Vom Umtausch ausgeschlossen
verstehe dich einfach nicht!«
»Na prima, und ich verstehe dich nicht!«, schreie ich unter Tränen. »Ich hatte mich so gefreut, als ich gehört habe, dass ich eine Schwester habe! Ich dachte, wir würden uns richtig gut verstehen und Freundinnen werden. Ich dachte, wir könnten zusammen Shoppen gehen, Spaß haben... und abends auf unseren Betten sitzen und Pfefferminzplätzchen essen...«
»Pfefferminzplätzchen?« Jess sieht mich an, als hätte ich sie nicht alle. » Warum zum Teufel sollten wir denn Pfefferminzplätzchen essen?«
»Darum!« Frustriert fuchtele ich mit den Armen. »Weil das Spaß macht. S. P. A. S. S. Schon mal davon gehört?«
»Ich weiß sehr wohl, was Spaß ist, und ich habe auch meinen Spaß«, pariert Jess.
»Indem du Bücher über Steine liest?« Ich schnappe mir die Petrographie britischen Eruptivgesteins. »Was ist denn an Steinen so interessant? Das sind doch bloß... Steine! Das ist ja wohl das langweiligste Hobby der Welt! Womit es natürlich hervorragend zu dir passt.«
Jess holt entsetzt Luft.
»Steine sind nicht langweilig!«, wehrt sie sich und reißt mir das Buch aus der Hand. »Steine sind tausendmal interessanter als Pfefferminzplätzchen und hirnloses Einkaufen und das Anhäufen von Schulden!«
»Sag mal, haben sie dir irgendwann mal das Spaß-Gen herausoperiert, oder was?«
»Und haben sie dir irgendwann mal das Gen für Verantwortungsbewusstsein herausoperiert?«, kreischt Jess. »Oder bist du gleich als verwöhnte Göre auf die Welt gekommen?«
Wir funkeln einander böse an. In der Küche ist es totenstill, abgesehen vom Summen des Kühlschranks.
Ich bin nicht ganz sicher, was die perfekte Gastgeberin in einer Situation wie dieser zu tun hat.
»Gut.« Jess verzieht das Gesicht. »Na, dann... brauche ich wohl auch nicht länger hier herumzuhängen. Ich kann noch einen Bus nach Cumbria kriegen, wenn ich mich jetzt auf den Weg mache.«
»Schön.«
»Ich hole meine Sachen.«
»Gute Idee.«
Sie wendet sich ab und geht aus der Küche. Ich trinke einen großzügigen Schluck Wein. Mein Kopf schwirrt noch von der vielen Schreierei, und mein Herz rast.
Sie kann nicht meine Schwester sein. Unmöglich. Sie ist eine langweilige, geizige, scheinheilige Kuh, und ich will sie nie wieder sehen.
Nie wieder.
DIE CINDY-BLAINE-SHOW
Cindy Blaine TV Productions
43 Hammersmith Bridge Road
London W6 8TH
Mrs. Rebecca Brandon
37 Maida Vale Mansions
Maida Vale
London NW6 OYF
22. Mai 2004
Sehr geehrte Mrs. Brandon,
besten Dank für Ihre Nachricht.
Wir finden es ausgesprochen bedauerlich, dass Sie an der Cindy-Blaine-Show mit dem Thema »Seelenverwandte Schwestern« nun doch nicht teilnehmen können.
Wir könnten Ihnen aber anbieten, stattdessen in der Sendung mit dem Thema »Meine Schwester ist ein Miststück!!!« zu erscheinen. Bitte rufen Sie mich doch einfach an, falls Sie Interesse haben sollten.
Mit den besten Grüßen,
Kayleigh Stuart
Produktionsassistent (Handy: 07878-3456789)
Finerman Wallstein
Rechtsanwälte
Finerman House
1398 Avenue of the Americas
New York, NY 10105
Mrs. Rebecca Brandon
37 Maida Vale Mansions
Maida Vale
London NW6 OYF
27. Mai 2004
Sehr geehrte Mrs. Brandon,
Vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich habe Ihr Testament Ihren Wünschen entsprechend abgeändert.
Klausel 2, Abschnitt (f) lautet nun:
»Und Jess kriegt überhaupt nichts, weil sie so gemein ist. Und außerdem hat sie sowieso jede Menge Kohle.«
Mir freundlichen Grüßen,
Jane Cardozo
Rechtsanwältin
15
Ist mir doch egal. Wer braucht denn schon eine Schwester? Ich jedenfalls nicht.
Ich habe sowieso nie eine Schwester haben wollen. Ich habe nun wirklich nie um eine gebeten. Mir geht‘s prima ohne Schwester.
Ist ja nicht so, als wenn ich mutterseelenallein wäre. Ich führe eine wunderbare Ehe. Ich brauche keine Scheißschwester!
»Blöde Schwester«, sage ich laut, als ich mit dem Deckel vom Marmeladenglas kämpfe. Seit Jess abgereist ist, sind fast zwei Wochen vergangen. Luke muss erst zu einem späten Termin in die Stadt, und Mum und Dad kommen auf ihrem Weg zum Flughafen bei uns vorbei, darum mache ich für die ganze Mannschaft Frühstück.
»Wie bitte?«, fragt Luke, als er in die Küche kommt. Er sieht blass und überarbeitet aus, schon seit Tagen. Die Arcodas-Gruppe brütet derzeit über der Entscheidung, wer die PR für sie übernehmen soll, und Luke kann nichts tun als abwarten. Und abwarten gehört nicht zu Lukes Stärken.
»Ich habe bloß gerade an Jess gedacht«,
Weitere Kostenlose Bücher