Vom Umtausch ausgeschlossen
Ich spiele nicht in The West Wing mit. Und ich weiß immer noch nicht, was ich tun soll.
4. Gar nichts tun.
Diese Möglichkeit hat offensichtlich viele Vorteile. Und die Sache ist ja auch... Muss ich wirklich etwas tun? Ich nehme meinen Lipliner und fange nachdenklich an, mir damit die Lippen zu umranden. Ich meine, betrachten wir die Angelegenheit doch mal mit einem gewissen Abstand. Versuchen wir doch mal, die Dinge wieder ein bisschen in die richtige Perspektive zu rücken. Denn was ist eigentlich passiert? Jemand hat Luke Blumen geschickt. Das ist alles.
Und dieser Jemand möchte, dass Luke für ihn arbeitet. Weil er findet, dass wir ihm einen Gefallen schulden.
Und dieser Jemand ist ein Gangster.
Nein. Halt. Er ist kein Gangster. Er ist ein... ein Geschäftsmann, der früher einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Das ist etwas ganz anderes.
Und überhaupt. Mal im Ernst. Die Karte war doch wohl nicht mehr als reine Höflichkeit. Ich meine, hallo!? Als würde ein Mann wie Nathan Temple allen Ernstes komplett die Einweihung eines ganzen Hotels verschieben, nur damit Luke die PR machen kann. Das ist doch lächerlich!
Je länger ich in diese Richtung weiterdenke, desto sicherer bin ich mir. Nathan Temple kann nicht ernsthaft erwarten, dass Luke für ihn arbeiten wird. Er hat bestimmt schon eine andere PR-Agentur gefunden. Die Sache läuft sicher schon längst, und irgendwann wird er völlig vergessen haben, dass es Brandon Communications überhaupt gibt! Genau. Also brauche ich gar nichts zu tun. Es ordnet sich alles von selbst.
Trotzdem könnte ich Nathan Temple ja eine kurze Dankeskarte schreiben. Und irgendwie erwähnen, dass Lukes Zustand sich verschlechtert hat.
Noch bevor wir uns auf den Weg zum Supermarkt machen, schreibe ich eine höfliche Karte an Nathan Temple, die ich dann umgehend in den ersten Briefkarten werfe. Je weiter ich mich von dem Briefkasten entferne, desto zufriedener bin ich. Ich habe die Lage voll unter Kontrolle, und Luke hat keine Ahnung. Ich bin das Superweib!
Und meine Laune wird noch besser, als wir den Supermarkt betreten. Mann, Supermärkte sind einfach toll! Da ist es immer so schön hell, und es läuft angenehme Musik, und man bekommt ständig irgendwelchen Käse oder so geschenkt. Außerdem kann man massenweise CDs und Make-up kaufen - und das wird auf der Kreditkartenrechnung alles unter Supermarkt verbucht.
Als Erstes entdecke ich ein Sonderangebot für Teespezialitäten: Wenn man drei kauft, bekommt man ein blumenförmiges Tee-Ei gratis dazu.
»Schnäppchen!«, freue ich mich und nehme mir sofort, ohne hinzusehen, drei Schachteln.
»Das ist kein Schnäppchen«, höre ich Jess‘ missbilligende Stimme neben mir, und ich merke sofort, wie ich mich wieder verkrampfe.
Warum musste sie denn unbedingt mitkommen?
Aber egal. Ich werde schön höflich bleiben.
»Natürlich ist das ein Schnäppchen«, erkläre ich. »Weil man gratis ein Geschenk dazubekommt.«
»Trinkst du denn überhaupt Jasmintee?«, fragt sie und deutet auf die Schachtel in meiner Hand.
»Ah...«
Jasmintee. Das ist doch der, der nach alten Komposthaufen schmeckt, oder?
Na und? Ich will das Tee-Ei haben!
»Jasmintee kann man immer mal gebrauchen!«, behaupte ich und lege die Schachtel in den Einkaufswagen. »Gut! Und jetzt?«
Ich schiebe den Wagen in Richtung Obst und Gemüse, halte aber auf dem Weg dorthin kurz bei den Zeitschriften an, um mir die neueste Ausgabe der In-Style zu nehmen.
Ooooh! Die neue Elle ist ja auch schon wieder raus! Und sogar mit einem kostenlosen T-Shirt dabei!
»Was machst du da?«, dringt Jess‘ Grabesstimme an mein Ohr.
Hat sie etwa vor, mir jedes Mal, wenn ich mir hier etwas angucke, blöde Fragen zu stellen, oder was?
»Ich kaufe ein!«, erwidere ich heiter und werfe ein neues Taschenbuch in den Wagen.
»Das könntest du dir aus der Bücherei ausleihen, da würde es dich gar nichts kosten!«, ist Jess‘ entsetzter Kommentar.
Aus der Bücherei? Jetzt bin ich aber entsetzt. Ich will doch kein abgegriffenes, in Folie geschweißtes Buch mit Eselsohren, das ich wieder abgeben muss.
»Weißt du, das ist ein moderner Klassiker«, sage ich. »Das Buch sollte jeder selbst im Bücherregal stehen haben.«
»Warum?«, hakt sie nach. »Warum kannst du es dir nicht aus der Bücherei ausleihen?«
Weil ich mein eigenes, neues, unzerknittertes Exemplar haben möchte! Und jetzt verpiss dich, und lass mich in Ruhe!
»Weil... ich mir eventuell einige Notizen am Rand
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