Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
Vom Netzwerk:
er fröhlich Heldenlieder.
Vergeblich riet ich ihm, er möge eine Nacht darüber schlafen. Daraufhin lächelte
er noch wahnsinniger und kämmte sich sein Haar. Für den Fall, dass die Presse erscheinen
würde, um seinen Rachefeldzug zu dokumentieren.
    Schleunigst
verließ ich sein Häuschen. Es war bereits dunkel, als ich in der Pension ankam.
Aus der Küche holte ich zwei Flaschen Bier und klopfte an Kurts Zimmertür. Unbedingt
brauchte ich seinen Rat, wie man einen Versager, der zum Verbrecher mutiert, aufhalten
könnte. Außerdem trank ich nicht gern allein. Kurt war nicht da, ich ging hinaus
und setzte mich mit einer Bierflasche auf die Gartenbank. Am Himmel blitzte kein
Stern, die Nacht war dunkel, wie meine Vorahnungen.

13.
     
    Am nächsten Tag machte ich mich
auf den Weg zur Waldhütte, Herr Kochmann war nicht da. Die Waldstille wirkte auf
mich so besänftigend, vermutlich hatte sie auch den Wüterich von gestern friedlich
gestimmt. Vielleicht war er an diesem schönen, trockenen Morgen Pilze suchen gegangen.
Erleichtert kehrte ich zurück.
    Bis zum
Mittag wartete ich auf eine Nachricht von Jan, dann rief ich seinen Anwalt an. Seine
Stimme klang gehetzt, aber optimistisch. Er wäre gerade in einer wichtigen Besprechung,
eins könnte er mir aber schon jetzt verraten: Der Fall Jan Linde sähe sehr gut aus.
Getrost könnte ich den Champagner kaltstellen. Er würde mich später anrufen. Bis
dahin sollte ich mich gedulden oder meinen eigenen Angelegenheiten in aller Ruhe
nachgehen. Sein Vorschlag erinnerte mich sofort an Herrn Pech. Da Kurt zum Frühstück
nicht heruntergekommen war, suchte ich ihn in seinem Zimmer auf und erzählte ihm,
dass ich gestern Abend seinen Rat dringend gebraucht hätte. Müde und blass sah er
mich an und fragte nicht warum.
    »Fehlt dir
etwas, Kurt?«
    »Nein.«
    »Also kann
ich dich alleine lassen, ich will jetzt wegfahren.«
    »Wieso willst
du weg?«, fragte er missmutig.
    »Ich möchte
die Herrschaften Robotka besuchen und wegen der geplatzten Hochzeit befragen.«
    »Ach, das
auch noch.«
    »Was ist
los? Schlechte Nacht gehabt? Mücken im Zimmer?«
    »Nein, mir
geht’s gut. Ich bin springlebendig und gut gelaunt. Wohin soll’s denn gehen?«
    »Das habe
ich dir soeben erzählt.«
    Kurt demonstrierte
noch mal seine gute Laune, indem er unkoordinierte Bewegungen mit Armen und Beinen
machte und verzweifelt lächelte.
    »Geht’s
dir wirklich gut?«, fragte ich besorgt.
    »Prima,
bis auf die Tatsache, dass Alix mich nicht mehr treffen will.«
    »Ui, vorbei
der Traum vom Kamasutra im Riesengebirge.«
    »Meine Bekanntschaft
mit Alix war nicht von der Art, wie du vermutest, Valeska.«
    »Sondern?«
    »Es war
ein qualitativer Austausch zweier Menschen auf einer sehr kultivierten Ebene.«
    »Verstehe.
Zu wenig Sex also. Oder gar keiner?«
    »Das spielt
doch keine Rolle mehr. Es ist aus zwischen uns. Endgültig.«
    Oho, ich
spürte, dass mich die Nachricht freute. Schnell unterdrückte ich das unverständliche
Gefühl und machte ein entsprechend tragisches Gesicht. »Wieso?«
    »Warum grinst
du denn so schadenfroh? Ich habe wirklich keine Ahnung, wieso.« Kurt breitete ratlos
die Hände aus. »Alix hat sich lange darüber aufgeregt, dass ich unter Vorspiegelung
falscher Tatsachen ihre Gefühle verwirrt hätte, dabei sei ich keine geeignete Partie
für sie. Mein Wohnort gefällt ihr anscheinend auch nicht. Sie hat gesagt: ›Kurt
von Schöneberg, dass ich nicht lache.‹ Ich war so perplex, dass ich kein Wort hervorbrachte.
Sie stieg ins Auto und fuhr weg. Verstehst du das, Valeska? Was habe ich falsch
gemacht?«
    »Nichts.
Ich finde dich prima. Ein bürgerlicher Privatdetektiv mit einer wetterfesten Laube
im Grünen, das ist doch einmalig. Egal ob von Schöneberg oder aus Schöneberg.«
    Ungefähr
eine Minute brauchte er, bis er begriff, was ich meinte. Und weitere zehn Minuten,
um zu verschmerzen, dass seine einst betörende Wirkung auf Alix sich einzig und
allein auf dem Wörtchen ›von‹ gründete. Mit tapferem Lächeln betonte er, dass er
es nicht persönlich nehme, das würde ihm am Arsch vorbeigehen. Früher hätte er Monate
gebraucht, um eine solche Kränkung zu verkraften. Jetzt nicht mal eine halbe Stunde.
Seine Therapeutin wäre stolz auf ihn. Jawohl, sehr stolz sogar. Sein Gesicht hatte
wieder einen gesunden Teint. Er knöpfte alle Taschen seines Tropenanzugs ordentlich
zu. »Und du findest mich ganz passabel, Valeska?«
    »Ja, aber
wir können das Gespräch später vertiefen.

Weitere Kostenlose Bücher