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Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein

Titel: Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clough Patricia
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Pille, der sexuellen Revolution, dem Feminismus und der Gleichberechtigung. Die meisten haben gearbeitet, viele haben Karriere gemacht. Sie waren voller Selbstvertrauen und hatten einiges zu bewältigen. Doch es bedeutete eben auch, dass sie finanziell und gesellschaftlich weniger von ihren Männern abhängig waren. Die Wechseljahre nahmen sie interessiert zur Kenntnis und fragten sich, was eigentlich so furchtbar daran sein sollte, dass die Kinder das Haus verließen.
    Nun, da die geburtenstarken Jahrgänge, die ihr Leben lang immer wieder mit neuen Ideen aufwarteten, im Rentenalter sind, ist davon auszugehen, dass sie auch dieses ordentlich durchwirbeln werden. Alt sein, wie unsere Mütter und Großmütter alt waren, ist ausgesprochen unattraktiv, es passt nicht zu dem Selbstbild der neuen Alten. Der Schaukelstuhl aus dem Kaminzimmer landet im Museum. Das Alter ist lediglich eine neue Herausforderung, von denen die Frauen aus meiner Generation doch schon so viele bewältigt haben.
    Zu meinem Siebzigsten schmiss ich eine große Party. Ich hatte lange gezögert, weil es darauf hinauslief, dass ich mein Alter verraten musste. Ich hätte noch eine Weile so tun können, als wäre ich wesentlich jünger. Aber warum soll ich mich für mein Alter schämen?, fragte ich mich. Warum soll ich weniger wert sein als eine, sagen wir, Vierzigjährige? Also lud ich alle meine Freunde ein. Und sie kamen. Aus allen Ecken und Enden der Welt reisten sie an. Juli, ein perfekter Sommerabend. Eine Insel in einem kleinen, leise plätschernden Fluss. Ein befreundeter Restaurantbesitzer, der seine Leute über eine schmale, schwankende Brücke schickte, um uns köstliches Essen zu servieren. Und eine Rede. Ich hieß alle willkommen, holte einmal tief Luft und hub an zu einer Rede, mit der niemand gerechnet hatte …
    â€¦ Viele von uns Frauen hier, besonders die über Vierzigjährigen, wissen nur zu gut, wie es ist, wenn man als Person zweiter Klasse behandelt wird, wenn man nicht für voll genommen wird. Als ich geboren wurde, fielen die Würfel gleich am Anfang des Lebens. Ein Mädchen hatte von vornherein keine Chance. Später, als wir ins Arbeitsleben drängten, gab es gläserne Decken und gläserne Wände. In meinem Fall kam noch dazu, dass ich in den Siebzigerjahren als verheiratete Frau in Italien landete. Die Idee, dass eine Frau gleichberechtigt neben ihrem Mann stand, hatte sich noch längst nicht durchgesetzt. Selbst vor dem Gesetz waren wir nicht gleich. Dann wurde ich eine alleinstehende Mutter und erdreistete mich, Karriere zu machen. Ich war damals bestimmt keine Feministin, ich versuchte einfach nur, mein Recht einzufordern wie so viele.
    Aber die Welt begann sich zu verändern, und ich spürte zu einem bestimmten Zeitpunkt, dass Frauen wie ich einfach akzeptiert wurden, wie wir waren, dass wir uns nicht immer wieder von neuem beweisen mussten. Ein großartiges Gefühl. Doch eines Tages machst du die Augen auf und siehst dich um und denkst: Verdammt, hier ist noch so eine Hürde, über die ich jetzt springen muss! Die Alterdiskriminierung! Plötzlich traust du dich nicht mehr, dein Geburtsdatum anzugeben, wie es in deinen Papieren steht. Plötzlich ist das ein Problem. Meine Freundin Virginia hat von einer Frau in Ungarn gehört, dass in Budapest keine Frau zugibt, älter zu sein als neununddreißig. Und nicht nur in Budapest … Doch wenn man darüber nachdenkt, muss man sich schon fragen, was an einer Neununddreißigjährigen besser sein soll als an einer Neunundfünfzigjährigen. Einer Neunundsechzigjährigen. Na gut, könnte man sagen, das biologische Alter spielt schon eine Rolle. Aber ist denn der Zustand unseres Körpers das einzige, wonach man uns beurteilt? Übrigens ist mir aufgefallen, dass es bei den Männern ganz anders ist. Also, ihr Lieben, dort draußen herrschen noch eine Menge Vorurteile, die bekämpft werden müssen – es soll meine letzte Schlacht werden. Und wenn wir, die hier versammelt sind, gemeinsam nur einen ganz kleinen Schritt in die richtige Richtung tun, dann haben wir schon eine Menge gewonnen. Das wäre wirklich wunderbar. Meine Damen und Herren, ich erhebe das Glas auf die Revolution!
    Und wir stießen an und tranken auf die Revolution. Meine Altersgenossen waren begeistert, selbst bei den Jüngeren entdeckte ich ein paar glänzende Augen.
    Natürlich ist

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