Vom Umtausch ausgeschlossen
dem Moment sehe ich einen Polizeibeamten die Straße entlang auf mich zu kommen. Was macht der denn hier draußen auf der Straße? Ich dachte, die Polizeibeamten ertrinken heutzutage alle in Papierarbeit an ihren Schreibtischen oder rasen in Streifenwagen durch die Innenstädte. Mir wird ein bisschen mulmig, als ich bemerke, dass er mich direkt ansieht. Stalking verstößt doch gegen kein Gesetz, oder?
Oh. Na ja, vielleicht verstößt Stalking doch gegen irgendein Gesetz. Aber ich mache das ja erst seit fünf Minuten. Das zählt doch wohl nicht, oder? Und überhaupt, woher will er wissen, dass ich ein Stalker bin? Ich könnte ja auch einfach nur zum Spaß hier sitzen.
»Alles in Ordnung?«, fragt er, als er näher kommt.
»Alles prima, danke!«
Er sieht mich erwartungsvoll an, sagt aber nichts.
»Kann ich Ihnen helfen?«, frage ich höflich.
»Würden Sie bitte aufstehen, Miss? Das hier ist keine öffentliche Parkbank.«
Ich fasse es nicht.
»Wieso sollte ich denn?«, schnauze ich ihn an. »Sehen Sie, da liegt genau das Problem in diesem unserem Land! Sobald man sich nicht hundert Prozent an die Regeln hält, wird man verfolgt! Warum darf man sich denn nicht auf eine Mauer setzen? Warum muss man dafür gleich schikaniert werden?«
»Das ist meine Mauer«, sagt er und zeigt auf die Haustür. »Das ist mein Haus.«
»Oh.« Ich laufe knallrot an und springe von der Mauer, »‘tschuldigung... Ich wollte auch... gerade gehen. Danke! Echt nette Mauer!«
Okay. Das mit dem Stalking vergessen wir. Ich komme später wieder.
Ich spaziere den Hügel hinunter zum Park und finde mich unwillkürlich vor Jims Laden wieder. Als ich ihn betrete, sitzt Kelly mit einer Elle hinter der Kasse, und Jim arrangiert die Apfel in der Obstabteilung.
»Ich war eben bei Jess«, erzähle ich trübsinnig. »Aber sie war nicht da. Ich muss warten, bis sie wiederkommt.«
»Soll ich Ihnen Ihr Horoskop vorlesen?«, fragt Kelly. »Vielleicht steht da ja etwas über Schwestern drin.«
»Jetzt hör mal zu, junge Dame«, tadelt Jim sie. »Du solltest doch eigentlich für deine Prüfungen lernen. Wenn du das nicht tust, kannst du auch wieder in der Teestube kellnern.«
»Nein!«, wehrt Kelly hastig ab. »Ich lerne ja!« Sie sieht zu mir und verzieht das Gesicht. Dann legt sie die Elle weg und vertieft sich in ein Buch mit dem Titel Algebra 7/8. Klasse.
Oh weh. Algebra. Hatte ich ja total vergessen, dass es die gibt. Vielleicht ist es doch ganz gut, nicht mehr dreizehn zu sein.
Ich brauche jetzt Zucker. Ich verschwinde in die Kuchen und Kekseabteilung und hole mir eine Rolle Schokoladen-Vollkornkekse und eine Rolle Orange Clubs. Dann zieht es mich in die Schreibwarenecke. Ich liebe Schreibwaren - davon kann man nie genug haben! Ich entdecke eine Schachtel Reißzwecken in Schafform - die kann man immer mal gebrauchen. Und dann kaufe ich am besten auch gleich den dazu passenden Locher und ein paar Schaf-Mappen.
»Kommen Sie zurecht?«, erkundigt sich Jim mit einem Blick auf meine voll beladenen Arme. »Ja, danke!«
Ich trage die Sachen zur Kasse, und Kelly tippt alles ein. » Möchten Sie eine Tasse Tee? « , fragt sie.
»Ach, nein danke«, lehne ich höflich ab. »Ich möchte nicht stören.«
»Wen sollten Sie denn stören?«, fragt sie. »Hier verirrt sich doch sowieso keiner rein, solange das Brot nicht zum halben Preis zu haben ist. Und außerdem könnten Sie mich Französischvokabeln abhören.«
»Ach so«, freue ich mich. »Klar, wenn ich helfen kann...«
Drei Stunden später bin ich immer noch im Laden. Ich habe drei Tassen Tee getrunken, eine halbe Rolle Schokoladen-Vollkornkekse und einen Apfel gegessen sowie noch ein paar Mitbringsel zusammengetragen, wie zum Beispiel eine Reihe Keramikfigürchen und ein paar Platzdeckchen, die man schließlich auch immer mal gebrauchen kann.
Und ich habe Kelly geholfen. Allerdings sind wir jetzt nach Algebra und Französischvokabeln irgendwie bei dem Thema gelandet, was Kelly zur Schuldisco anziehen soll. Jede einzelne, im Laden vorhandene Zeitschrift liegt offen vor uns, und ich habe Kellys Augen geschminkt - rechts und links unterschiedlich, damit sie sieht, was man so alles machen kann. Die eine Seite ist total dramatisch geworden, mit falschen Wimpern und rauchgrauem Lidschatten. Die andere Seite ist mehr auf Sechziger getrimmt, in Silber und mit weißer Wimperntusche.
»Pass bloß auf, dass deine Mutter dich nicht so sieht«, ist Jims einziger Kommentar dazu.
»Ach, wenn ich doch
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