Vom Umtausch ausgeschlossen
Schock. Und darum sind wir auch nicht zu dem Hawaii-Quiz-Abend in der Kirche gekommen«, fügt sie hinzu. »Graham hatte gar keine Migräne.«
»Ich wusste es! « , triumphiert Janice. »Und ich sage noch zu Martin >Bei den Bloomwoods stimmt irgendetwas nicht.< Aber ich hatte natürlich keine Ahnung, dass es sich um Familienzuwachs der etwas ungewöhnlichen Art handelte «
»Na ja«, versucht Mum sie zu beruhigen. »Woher hättest du das auch wissen sollen?«
Janice schweigt erst mal eine Runde, um das alles zu verdauen. Dann wird sie auf einmal ganz starr und legt Mum die Hand auf den Arm.
»Aber seid um Gottes willen vorsichtig, Jane. Hat sie schon irgendwelche Ansprüche auf Grahams Vermögen angemeldet? Hat er sein Testament zu ihren Gunsten verändert?«
Okay. Janice hat ganz eindeutig zu viele Thriller gesehen.
»Janice!« lacht Mum. »Nein! Nichts dergleichen. Wenn du es genau wissen willst, Jess‘ Familie ist...« - Mum senkt die Stimme -»... recht gut situiert. «
»Ach!«, macht Janice.
Mum spricht noch leiser weiter: »Machen ganz groß in Tiefkühlkost - «
»Ach so, verstehe« sagt Janice. »Dann ist sie also nicht ganz allein auf der Welt.«
»Nein, nein«, antwortet Mum jetzt wieder in normaler Lautstärke. »Sie hat einen Stiefvater und zwei Brüder. Oder sogar drei?«
»Aber keine Schwester«, melde ich mich wieder zu Wort. »Wir haben uns also beide all die Jahre mit dieser Lücke in unserem Leben arrangiert. Mit dieser... ungestillten Sehnsucht.«
Alles dreht sich zu mir um und sieht mich an.
»In dir brennt eine ungestillte Sehnsucht, Becky?«, fragt Janice.
»Ja, sicher. Ganz bestimmt.« Nachdenklich nippe ich an meinem Kaffee. »Wenn ich jetzt so zurückblicke, glaube ich, dass ich tief in mir drin immer wusste, dass ich eine Schwester hatte.«
»Wirklich?«, fragt Mum überrascht. »Davon hast du ja nie etwas gesagt.«
»Ich habe das nie erwähnt.« Ich schenke Janice ein tapferes Lächeln. »Aber tief in mir drin habe ich es immer gewusst.«
»Meine Güte!«, ruft Janice. »Aber woher wusstest du es?«
»Ich habe es gespürt. Hier«, sage ich und lege beide Hände über das Herz. »Es war... als würde ein Teil von mir fehlen.«
Ich mache eine ausladende Handbewegung und begehe den Fehler, Luke in die Augen zu sehen.
»Und welcher Teil genau fehlte da wohl?«, erkundigt er sich gespielt interessiert. »Doch wohl hoffentlich kein lebenswichtiges Organ?«
Gott, ist der herzlos. Hat er denn überhaupt kein Mitgefühl? Gestern Abend hat er immer wieder Passagen aus Geliebte Schwester - Wo warst du? vorgelesen, dann zwischendurch aufgesehen und gesagt: »Das ist doch wohl nicht dein Ernst.«
»Der Teil meiner Seele, der für innigste Verbundenheit zuständig ist!«, kontere ich.
»Danke.« Er zieht die Augenbrauen hoch.
»Ich meine doch nicht die Art von Verbundenheit! Ich meine schwesterliche Verbundenheit!«
»Und was ist mit Suzie?«, fragt Mum erstaunt. »Die war doch immer wie eine Schwester für dich. So ein nettes Mädchen.«
» Freunde kommen und gehen«, sage ich und weiche sämtlichen Blicken aus. »Suze ist nicht mit mir verwandt. Sie versteht mich nicht so wie eine richtige Schwester.«‚
» Dass muss ja ein Riesenschock gewesen sein!« Janice sieht Mum mitfühlend an. »Vor allem für dich, Jane!«
»War‘s auch.« Mum setzt sich an den Tisch. Das kann ich nicht leugnen. Obwohl die Affäre natürlich lange vor meiner Zeit stattgefunden hat.«
»Ja, natürlich!«, beeilt Jane sich zu sagen. »Selbstverständlich! Ich wollte damit auch ganz bestimmt nicht andeuten, dass... dass er... du...«, stammelt sie nervös und trinkt dann schnell einen Schluck Kaffee.
»Und irgendwie...« Mum hält inne und rührt verlegen lächelnd ihren Kaffee um. »Irgendwie war es ja fast zu erwarten gewesen. Graham war ein ziemlicher Don Juan, als er jung war. Kein Wunder, dass sich ihm die Frauen an den Hals geschmissen haben.«
»Aber... natürlich«, meint Janice etwas unsicher.
Wir richten alle den Blick aus dem Fenster und sehen Dad über den Rasen auf die Hintertür zukommen. Sein immer grauer werdendes Haar ist zerzaust, sein Gesicht rot, und obwohl ich ihm schon tausendmal gesagt habe, dass er das nicht tun soll, trägt er Socken in seinen Sandalen.
»Er war unwiderstehlich«, sagt Mum. »Wirklich wahr.« Ihre Miene erhellt sich. »Aber wir haben uns in Therapie begeben, um diese Krise heil zu überstehen.«
»Therapie?« Ich fasse es nicht. »Im Ernst?«
»Ja,
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