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Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Titel: Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clough Patricia
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kommen zu demselben Ergebnis.«
    Im Jahr 2010 beschloss sie, wieder eine neue Richtung einzuschlagen, und machte eine Ausbildung zur systemischen Sexualtherapeutin. Sie wollte genauer verstehen, welche sexuellen Probleme ihre Patienten plagten. Sie hatte darüber hinaus begonnen, ältere Menschen zu beraten, die mit Altersproblemen, vor allem mit altersbedingten sexuellen Schwierigkeiten, zu ihr kamen. Der von den Medien verbreitete Eindruck, dass alte Menschen den Sex »hinter sich hätten«, bestätigte sich nicht. Männer haben im Alter noch immer ihre Bedürfnisse, und Frauen auch. Nur anders als früher. Das größte Problem besteht darin, dass sie nicht darüber reden können.
    Im Moment sind es noch überwiegend Freundinnen und Bekannte, die sich von Ingrid Weichelt zu diesem besonderen Thema beraten lassen. Sie hat das Therapieangebot noch nicht öffentlich gemacht, sie steht – wieder einmal – ganz am Anfang. Doch sie weiß, dass es Zuspruch finden wird, denn die Erwartungen der Menschen ändern sich, sie wollen bis ins Alter hinein sexuell aktiv bleiben.
    Eine weitere Gruppe, für die sich Ingrid interessiert, sind ältere Menschen, die im Internet nach Partnerschaft oder Freundschaft suchen. Sie sieht das sehr positiv. Ältere Menschen, die sonst vielleicht einsam und isoliert sind, können sich über Dinge austauschen, die sie Freunden oder Bekannten, vielleicht nicht anvertrauen würden. Doch sie warnt auch vor den Gefahren: »Die Leute sind unglaublich naiv«, erklärt sie, »sie verraten ihre Adressen und Telefonnummern und merken nicht, dass sie auf einmal erpressbar geworden sind. Sie verstehen nicht, dass ein Mann, der sich mit einer Frau verabredet, gefährlich sein kann.«
    Seit sieben Jahren hat Ingrid Weichelt ihre Praxis. Sie läuft prächtig. Doch das wahre Glück stellte sich erst 2007 ein, als die Kinder aus dem Haus waren und sie die Scheidung einreichte. Sie zeigt mir stolz ihr kleines, gepflegtes Haus, wo sie jetzt wohnt, ihr eigenes »Reich«, wie sie sagt. Sie kümmert sich um ihren kleinen, hübschen Garten, geht jeden Morgen ins Schwimmbad und schwimmt ihre tausend Meter. Sie hat einen Freund, doch sie hat sich auch geschworen, nie wieder zu heiraten. »Mir sagt keiner mehr, was ich tun soll.«
    Â»Es hat lange gedauert«, sagt sie und fragt sich wohl, ob sie ihre Freiheit umso mehr zu würdigen weiß, weil der Weg dahin so weit war. Man spürt eine gewisse Ergriffenheit, wenn sie über die »Freiheit der späten Jahre« spricht. »Endlich kann ich machen, was ich will. Wie gut es mir geht!«
    Ingrid Weichelt hat ihre Emanzipation langsam und methodisch eingefädelt. Jutta Ratschinske dagegen überraschte jeden, vor allem aber sich selbst, mit der Entscheidung, in Afrika ein neues Leben zu beginnen. Sie war fünfzig, eine verwitwete Grundschullehrerin. Gerade hatte sie ein Sabbatjahr in Mali verbracht, jetzt plante sie, ihr Leben mit Menschen zu verbringen, die zu den ärmsten der Welt gehören und dabei doch eine geradezu überwältigende Fröhlichkeit an den Tag legen. Und genau das tat sie.
    Anfangs war ihr Interesse an dem fremden Sahelstaat ein vorwiegend touristisches. Ihr Vater, der mit fünfundsechzig begonnen hatte, die Welt zu bereisen, zeigte ihr Fotos aus Mali, Porträts von Menschen und Bilder von faszinierenden Städten und Landschaften. Sie plante eine Reise mit ihrem Mann, der ebenfalls als Lehrer arbeitete. Doch bevor sie aufbrechen konnten, wurde ein unheilbarer Krebs bei ihm entdeckt. Sie sagten die Reise ab.
    Sieben Jahre später, ihr Mann war längst gestorben, machte sie sich allein auf den Weg. Zwei Wochen lang reiste sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch das Land, obwohl sie sich durchaus einen Mietwagen hätte leisten können. »Man verliert viel Zeit mit Warten. Das war zwar interessant, weil ich mit den Leuten Kontakt hatte, aber ich habe nur einen sehr, sehr kleinen Teil gesehen von dem, was ich eigentlich sehen wollte.« Doch es war der Anfang einer Faszination, die sie bis heute nicht losgelassen hat. »Ich habe also beschlossen, wieder hinzufahren – und diesmal für längere Zeit, ein ganzes Jahr.«
    Bereits einen Tag nach ihrer Rückkehr nach Deutschland erkundigte sie sich in ihrer Schule in Waibstadt, ob es möglich sei, eine Auszeit zu nehmen. Und schon einen Tag später reichte sie

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