Vom Umtausch ausgeschlossen
alleine, ja?«, fragt Jim und stellt meine Koffer ab.
»Ja, natürlich. Vielen Dank!« Ich bin ihm so dankbar, dass ich ihm am liebsten einen Kuss geben würde. Das traue ich mich dann aber doch nicht - also sehe ich ihm einfach nur nach, als er weggeht.
»Wenn ich bitten darf?«, wiederholt Edie bedeutungsschwanger.
»Ach!«, sage ich, als mir klar wird, dass sie jetzt gerne Geld sehen möchte. »Ja, natürlich!«
Ich wühle in meiner Tasche nach dem Portemonnaie und entdecke dabei mein Handy. Der Macht der Gewohnheit folgend, hole ich es heraus und werfe einen Blick auf das Display. Immer noch kein Empfang.
»Im Eingangsbereich gibt es ein Münztelefon, falls Sie jemanden anrufen möchten«, erläutert Edie. »Wir haben sogar eine richtige Zelle, damit Sie ungestört telefonieren können. Möchte ich jemanden anrufen?
Unglücklich denke ich an Luke auf Zypern - wahrscheinlich ist er immer noch sauer auf mich. Mum und Dad gehen vollkommen in einem ihrer Therapie-Workshops auf der Kreuzfahrt auf. Suze macht zusammen mit Lulu und allen in Latzhosen steckenden Kindern ein Picknick auf einer pittoresken, sonnigen Wiese.
»Nein. Danke.« Ich bemühe mich zu lächeln. »Es gibt niemanden, den ich anrufen könnte. Offen gestanden... hat wahrscheinlich noch nicht einmal jemand bemerkt, dass ich überhaupt weg bin.«
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05.06.04-16:54
An: Becky
Von: Suze
Bex. Tut mir Leid, dass ich dich nicht mehr angerufen habe. Warum gehst du nicht ans Telefon? Das Picknick war der totale Reinfall, wir sind alle von Wespen gestochen worden. Komme nach London, um dich zu sehen. Ruf mich an.
Suze
06.06.04-11:02
An: Becky
Von: Suze
Bex. Wo bist du????????????????????????????
Suze
18
Ich schlafe gar nicht gut.
Genau genommen schlafe ich, glaube ich, gar nicht. Mir ist, als hätte ich die ganze Nacht an die Zimmerdecke in Edies Bed-&-Breakfast-Pension gestarrt, während sich meine Gedanken unaufhaltsam im Kreis drehten.
Aber ein bisschen muss ich doch geschlafen haben, weil mir am nächsten Morgen nämlich ein ekelhafter Traum im Kopf herumspukt, in dem ich plötzlich Alicia Biest-Langbein war. Ich hatte ein rosa Kostüm an und lachte so widerlich spöttisch, während Jess ganz blass und fertig daneben stand. Jetzt, wo ich drüber nachdenke, fällt mir auf, dass Jess irgendwie ein bisschen wie ich selbst aussah.
Allein beim Gedanken daran wird mir übel. Ich muss etwas unternehmen.
Ich habe zwar keinen Hunger, aber Edie hat ein komplettes englisches Frühstück vorbereitet und lässt sich gar nicht davon beeindrucken, dass ich sage, ich äße normalerweise nur eine Scheibe Toast. Also esse ich eine Spatzenportion Spiegelei mit gebratenem Speck und gebe vor, ich würde mich an der Blutwurst gütlich tun. Dann trinke ich einen letzten Schluck Kaffee und mache mich auf den Weg zu Jess.
Auf dem Weg den Hügel hinauf blendet mich die Morgensonne, und ein frischer Wind zerzaust mir die Haare. Der Tag ist wie gemacht für eine Versöhnung.
Ich erreiche die Haustür, klingele und warte mit aufgeregt klopfendem Herzen.
Nichts und niemand rührt sich.
Langsam geht es mir echt auf den Senkel, dass die Menschen, mit denen ich hochemotionale Wiedervereinigungen zelebrieren möchte, nie da sind, wenn‘s losgehen soll. Ich schiele zum Fenster hinauf und überlege, ob Jess sich vielleicht bloß versteckt. Ich könnte ja ein paar Steinchen gegen das Fenster werfen.
Und wenn ich dabei eins kaputtmache? Dann hasst sie mich auf immer und ewig.
Ich klingele noch ein paarmal und gehe dann zurück zum Törchen. Dann warte ich eben. Habe ja ohnehin nichts anderes zu tun. Ich setze mich auf die Mauer vor dem Haus und mache es mir gemütlich. Sehr gut. Ich warte hier, und wenn sie nach Hause kommt, springe ich auf und halte ihr eine Rede darüber, wie Leid mir alles tut.
Die Mauer ist doch nicht ganz so bequem, wie ich erst dachte. Ich verändere mehrfach meine Sitzposition. Ich sehe auf die Uhr, überprüfe, ob sie überhaupt noch tickt, und beobachte dann eine ältere Dame, die mit ihrem kleinen Hund ganz gemächlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite Gassi geht.
Dann sehe ich wieder auf die Uhr. Ganze fünf Minuten sind vergangen.
Mann, ist das langweilig.
Wie machen Stalker das bloß? Die müssen sich doch zu Tode langweilen!
Ich stehe auf, um die Beine zu strecken, und schlendere zurück zur Haustür. Ich klinge noch einmal, nur, um ganz sicher zu sein, und schlendere dann wieder zur Mauer. In
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