Vom Umtausch ausgeschlossen
Liebchen? Spricht sie Englisch? Speke Inglese?«
»Ich finde, sie sieht wie eine Dänin aus«, mischt sich die dritte Frau kenntnisreich ein. »Spricht hier jemand Dänisch?«
» Ich bin Engländerin«, sage ich. » Und ich habe mich nicht verlaufen. Ich war so durcheinander, weil... Ich schlucke. »Weil meine Ehe kurz vor dem Ende steht. Und da bin ich hergekommen, um meine Schwester zu bitten, mir zu helfen, aber das will sie nicht.«
»Ihre Schwester?«, fragt die Frau mit dem Kopftuch misstrauisch nach. »Wer ist denn Ihre Schwester?«
»Sie wohnt hier.« Ich trinke einen Schluck Tee. »Sie heißt Jessica Bertram.«
Es herrscht verblüfftes Schweigen. Die Frauen sehen aus, als hätte ich ihnen mit einem Hammer eins übergezogen. Verwirrt sehe ich mich um. Jims Unterkiefer ist etwa einen halben Meter runtergeklappt.
»Sie sind Jess Schwester?«, sagt er.
»Ah... ja. Also, ihre Halbschwester.«
Ich sehe mich wieder um. Keine der Frauen hat sich auch nur einen Millimeter von der Stelle gerührt. Sie glotzen mich an wie eine Außerirdische.
»Ich weiß, wir sehen uns nicht gerade ähnlich...«, hebe ich zu einer Erklärung an.
»Jess hat gesagt, Sie wären verrückt«, spuckt Kelly unverblümt aus.
»Kelly!«, sagt Jim.
»Was?« Ich sehe von einem Gesicht ins nächste. »Sie hat was gesagt?«
»Nichts!«, sagt Jim und wirft Kelly einen warnenden Blick zu.
»Wir wussten doch alle, dass sie ihre unbekannte Schwester treffen würde.« Kelly ignoriert ihren Vater. »Und als sie zurückkam, sagte sie, Sie seien verrückt. Tut mir Leid, Dad, aber das ist die Wahrheit!«
Ich spüre, wie meine Wangen feuerrot werden.
»Ich bin nicht verrückt! Ich bin normal! Ich bin nur... etwas anders als Jess. Wir haben nicht die gleichen Interessen. Sie mag Steine. Ich mag... Geschäfte.«
Jetzt sehen mich alle äußerst neugierig an.
»Sie interessieren sich also nicht für Steine?«, fragt die Frau mit dem grünen Kopftuch nach.
»Eigentlich nicht«, räume ich ein. »Genau genommen... war das einer der Streitpunkte zwischen uns.«
»Was ist denn passiert?«, fragt Kelly gespannt.
»Na ja...« Ich scharre etwas verlegen mit dem Fuß über den Boden. »Ich habe Jess gesagt, dass Steine ja wohl das langweiligste Hobby der Welt wären und dass es prima zu ihr passen würde.«
Mein Publikum keucht entsetzt.
»Über Jess‘ Steine sollte man keine Witze machen.« Die Frau in dem Regenmantel schüttelt den Kopf. »Sie liebt Steine einfach über alles.«
»Jess ist ein gutes Mädchen«, meldet sich die Grauhaarige zu Wort und sieht mich dabei streng an. »Stark. Zuverlässig. Sie wäre bestimmt eine tolle Schwester.«
»Es gibt wohl kaum eine bessere«, stimmt die Frau mit dem Kopftuch nickend zu.
Ich fühle mich unter ihren Blicken in die Enge getrieben.
»Aber es ist doch nicht meine Schuld! Ich möchte mich ja mit ihr versöhnen! Aber sie will nicht meine Schwester sein! Ich weiß auch nicht, wieso das so schiefgelaufen ist. Ich wollte sie so gern zur Freundin haben. Ich wollte ein ganzes Wochenende mit ihr verbringen, und sie fand alles, was ich vorschlug, nur doof. Na, und dann haben wir uns ziemlich heftig gestritten... und ich habe ihr alles Mögliche an den Kopf geworfen ...«
»Was denn zum Beispiel?«, fragt Kelly gespannt. » Na ja...« Ich reibe mir die Nase. »Ich habe sie eine Spaßbremse genannt. Und ich habe gesagt, dass sie langweilig ist! «
Wieder schnappen die anderen kollektiv nach Luft. Kelly sieht vollkommen schockiert aus und hebt die Hand, als wolle sie mich zum Schweigen bringen. Aber ich will nicht schweigen. Das hier hat etwas Kathartisches an sich. Jetzt, wo ich angefangen habe, möchte ich alles beichten!
»...und der größte Geizknochen, der mir je untergekommen ist«, erzähle ich weiter, angestachelt von ihren bestürzten Gesichtern. »Mit null Sinn für geschmackvolle Kleidung, und dass sie ihr wohl das Spaß-Gen herausoperiert haben...«
Ich halte inne, doch dieses Mal atmet niemand scharf ein. Mir kommt es eher so vor, als wären alle wie zur Salzsäule erstarrt.
Dann erst bemerke ich das Gebimmel. Ein Gebimmel, das - jetzt, wo ich drüber nachdenke - schon seit einigen Sekunden anhält. Im Zeitlupentempo drehe ich mich um.
Und mir wird eiskalt.
Jess steht in der Ladentür und sieht ziemlich blass aus.
»Jess!«, stottere ich. »Oh Gott, Jess! Ich habe nicht... Das war nicht so gemeint! Ich habe ihnen doch bloß erklärt...«
»Ich habe gehört, dass du hier bist«,
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