Vom Umtausch ausgeschlossen
Sorgen!
Suze
19
Okay. Das hier ist die Chance, bei Jess Eindruck zu machen. Die Chance, ihr zu zeigen, dass ich nicht oberflächlich und verwöhnt bin. Diese Chance darf ich auf keinen Fall vermasseln.
Als Allererstes gilt es daher, das richtige Outfit zu finden. Ich habe alle meine Klamotten auf dem Bett in der Pension ausgebreitet und betrachte sie nachdenklich. Was ist denn bloß das perfekte Outfit für das Treffen der örtlichen Umweltschutz-Protestgruppe? Die Lederhose wohl eher nicht... und auch nicht das Glitzertop... Da entdecke ich meine Combathose und ziehe sie aus dem Stapel.
Hervorragend. Die ist zwar rosa, aber was soll‘s. Und dazu... genau! Dazu werde ich ein T-Shirt mit einem Slogan drauf anziehen! Genial!
Ich zerre ein T-Shirt mit dem Aufdruck »HOT« vom Bett- das passt richtig gut zu der Hose. Obwohl... so richtig nach Protest und Demo sieht das nicht gerade aus, oder? Ich überlege einen Moment, und dann hole ich einen roten Stift aus der Tasche und schreibe noch »WEG MIT« drüber.
»WEG MIT HOT« ergibt zwar irgendwie nicht so richtig Sinn... aber es ist doch der Gedanke, der zählt, oder?
Ich habe beschlossen, mich zu dieser Gelegenheit nicht zu schminken. Also, abgesehen von ein bisschen Eyeliner, etwas Wimperntusche und transparentem Lipgloss.
Ich ziehe mich an, flechte mir zwei Zöpfe und bewundere mich im Spiegel. Ich sehe ganz schön militant aus!
Um ein Gefühl dafür zu kriegen, wie es ist, gegen etwas zu protestieren, strecke ich die zur Faust geballte Hand in die Luft und schüttele sie heftig.
»Arbeiter aller Länder«, brumme ich mit tiefer Stimme. »Vereinigt euch!«
Wow! Ich glaube, das könnte ich richtig gut. Okay. Los.
Das Protesttreffen findet im Dorfgemeinschaftshaus statt, und als ich dort ankomme, sehe ich überall Plakate hängen mit Sprüchen wie »Finger weg von unserer Landschaft«. Es wimmelt von Menschen, und ich marschiere schnurstracks auf einen Tisch mit Tassen und Keksen zu.
»Tasse Kaffee?«, erkundigt sich freundlich ein älterer Mann in einer Barbourjacke.
»Danke, gerne«, sage ich. »Äh, ich meine, danke, Genosse.« Ich strecke meine Faust in die Höhe. »Lasst uns streiken!«
Der Mann sieht mich etwas verwirrt an, und da geht mir plötzlich auf, dass hier ja gar nicht gestreikt werden soll. Ich kriege das irgendwie durcheinander mit diesem Film, den ich mal gesehen habe.
Aber im Grunde ist das doch alles das Gleiche, meinen Sie nicht? Es geht schließlich um Solidarität und darum, gemeinsam für eine gute Sache zu kämpfen. Ich gehe mit meiner Tasse in der Hand in den Saal und begegne dem Blick eines jungen Kerls mit stacheligen roten Haaren und einer mit Buttons übersäten Jeansjacke.
»Herzlich willkommen!«, sagt er und löst sich aus der Gruppe, in der er eben noch stand, um mir die Hand zu reichen. » Ich bin Robin. Dich habe ich hier ja noch nie gesehen.«
»Ich bin Becky. Und eigentlich bin ich auch nur als Gast hier. Aber Jim hat gesagt, es wäre okay, wenn ich mitkomme ... «
»Ja, natürlich!« Robin schüttelt mir begeistert die Hand. »Hier ist jeder herzlich willkommen! Egal, ob einheimisch oder nicht... Die Probleme sind ja immer die gleichen. Und es ist das Bewusstsein, auf das es ankommt.«
»Ganz genau!« Ich trinke einen Schluck Kaffee, als mir der Stapel Flugblätter auffällt, den er in der Hand hat. »Ich könnte davon welche mit nach London nehmen und da verteilen, wenn du willst. Ein bisschen Reklame machen, sozusagen.«
»Super!« Robin lächelt. »Dein Aktivismus gefällt mir! Davon könnten wir gut noch mehr gebrauchen! Um welche Umweltfragen kümmerst du dich denn genau?«
Ups. Mist. Umweltfragen.
»Om...«Ich trinke einen Schluck Kaffee, um Zeit zu gewinnen. »Ach, alles Mögliche eigentlich! Bäume... und... äh... Igel...«
»Igel?« Robin sieht mich verdutzt an.
Verdammt. Das ist mir nur so rausgerutscht, weil ich gerade dachte, dass seine Frisur irgendwie an einen Igel erinnert.
»Na ja, es werden doch so viele von Autos überfahren«, improvisiere ich. »Das ist in unserer heutigen Gesellschaft eine echte Gefahr.«
»Da hast du bestimmt Recht.« Robin runzelt nachdenklich die Stirn. »Du bist also in einer Aktionsgruppe, die sich um das Elend der Igel kümmert?«
Halt jetzt die Klappe, Becky. Wechsel das Thema.
»Ja«, höre ich mich sagen. »Genau. Die Gruppe heißt... Stachel.«
»Stachel!« Er lächelt. »Toller Name!«
»Ja«, bestätige ich. »Und >Stachel< steht für Schützt...
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