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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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schenke nach Riutula gebracht hatten. Mehrere Tonnen M i ckym ä use und Teddyb ä ren, um Lapplands Kinder zu begl ü cken, jedes Jahr.
    Das Paar lag in sch ö nstem Einvernehmen in den Daunenki s sen. Die beiden blieben lange wach und lauschten dem Rieseln des Junttijoki jenseits der B ö schung. Die Sonne ve r steckte sich hinter dem Rastigaissa, und die Sommernacht f ü llte sich mit nebliger D ä mmerung. Hermanni Heiskari gestand sich ein, dass diese Verlobung mit einer faktisch wildfremden Witwe einfach so passiert und dass er sich ü be r haupt nicht sicher war, wohin das alles f ü hren w ü rde, eine Situation, wie sie die fliegenden Gesellen oft erlebten.
    Lena Lundmark sp ü rte die Unruhe des Mannes, die ihr i r gendwie gefiel. Sie erz ä hlte von ihrer Kindheit in Å land, ihrem Elternhaus in Lumparland. Es war ein gro ß es Haus, eigentlich schon mehr ein Herrenhaus gewesen. Lenas Vorfahren waren Seeleute und Fischer gewesen. Im vergangenen Jahrhundert hatten sie eine Segelflotte mitbegr ü ndet, und daraus stammte Lenas Verm ö gen. Aber ihr Vater war kein Seemann, sondern eigentlich Abenteurer, Kaufmann und Soldat gewesen. Nur die sparsame Haushaltsf ü hrung der Mutter hatte die Familie vor dem Konkurs bewahrt. In seiner milit ä rischen Laufbahn war der Vater bis zum Generalmajor aufgestiegen. W ä hrend des Krieges hatte er als Major in der finnischen Armee gedient und an der Front von Hanko gek ä mpft. Er war Experte f ü r Ballistik gewesen. Als B ü rger von Å land h ä tte er nicht die milit ä rische Laufbahn w ä hlen k ö nnen, denn die Insel war durch internati o nale Vertr ä ge demilitarisiert, und so hatte die Familie jahr e lang in Tammisaari gewohnt. Zu Hause war es mehrsprachig zug e gangen, die Mutter hatte Schwedisch gesprochen, der Vater haupts ä chlich Finnisch und Franz ö sisch. Er war ein rechter Filou gewesen, mit einem ü berm äß igen Interesse an Frauen. Sp ä ter war er Milit ä rattach é in Paris geworden und dort an einem Gallenanfall gestorben, als Lena noch klein war.
    Das alte Haus der Lundmarks in Lumparland war noch e r halten, heute beherbergte es eine Kunstgewerbeschule und ein kleines Caf é . Lena erinnerte sich noch gut an die grasbewachs e nen Wege und die Bootsh ä user und Stege mit Blick auf den offenen Lumparsund. Zu Mittsommer hatte man unter einem gewaltig hohen, geschm ü ckten Maibaum Reden gehalten, gesungen und gespielt. Das B ü ro der lundmarkschen Reederei und auch der Spedition befand sich heute in Maarianhamina, aber Lena besa ß auch in Helsinki eine Wohnung und G e sch ä ftsr ä ume.
    Kurz vor Mitternacht rief Ragnar vom Hotel aus per Handy im Zelt an, erkundigte sich nach dem Ergehen der beiden und w ü nschte eine gute Nacht.
    » Fl ö tet der H ä her mit dem gr ü nen Arsch immer noch dort herum? « , fragte er mit etwas schwerer Zunge. Aus der f ü r ihn ungew ö hnlich groben Ausdrucksweise zu schlie ß en, hockte er an der Bar und f ü hlte sich einsam.
    Der Barmann schnappte die an sich unbedeutende Frage auf und wollte sofort N ä heres wissen. Der Vogel war n ä mlich ä u ß erst selten.
    Am Junttijoki setzten die Brautleute ihre Unterhaltung ü ber Lenas Kindheit fort. Irgendwo drau ß en am Teno schrie ein Wasservogel mit melancholischer Stimme, vielleicht ein Zwer g s ä ger. Vom Fluss stieg blaugrauer Nebel auf. Lena kuschelte sich dicht an Hermanni und fl ü sterte, dass sie als Kind manc h mal auf dem Dachboden des Bootsschuppens ü bernachten durfte. Ohne Nanny, man stelle sich vor! Jetzt war die Sti m mung ganz ä hnlich. Lena wusste heute noch, wie ihr am Mo r gen die Zehen gefroren hatten, wenn sie, das schlaftrunkene kleine M ä dchen, ins gro ß e Haus hinaufgetrabt war, um am Fr ü hst ü ck im Speisesaal teilzunehmen. Sonntags hatte es dort immer ein » Branntweinb ü fett « gegeben, mit vielen verschied e nen kalten Fischgerichten, mit Aufschnitt, Kaffee und Tee und Schnaps f ü r die Erwachsenen.
    Hermanni lauschte gern ihrem Bericht, ä u ß erte von Zeit zu Zeit ein interessiertes » Hm « . Ihm entschl ü pfte die Bemerkung, dass Å land anscheinend ein ebenso abgelegener Erdenwinkel wie Lappland war. Lena hob die Stimme und erteilte ihm eine Lektion in politischer Geografie. Å land war im Grunde g e nommen der Nabel des Nordens, besiedelt schon seit pr ä hist o rischen Zeiten. W ä hrend der Zeit, da Schweden eine Gro ß macht gewesen war, war es das Zentrum der Ostseeregion gewesen, umringt von

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