Vom Umtausch ausgeschlossen
Platt gesagt, versuchen wir den Leuten Honig ums Maul zu schmieren. Darum habe ich einen Haufen Uhren als Werbegeschenke gekauft - und jetzt sind sie weg.« Die Runzeln über seinen Augenbrauen werden noch tiefer. »Ich habe bloß absolut keine Ahnung, wo die abgeblieben sein könnten. Gerade eben waren sie noch da... und im nächsten Moment sind sie verschwunden!«
Ich spüre Jess´ Blick auf mir wie Laserstrahlen.
»Komisch, dass so viele Uhren auf einen Schlag verschwinden können«, sagt sie tonlos.
Ach, halt doch die Klappe!
Ich schlucke. Wie konnte ich denn bloß Lukes Werbegeschenke verkaufen? Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich meine, ich hatte mich doch sogar noch gewundert, weil ich mich nicht erinnern konnte, sie auf der Hochzeitsreise gekauft zu haben...
»Vielleicht habe ich sie in der Garage verstaut.« Luke schnappt sich seine Schlüssel. »Ich gehe eben mal runter und sehe nach.«
Oh Gott. Ich muss es ihm sagen.
»Luke...«, piepse ich. »Luke, bitte nicht sauer werden...«
»Was denn?« Er wirbelt auf dem Absatz herum - und kaum sieht er mein Gesicht, ist er auch schon alarmiert. »Was ist los?«
»Na ja.« Ich lecke mir meine trockenen Lippen. »Es könnte durchaus sein, dass ich -«
»Was?« Seine Augen verengen sich. »Es könnte sein, dass du WAS, Becky?«
»Sie verkauft habe«, flüstere ich.
»Es könnte sein, dass du sie verkauft hast?«
»Du wolltest, dass ich aufräume!«, winsele ich. »Und ich wusste doch nicht, wie! Wir hatten viel zu viel Zeugs! Also habe ich alles nach und nach über e-Bay verkauft. Und die... die Uhren habe ich auch verkauft. Aus Versehen.«
Ich beiße mir auf die Lippe und hoffe ein klein wenig, dass Luke jetzt vielleicht lächelt oder sogar lacht. Aber er sieht mich einfach nur vollkommen entgeistert an.
»Herrgott noch mal, Becky. Wir stecken bis über beide Ohren in Arbeit! Das können wir jetzt gerade noch gebrauchen!« Er nimmt sein Handy, tippt eine Nummer ein und wartet einen Moment. »Marie? Wir haben da ein kleines Problem mit dem Abendessen für die Arcodas-Gruppe morgen Abend. Bitte um Rückruf!« Er klappt das Telefon zu, und dann herrscht Schweigen.
»Ich hatte doch keine Ahnung!«, verteidige ich mich verzweifelt. »Ich wusste doch nicht, dass das Werbegeschenke sind... Wenn du mich dir helfen lassen würdest, dann...«
»Helfen?«, fällt Luke mir ins Wort. »Guter Witz, Becky. Wirklich guter Witz!«
Er schüttelt den Kopf und verlässt den Raum.
Ich sehe zu Jess. Über ihrem Kopf sehe ich förmlich eine Gedankenblase mit den Worten »Was habe ich dir gesagt?« schweben. Kurz darauf steht sie auf und folgt Luke ins Arbeitszimmer.
»Wenn ich irgendetwas tun kann«, höre ich sie raunen, »sag mir einfach Bescheid.«
»Ist schon gut«, antwortet Luke. »Danke.«
Jess sagt noch etwas, aber ihre Stimme ist jetzt sehr gedämpft - vermutlich hat sie die Tür zugemacht.
Ich muss jetzt einfach wissen, was sie sagt! Ich schleiche mich zur Küchentür und von dort durch den Flur. Ich arbeite mich lautlos bis zur Tür zum Arbeitszimmer vor und lausche.
»Ich verstehe nicht, wie du mit ihr zusammenleben kannst«, höre ich Jess sagen. Ich weiß nicht, was meinerseits größer ist: der Schock oder die Empörung! Ich bin bis zur letzten Faser angespannt, während ich auf Lukes Antwort warte.
Doch im Arbeitszimmer herrscht erst einmal Schweigen. Ich wage kaum zu atmen. Ich wage kaum, mich zu bewegen. Ich konzentriere mich hundert Prozent auf das, was von jenseits der Tür zu vernehmen ist.
»Es ist schwierig«, höre ich Luke schließlich sagen.
Mir wird ganz kalt ums Herz.
Luke findet es schwierig, mit mir zusammenzuleben.
Ich höre ein Geräusch, als würde sich jemand von innen auf die Tür zu bewegen, so dass ich erschrocken zurückweiche. Ich sause zurück in die Küche und mache die Tür zu. Mein Herz rast, Tränen steigen mir in die Augen.
Wir sind doch erst seit elf Monaten verheiratet. Wie kann er es da schon schwierig finden, mit mir zusammenzuleben?
Das Wasser im Kessel kocht inzwischen, aber jetzt will ich keinen Tee mehr. Ich mache den Kühlschrank auf, hole eine offene Flasche Wein heraus und schenke mir ein Glas ein. Ich kippe den Inhalt in Sekundenschnelle hinunter und schenke mir sofort ein zweites Glas ein, als Jess wieder in die Küche kommt.
»Hi«, sagt sie. »Sieht ganz so aus, als wenn Luke das Problem mit den Geschenken gelöst hätte.«
»Super «, erwidere ich knapp und trinke noch einen Schluck Wein.
Das
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