Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
mich belagerten.
Das Telefon summte erneut. Ganz schon hartnäckig, was? Ich blickte auf das Display, und der Hotdog beschloss unvermittelt, sich nicht mehr mit meinem Magen zu vertragen. CASEY leuchtete es mir in großen Lettern entgegen. Verdammt. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was ich ihr sagen sollte.
Falin war nicht entgangen, dass mein Gesichtsausdruck gewechselt hatte, und er sah ein bisschen zu interessiert aus.
Ich schenkte ihm ein falsches Lächeln. » Ein sehr privater Anruf, Detective. Wenn Sie jetzt…« Ich zeigte auf die Tür.
Wieder presste er die Lippen aufeinander, doch dann verabschiedete er sich. Ich verschloss die Tür hinter ihm, erst dann klappte ich das Handy auf.
» Casey«, sagte ich und hielt das Telefon ein Stück von meinem Ohr weg. Ich ahnte, dass sie ziemlich laut werden würde.
Und sie enttäuschte mich nicht. » Alexis, was soll das Ganze? Anscheinend hast du es nicht für nötig gehalten, mich zu informieren, aber ich habe das Video in den Nachrichten gesehen und…«
Ich ließ sie nicht ausreden. » Ich finde, das sollten wir nicht am Telefon besprechen.«
7. Kapitel
M eine altersschwache Kiste keuchte, spuckte und ging dann, direkt vor dem schmiedeeisernen Tor, ganz aus. Ich machte mir nicht die Mühe, den Motor wieder anzulassen, sondern lehnte mich aus dem Fenster und streckte mich, damit ich mit der rechten Hand den Knopf der Sprechanlage betätigen konnte.
Ich wartete, trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, während ich auf das Tor starrte. Seit dem Sommer, in dem ich achtzehn wurde, hatte ich keinen Fuß mehr auf dieses Grundstück gesetzt. Im selben Jahr hatte sich mein Vater der Humans-First-Partei angeschlossen. Nun würde meine alte Karre hoffentlich den Wert seines Grundstücks senken!
Die Sprechanlage quäkte, statisches Rauschen war zu hören, und eine unfreundliche Stimme fuhr mich an: » Nennen Sie Ihren Namen und den Grund Ihres Besuchs!«
Netter Mensch– genau so, wie mein Vater seine Wachleute liebte.
» Hallo, wie geht es Ihnen?« Ich lächelte den Monitor an.
Der Wachmann antwortete nicht.
» Wirklich unglaublich, diese Hitze, nicht? Ich habe eine Verabredung mit Casey Caine.«
Die Anlage quäkte erneut. » Name?«
» Alex Craft.«
Das statische Rauschen brach ab, ein scharfes Summen kündigte an, dass das Tor geöffnet wurde. Immerhin hatte Casey mich beim Wachdienst angekündigt.
Ich startete den Wagen und fuhr langsam die von Magnolien gesäumte Einfahrt hinauf. Hinter einer Kurve kam das Haus in Sicht. Besser gesagt: das Herrenhaus. Schließlich gab es in normalen Häusern keine Ballsäle.
Ich parkte in dem Rondell vor dem Haupteingang und wollte die Fahrertür öffnen, doch sie klemmte. Wieder einmal. Das musste ich wirklich mal reparieren lassen– dann, wenn ich wieder regelmäßig etwas zu essen hatte. Ich warf mich gegen die Autotür, und endlich schwang sie auf.
Der Butler begrüßte mich, ein ergrauender Mann mit einer knolligen roten Nase, die sein abendliches Laster verriet. Er trat beiseite, deutete in bester Butler-Manier an, dass ich eintreten möge, und wollte mir die Tür aufhalten, doch dann erstarrte er mitten in der Bewegung.
» Miss Alexis?«
» Wie geht es Ihnen, Rodger? Ist es Vater inzwischen gelungen, Sie in den Wahnsinn zu treiben?«
Er lächelte, und der Geruch nach gegärtem Obst wehte mich an. Offensichtlich beschränkte Rodger sein Laster nicht länger auf die Feierabendstunden.
» Mr. Caine hat sich nicht verändert. Ein sehr beschäftigter Mann. Er verbringt den Abend im Gouverneurssitz.«
Man muss dem Himmel auch für kleine Gefallen dankbar sein.
Schritte waren zu hören.
» Alexis?«
Rodger straffte sich, als er die weibliche Stimme hörte, und ließ mich eintreten.
Meine Schwester und ich hätten nicht unterschiedlicher sein können. Casey, vier Jahre jünger als ich, war klein und kurvenreich, während ich groß und dünn war. Normalerweise strahlte sie und war ganz kultivierter Charme, doch heute hing ihr das blonde Haar schlaff ums Gesicht, die blauen Augen waren rot geweint und verquollen. Dennoch sah sie in dem schwarzen Seidentop, der schwarzen Caprihose und den Gucci-Sandalen aus, als wäre sie geradewegs den Seiten eines Hochglanzmagazins entsprungen, auf denen Trauermode der Luxusklasse vorgestellt wurde.
Und obwohl man ihr ansah, dass sie geweint hatte, bewahrte sie Haltung. Eine Hand auf dem Treppengeländer, die andere auf die Hüfte gelegt sagte sie: » Rodger, würden
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