Vom Regen in die Traufe
sste. Mal sehen, ob dann nicht all die Herren endlich erwachen, das ungeheure Arbeitslosenproblem in seinem Ausma ß erkennen und aus Angst um ihr Leben etwas dagegen unternehmen w ü rden.
Ü ber die Ressourcen des Gegners wusste Hermanni gut B e scheid. Den Landstreitkr ä ften der finnischen Armee standen, wenn man die Reserve mitz ä hlte, 460000 Mann zur Verf ü gung. Es gab zwei operative Panzerbrigaden, in beiden 5700 Mann, zehn J ä gerbrigaden mit einer St ä rke von 5300 Mann, ferner vierzehn Infanteriebrigaden mit Reservisten (6600) sowie eine K ü stenbrigade. Die Marine verf ü gte in Kriegszeiten ü ber 12000 Mann (zwei Flotten), die Luftwaffe ü ber 30000 Mann, hinzu kam der Grenzschutz mit 24000 J ä gern. Die Ausr ü stung der Panzerbrigaden war stattlich: Beide verf ü gten ü ber 65 Kamp f panzer, 60 Sturmpanzer und 100 Transpor t panzer sowie 25 Haubitzen. Die J ä gerbrigaden wiederum besa ß en laut Herma n nis Informationen 200 bis 250 Transportpanzer oder Halbke t tenfahrzeuge.
Die Infanteriebrigaden verf ü gten ü ber zwei Kanonenbatt e rien, insgesamt 36 Feldbatterien und ebenso viele schwere Granatwerfer, 18 Flugabwehrkanonen, 150 Flugabwehrmasch i nengewehre und etwa 3500 Panzerabwehrwaffen, Bazo o kas und Raketen. An Fahrzeugen besa ß jede Brigade fast 1000 St ü ck.
Diese Armee war allerdings aufgestellt und ausgebildet wo r den, um den Angriff einer fremden Macht abzuwehren, und nicht, um Guerilla-Aktivit ä ten im eigenen Land zu erst i cken. Bei der finnischen Milit ä rausbildung war man in den letzten Jahren von der traditionellen Methode abgekommen, die Vo r teile des waldigen Gel ä ndes auszunutzen – die Gener ä le wollten » aus dem Wald heraustreten « . Die finnische Armee war stark, aber ihre schwere Ausr ü stung w ü rde sie daran hindern, ihre ganze St ä rke im Ö dwald auszuspielen.
» Man muss au ß erdem bedenken, dass es in der Armee ebe n falls Arbeitslose gibt. Vor allem das Stammpersonal, Offiziere und Unteroffiziere, haben die von der Krise veru r sachten schweren finanziellen Einschnitte zu sp ü ren beko m men. Und ein gro ß er Teil der Reservisten sind Langzeitarbeit s lose, also potenzielle Guerillak ä mpfer. Die aufr ü hrerischen Aktivit ä ten k ö nnen somit leicht zu einer Aush ö hlung der Streitkr ä fte f ü hren. « So konnte man trotz der gewaltigen milit ä rischen Ü bermacht nicht von vornherein sicher sein, wie ein Guerill a krieg schlie ß lich ausgehen w ü rde.
Hermanni beendete seinen Vortrag mit der Bemerkung, dass die Kunde vom drohenden Volksaufstand ein furchtbarer Schock f ü r die Leute w ä re, vor allem, wenn erst mal die M e dien das Thema aufgreifen und das Fernsehen auf allen Kan ä len entsprechende Schreckensszenarien entwerfen w ü rde. Und wenn das immer noch nicht reichen sollte, die hohen Herren zur Vernunft zu bringen, dann m ü sste man die Revolte lostr e ten. Die detaillierten Pl ä ne l ä gen bereit. Die Guerilla-Armee aus der Arbeitslosenkartei w ü rde auf ihren Kampfbefehl warten.
Ragnar Lundmark, ganz Oberst und Gentleman, erhob sich von seinem Campingstuhl und trat zu Hermanni Heiskari, um dem Unteroffizier mit Handschlag zu danken. Lena ä u ß erte, dass sie schon lange nicht mehr solche Kriegsbegeisterung erlebt habe, dass sie als Generalstochter den beiden Vortr ä gen des Seminars jedoch interessiert gelauscht habe und sogar zu der Ü berzeugung gelangt sei, dass in dem Projekt ein gewisses Ma ß an gesundem Menschenverstand stecke. Sorge bereite ihr allerdings, dass man ihr, der reichen Erbin und Gro ß kapitali s tin, hier quasi das Grab schaufelte, im schlimmsten Falle sogar ein Massengrab, in dem auch s ä mtliche anderen Reichen in Finnland verscharrt werden w ü rden. Im Stillen dachte sie bei diesen Worten, dass sie nicht zu vehement f ü r das Projekt eintreten d ü rfte, die M ä nner k ö nnten misstrauisch werden und ihre wahren Motive erahnen.
Ü ber Hermannis Gesicht huschte ein schiefes L ä cheln – L e na Lundmark hatte recht. Falls die Revolte eines Tages wir k lich losbrechen w ü rde, h ä tten die Reichen in der Tat nichts zu lachen. Ragnar hingegen meinte, dass die Nichte unbesorgt sein k ö nne. Sie werde zum inneren Kreis des Volksaufstandes geh ö ren, vorausgesetzt, dass sie ihn finanziell unterst ü tze.
» Zwar hei ß t es immer, dass die Revolution ü ber kurz oder lang ihre Kinder frisst, doch in diesem Falle wird es kaum dazu kommen. Nicht mal Lenin hat seine Frau
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