würden, als Beweis
reicht mir seine Unterhose mit Monogramm. Dann werde ich Sie fürstlich entlohnen.«
»Ich werde
darüber nachdenken.«
Fahrig betastete
er seine Manteltaschen. »Irgendwo muss die Adresse der Heilpraxis sein. Die Karte
habe ich aus seinem Reisekoffer entwendet. Ich habe natürlich nach etwas anderem
gesucht, können Sie sich ja denken, haha.«
In die Stille
des Nachmittags peitschte eine Stimme: »Viktor Emanuel, sofort ins Haus!«
»Mein Zerberus!«,
kicherte Herr Robotka und huschte die Treppe hinauf ins Haus.
Die Vorstellung
war jedoch noch nicht zu Ende. Auf dem Treppenabsatz erschien eine Priesterin in
gelbem Gewand mit wehendem grauem Haar. Die Dame beugte sich zu mir herunter und
sagte leise: »Ich bin Louise Robotka. Meinen Mann haben Sie bereits kennengelernt.«
»Oh ja.«
»Wollen
Sie auch eine Anzeige wegen Störung der öffentlichen Ordnung erstatten?«
»Nein.«
»Ich habe
sofort gesehen, dass Sie eine positive Aura haben«, sagte Frau Robotka erleichtert.
»Ich wette, Sie sind eine Stechpalme.«
»Was bin
ich? Eine Stechpalme? Wieso, wie kommen Sie darauf?«
»Mein sechster
Sinn flüstert mir das zu. Später kann ich es Ihnen erklären, kommen Sie doch hoch
auf eine Tasse Kräutertee.«
Sie entschuldigte
sich, dass wir den Tee nicht im Salon, den man wegen akuter Einsturzgefahr vorläufig
nicht betreten dürfe, einnehmen könnten. Sie führte mich in die Küche und servierte
ein stark nach Thymian riechendes Getränk in zerbrechlichen Porzellantassen. Dazu
gab es Kekse und einen Silberlöffel. Beides von edler Härte. Frau Robotka schlürfte
vornehm ihren Tee und zeigte auf vergilbte Diplome an der Küchenwand. »Viktor Emanuel
hat sich ständig weitergebildet.«
»Wie? Als
Samenspender?«
Irritiert
sah sie mich an. »Als Hautarzt natürlich. Er war der bekannteste Facharzt in der
Stadt. Bis heute erinnert er sich an jeden Leberfleck, jedes Ekzem und jede Narbe
seiner Patienten. Der Arme hat immer gehofft, dass Nicolai oder Alix in seine Fußstapfen
treten würden.«
»So ähnlich
hat er mir das bereits erzählt.«
»Wissen
Sie, Viktor Emanuel verkraftet einfach nicht, dass Nicolai sich für den Gärtnerberuf
entschieden hat. Ein naturverbundenes Leben erwartet ihn. Gemüse züchten, Kräuter
nach dem Mondzyklus ziehen, aufregende Gespräche mit Gleichgesinnten. Und nicht
wie sein Vater, der wie ein Zuchthengst«, Frau Robotka schüttelte die geballten
Fäuste gen Zimmerdecke, »hinter jeder Stute, jeder Eselin, jeder Sau, jeder Pute
herrennt!«
»Sie haben
mein volles Verständnis, Frau Robotka, Tierliebe kann man übertreiben.«
Laut zog
sie die Luft durch die Nase ein und stieß sie mit einem Brummen durch den offenen
Mund aus. Wie ein Mantra sprach sie vor sich hin: »Ich bin ganz ruhig und gelassen.
Ganz ruhig und gelassen. – Was führt Sie zu uns, Frau Lem?«
»Berufliches
Interesse, ich habe vor, über Ihre adelige Familie zu schreiben.«
»Verlassen
Sie sofort mein Haus!«
»Nein, nein«,
sagte ich schnell. »Nicht über das da. Ich suche nette Geschichten, besonders Liebesgeschichten.
Ihr Sohn wird demnächst heiraten. Sie freuen sich sicher darüber?«
Ihr Atem
geriet ins Stocken. »Ja, schon, doch.«
»Wann findet
die Hochzeit statt?«
Ihr Gesicht
zuckte nervös, sie ballte ihre Hände erneut zu Fäusten und presste sie gekreuzt
gegen ihre Brust. »Ich bin ganz ruhig. Nicolai und die Hochzeit. Ruhig und gelassen.
In ein oder zwei Wochen werden sie heiraten.«
»Sie wissen
den Tag nicht genau?«
»Doch, augenblicklich
bin ich nur ein wenig durcheinander.«
»Und wo
findet die Feier statt?«
»Auf dem
Schloss.«
Na endlich,
hier fügte sich alles zu einem glanzvollen, romantischen Ereignis. Sogar die Kulisse
war großartig. »Kann ich das Schloss vorher sehen?«
»Wenn Sie
das Schloss besichtigen möchten, dann fragen Sie meine Tochter. Wenn der rechte
Flügel endlich fertig ist, ziehe ich auch dort ein. Jetzt wird es wohl länger dauern.
Die Firma von Herrn Czarnecki hat die Sache mehr als einmal vermasselt. Das Haupthaus
stürzte ein und er
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