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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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brauchte ich nur mit dem Finger zu berühren, so leicht gab sie nach,
und ich ging hindurch.
    Ein grauhaariger
Mann im kurzen Bademantel trat aus der Haustür, blieb auf dem Treppenabsatz stehen
und rief: »Falls Sie uns wieder wegen der Wasserleitung belästigen wollen, wenden
Sie sich bitte an meinen Verwalter. Zurzeit weilt er auf Neuguinea.«
    Der Garten
war keine parkähnliche Liegenschaft, schnell erreichte ich die Treppe, die zum Haus
hinaufführte.
    Der Mann
verschränkte die Arme vor der Brust, streckte ein Bein hervor und wackelte mit einem
Zeh vor meinem Gesicht herum. Ich trat einen Schritt zurück, um den schmutzigen
Zeh nicht ins Auge zu bekommen.
    »Ich bin
privat hier. Ich möchte die Herrschaften Robotka besuchen.«
    Der Greis
warf seinen Kopf so heftig nach hinten, dass ich schon dachte, er wollte sich den
Hals brechen. Dann begriff ich aber, dass er eine feierliche Haltung annahm. Mit
erhobenem Kopf sagte er: »Mein Name ist Viktor Emanuel Josef Robotka. Seit Generationen
sind wir in der Gegend ansässig.«
    In meine
Stimme legte ich noch mehr Würde und Stolz: »Valeska Lem, fester Wohnsitz Berlin-Schöneberg.«
    »Angenehm.«
Er streckte mir seine Hände entgegen.
    »Sie glauben
doch nicht im Ernst, dass ich ihre Hand küssen werde.«
    Er kicherte.
»Wenn schon küssen, dann nicht die Hand. Aber das später. Sehen Sie meinen Wappenring?«
    Seine knochigen
Finger konnte ich nicht übersehen, sie zitterten dicht vor meinen Augen. »Ja, glänzt
beeindruckend blaublütig.«
    »So ist
das. Und meine Nachkommen werden meine Titel erben. Sind Sie interessiert, Fräulein
Valeska?« Er stieg die Treppe hinunter, stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte,
mir gleichzeitig in die Augen und in den Ausschnitt zu schauen.
    »Ich möchte
lieber Ihren Sohn sprechen.«
    »Ich habe
keinen Sohn.«
    Wusste er
nicht mehr, dass er einen Sohn hatte? »Ist Ihre Tochter Alix zu Hause?«
    »Ach, meine
Tochter«, sagte er schwärmerisch. »Ein Prachtexemplar. Ein Beweis für die exzellente
Qualität meiner Samen. Herausragende Intelligenz und Aussehen. Sie ist leider noch
nicht da. Aber ich bin da!« Er schob sein Kinn vor und trat wie ein Vogel beim Balztanz
von einem Bein auf das andere.
    »Kommt Alix
bald nach Hause?«, fragte ich hoffnungsvoll.
    »Das weiß
ich wirklich nicht. Oh, Fräulein Valeska. Ich bin in das einfache Volk vernarrt.
Aber besonders verpflichtet fühle ich mich der weiblichen Bevölkerung. Sehen Sie
mich an. Die prägnante Adlernase. Es ist meine Pflicht, die wertvollen Adelsgene
weiterzugeben. Frau Lem, wollen wir uns vereinigen?« Der aristokratische Greis führte
mit seinen Händen einen Knochentanz vor meinem Gesicht auf. »Wenn Sie mitmachen,
dann leisten wir auf die lustvollste Art einen Betrag zur Veredelung der polnischen
Bevölkerung.«
    Geistesgegenwärtig
schob ich den Wappenträger auf eine Armlänge von mir weg. »Mal was anderes. Ist
Ihr Sohn Nicolai zu sprechen?«
    Der Greis
schwieg, schnitt Grimassen und sagte schließlich: »Nicolai! Ich will ihn nicht mehr
sehen. Ich werde ihn verstoßen.«
    »Das machen
Sie nach Belieben später. Ich möchte Nicolai Robotka jetzt sprechen.«
    Der alte
Mann fasste sich an den Kopf und rief: »Ich, ein unglücklicher Vater! Nächtelang
habe ich mit Jadwiga, seinem ersten Kindermädchen, darüber diskutiert, warum er
so anders ist als ich. Jadwiga half mir dabei wenig, sie war meistens stumm wie
ein Weihnachtskarpfen, dafür aber heiß wie eine Grillforelle.«
    »Und das
Ergebnis der nächtlichen Gespräche?«
    »Mit der
heißen Jadwiga zog ich zusammen. Haha!«
    Unvermutet
hob er seinen Bademantel bis zum Bauchnabel hoch und ließ ihn dann schnell wieder
fallen. »Haben Sie das gesehen?«
    »Ja, ist
gut. Über Ihren Sohn möchte ich mehr erfahren, Sie haben gerade beklagt, dass er
nicht nach Ihnen kommt.«
    »Oh doch,
doch, in der Größe ja. Sie müssen ihn nur einmal sehen. Noch mal!« Er lüftete kokett
seinen Bademantel.
    »In Ordnung.
Ich habe bereits genug gesehen. Was ist mit Ihrem Sohn?«
    »Eine Tragödie!
Nicolai versinkt immer tiefer in die krankhafte Monogamie. Wer soll denn die empfängliche
weibliche Bevölkerung weiterhin veredeln? Ich bin verzweifelt. Mein eigener Sohn
hat meine beste Geliebte ausgeschlagen. Die wollte ich ihm vererben als guter Vater.
Erbarmen Sie sich meiner! Helfen Sie uns! Ich stehe nackt vor Ihnen und flehe Sie
an. Helfen Sie meinem Sohn!«
    Verzweifelt
zerrte er am fest verknoteten Gürtel seines

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