Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
trugen mich. Mein ganzer Körper war angespannt und schmerzte, als hätte ich ein anstrengendes Workout hinter mir. Schwerfällig bewegte ich mich. Ich sehnte mich nach einer heißen Dusche, doch damit musste ich wohl warten.
Ich hielt mich nur kurz im Badezimmer auf. Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen, den Mund ausgespült und meine widerspenstigen Locken in einen Pferdeschwanz gezwungen hatte, ging ich in die Küche.
Falin stand vor dem Herd. Er blickte auf, als ich hereingeschlendert kam. » Morgen. Wie fühlen Sie sich?«
» Prima. Ich…« Meine Worte erstarben. Falin hatte geduscht, sein langes Haar fiel ihm offen über die Schultern. Wasser war aus den hellen Strähnen auf sein Hemd getropft, das offen stand und mir einen ungehinderten Blick auf seine muskulöse Brust bot. Ich wusste nicht, ob seine Haut wirklich so weich war, wie sie erschien, oder ob sie ein feiner blonder Flaum bedeckte, doch ich konnte mir vorstellen, wie meine Hand von seiner Brust zu seinen Bauchmuskeln glitt, um es herauszufinden.
Falin schaute mich an. » Können Sie jetzt wieder sehen?«
O ja. Ich konnte sehen. Und wie ich sehen konnte! Ich nickte und zwang mich, meinen Blick abzuwenden und rasch zur Kaffeemaschine zu gehen, bevor ihm die tiefe Röte auffiel, die mir in die Wangen gestiegen war. Und prompt hatte ich ein neues Problem: Ich hatte keine Ahnung, wo die Kaffeetassen waren.
» Im Schrank über Ihnen«, sagte Falin, bevor ich fragen konnte. » Wie mögen Sie die Frühstückseier?«
Ich schenkte mir Kaffee ein. » Hören Sie, es war wirklich nett von Ihnen, dass Sie sich letzte Nacht um mich gekümmert haben.« Und mich nicht festzunehmen. » Aber ich denke, das Ganze ist inzwischen schon mehr als peinlich für uns beide. Sagen Sie mir einfach, wo die nächste Bushaltestelle ist, und ich bin fort.« Ich hatte etliche Nachforschungen anzustellen, und PC lief sicherlich schon nervös auf und ab, wartete ungeduldig auf sein Fressen und darauf, ausgeführt zu werden.
» Es ist nur ein Frühstück. Essen Sie was. Danach bringe ich Sie nach Hause, bevor ich zum Dezernat fahre.«
Es roch wirklich ausnehmend gut. Außerdem konnte ich Essen eh nicht widerstehen. Und mit vollem Magen würde ich mich bestimmt besser auf meine Nachforschungen über Coleman konzentrieren können. Unwillkürlich rieb ich über die Kratzer. Wenn ich nachher geduscht und umgezogen wäre, hatte ich erst mal einen Besuch zu machen. Ich wusste nicht, wie viel Zeit mir noch blieb. Deshalb wollte ich jemanden noch einmal sehen. Nur so. Für alle Fälle.
Ich lächelte Falin über den Rand meiner Tasse hinweg an. » Okay– dann also Frühstück.«
14. Kapitel
A nderthalb Stunden später, geduscht und in frischen Kleidern, saß ich auf der Intensivstation.
» Ich könnte deinen Rat echt gut gebrauchen«, flüsterte ich John zu.
John, wächsern bleich, gab mir keine Antwort. Was ich auch gar nicht erwartet hatte. Seit Dienstag lag er im Koma. Heute war Freitag. Ich saß auf dem unbequemen Klappstuhl neben seinem Bett, hielt seine Hand, doch ich hätte es genauso gut sein lassen können. Er hatte eh keine Ahnung, dass ich bei ihm war.
Ich stand auf und legte seine Hand wieder neben ihn. » Du wirst aufwachen«, versicherte ich ihm, doch ich hörte selbst die Unsicherheit in meiner Stimme.
Ich wandte mich zum Gehen und wäre fast gegen den Tod geprallt.
Ich keuchte auf, trat einen Schritt zurück. Nicht dass es helfen würde, sich außer Reichweite zu bringen, wenn er vorhatte, eine Seele einzusammeln.
» Bist du meinetwegen hier oder…« Mein Blick glitt zu John.
Der Tod schüttelte den Kopf. » Ich bin deinetwegen hier.«
Meinetwegen. Wegen meiner Seele? Meine Hand glitt zu den Kratzern auf meiner Schulter. Ich hätte nicht gedacht, dass der Zauber sich bereits so stark ausgebreitet hatte.
Der Tod schüttelte erneut den Kopf, und ein kleines, trauriges Lächeln spielte um seine Lippen. Er streckte seine Hand nach mir aus, als wolle er mein Gesicht berühren, doch dann ließ er sie sinken. » Ich bin nur als moralische Unterstützung gekommen. Ich weiß doch, wie schwer das für dich ist.«
Er trat einen Schritt beiseite und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Mir fiel ein, dass ich wieder atmen musste. Und so stieß ich den Atem hörbar erleichtert aus. Der Tod zuckte zusammen. Er blickte John an.
Ich wollte nicht länger bleiben. Ich wollte nicht mehr auf Johns ausdrucksloses Gesicht schauen. Aber ich mochte ihn auch nicht allein
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