Vom Umtausch ausgeschlossen
überhaupt auf die Idee gebracht hatte, richtig auf Reisen zu gehen. Sie erzählte mir seinerzeit, dass ihre beste Freundin eine bolivianische Bäuerin ist.
»Was ist mit der alten Inkastadt Ollantavtambo?«
»Da haben wir übernachtet!«
Caroline bekommt einen verklärten Blick, was ich so interpretiere, dass ich den Test bestanden habe. Ich bin superstolz. Ich bin ein echter Globetrotter! Dass wir in dem Fünf-Sterne-Hotel übernachtet haben, erwähne ich jetzt besser nicht.
»Ich habe gerade mit dem Pfarrer gesprochen«, wendet Caroline sich an Suze. »Hat irgendwas von warmem Wasser für die Taufe gefaselt. Habe ich ihm direkt wieder ausgeredet! So ein Quatsch! Ein bisschen kaltes Wasser kann diesen beiden Kindern nur gut tun!«
»Mummy!«, jault Suze. »Ich hatte ihn extra um warmes Wasser gebeten! Sie sind doch noch so winzig!«
»Blödsinn!«, donnert Caroline. »Als du so alt warst, hast du schon im See gebadet! Als du ein halbes Jahr alt warst, bin ich mit dir in Botswana durch die Hügel von Tsodilo gewandert. Da gab es auch kein warmes Wasser!«
Suze sieht mich verzweifelt an, und ich schenke ihr ein mitfühlendes Lächeln.
»Ich gehe dann jetzt besser«, sagt Suze. »Wir sehen uns ja später noch, Bex, oder? Du bleibst doch ein paar Tage?«
»Aber gerne!«, freue ich mich.
»Ach, und dann musst du auch unbedingt Lulu kennen lernen!«, sagt sie noch, als sie schon halb zur Tür raus ist.
»Wer ist Lulu?«, rufe ich ihr hinterher, aber sie hört mich nicht mehr.
Na ja. Werde ich schon noch früh genug erfahren. Wahrscheinlich ihr neues Pferd oder so.
Luke hat draußen auf mich gewartet. Genau wie damals zu Suzes und Tarquins Hochzeit, ist auch dieses Mal der Weg vom Haus zur Kirche mit Zeltplanen überdacht. Während wir über die ausgelegten Matten gehen, ereilt mich ein kleiner Anfall von Nostalgie. Genau hier haben Luke und ich seinerzeit zum ersten Mal davon gesprochen zu heiraten. Also, nicht direkt, eher irgendwie um den heißen Brei herumgeredet. Und dann hat Luke um meine Hand angehalten.
Und jetzt sind wir wieder hier. Und sind schon fast ein Jahr verheiratet!
Ich höre Schritte hinter uns, und als ich mich umdrehe, sehe ich Tarquin mit einem der Babys über die Matten eilen.
»Hi, Tarkie!«, sage ich, als er uns erreicht hat. »Welchen von den Zwillingen hast du denn da?«
»Das ist Clementine«, strahlt Tarquin. »Unsere kleine Clemmie.«
Ich sehe mir das Kind etwas genauer an und bemühe mich, mein Erstaunen zu verbergen. Mannomann. Suze hat Recht. Sie sieht wirklich wie ein Junge aus.
»Was für eine Schönheit!«, beeile ich mich zu sagen. »Das schönste Baby der Welt!«
Ich überlege fieberhaft, was ich sagen könnte, das ihre ausgesprochen femininen Qualitäten betonen würde - aber in dem Moment kommt ein ziemlich komisches Geräusch von oben. So eine Art »flopflopflopflopflop«. Es wird lauter. Ich staune, als ich hochgucke und einen riesigen schwarzen Hubschrauber sich nähern sehe. Das heißt... genau genommen landet er. Auf dem Feld hinter dem Haus.
»Hat von deinen Freunden jemand einen Hubschrauber?«, erkundige ich mich geplättet.
»Ahm ... Na ja, nein. Das ist meiner«, erklärt Tarquin verlegen. « Hatte ihn einem Freund geliehen, für eine Spritztour.«
Tarquin besitzt einen Hubschrauber?
Also, man sollte doch meinen, dass ein Mann, dem zigtausend Häuser und ein Hubschrauber gehören, sich auch einen ordentlichen Anzug leisten kann.
Wir erreichen die Kirche, in der es nur so wimmelt von Taufgästen. Luke und ich setzen uns ziemlich weit nach hinten, von wo ich einen guten Blick auf Suzes Verwandtschaft habe. Da ist zum Beispiel Tarquins Vater, er trägt eine auberginefarbene Smokingjacke. Und da ist Tarquins Schwester Fenella. Sie ist ganz in Blau und kreischt aufgeregt eine blonde junge Frau an, die ich nicht kenne.
»Wer ist das, Agnes?«, ertönt da eine ziemlich durchdringende Stimme hinter mir. Ich werfe einen Blick über die Schulter, und da sitzt eine grauhaarige Frau mit einer riesigen Rubinbrosche, die durch eine Lorgnette ebenfalls die Blondine beäugt.
»Das ist doch Fenella«, antwortet die Dame in Grün neben ihr.
»Ich meine nicht Fenella! Ich meine das andere Mädchen, das mit ihr spricht.«
»Ach, Lulu? Das ist Lulu Hetherington.«
Die Überraschungen nehmen kein Ende. Lulu ist kein Pferd. Lulu ist eine junge Frau.
Ich sehe sie mir ein bisschen genauer an. Immerhin sieht sie ein bisschen wie ein Pferd aus. Sie ist sehr dünn und
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