Vom Vergnugen eine altere Frau zu sein
9 Prozent gegenüber 2009. Kurz vor Beginn der Wirtschaftskrise waren es sogar über zehn Millionen. Eine weitere Statistik: Seit 1997 hat die Zahl nicht-chirurgischer kosmetischer Behandlungen â Falten- und Lippenbehandlungen â um 754 Prozent zugenommen. Bezahlt haben dies alles die Patientinnen aus eigener Tasche.
Aufgrund ihrer eigenen Erfahrung als Models haben Dillon und Muir-Sukenick eine besondere Perspektive auf die emotionalen Probleme, die entstehen können, wenn Frauen ihr jugendliches Aussehen verlieren. Als Psychologinnen und Psychotherapeutinnen wissen sie auch, dass eine Frau sich nur dann attraktiv findet, wenn ihr ÃuÃeres mit dem inneren Selbstbild übereinstimmt. (Der Fall der Ãsterreicherin Elfriede Vavrik, die mit über achtzig, als sie ihre sexuelle Erfüllung gefunden hatte, endlich ihr Aussehen akzeptierte, wäre bestimmt interessant für sie.) Die Lösung, die sie vorschlagen, besteht nicht in drastischen Operationen, auch wenn sie bestimmte Eingriffe nicht grundsätzlich ablehnen. Natürlich sind auch Resignation oder Verwahrlosung keine Alternativen. Stattdessen plädieren sie für einen psychologischen Ausgleich zwischen einer Wertschätzung des Aussehens und dem Bewusstsein, dass äuÃere Veränderung zum Altern dazugehört.
Aus der so gewonnenen Balance entstehen Akzeptanz und Zufriedenheit. Zuerst sollten Frauen versuchen, in den »Augenblicken der Wahrheit« ihre Verwirrung zu verstehen, ebenso wie die Mechanismen der Abwehr und Selbstverleugnung, die zum Einsatz kommen. Sie raten, bis weit in die Kindheit zurückzukehren, um nach den Erfahrungen zu suchen, die direkt oder indirekt beeinflusst haben, wie sie über Schönheit und über ihr eigenes Aussehen denken: Was haben zum Beispiel die Eltern gesagt? Wie sind sie selbst mit dem Thema umgegangen? Und wie die anderen Kinder? Ein Wort wie »Pummelchen« kann aus dem Unterbewusstsein heraus das Selbstbild einer Frau für den Rest ihres Lebens beeinflussen, selbst, wenn sie längst nicht mehr pummelig ist. Auch die Teenagerjahre, eine besonders diffizile Ãbergangsphase, dürfen nicht auÃer Acht gelassen werden. Ebenso spielt auch das Verhältnis zur eigenen Mutter eine entscheidende Rolle. Frauen müssen lernen, ihre eigenen, tief verwurzelten Vorstellungen zu verstehen. Wer glaubt, der Ehemann halte sie nicht mehr für attraktiv, findet sich selbst oftmals nicht attraktiv. Die eigenen Gefühle werden auf den Mann übertragen. Man sollte also versuchen, sich von den fixen Ideen der eigenen Geschichte â vor allem der Jugend â zu befreien und sein ÃuÃeres so zu akzeptieren, wie es ist.
Es geht im Bereich der äuÃeren Schönheit nicht darum, in der letzten Lebensphase eine Art Neustart hinzulegen. Seine Schönheit, seine jugendliche Ausstrahlung, gewinnt man ohnehin nicht zurück. Es ist auch nicht nötig, die Veränderung so weit wie möglich hinauszuschieben, wie es Schauspielerinnen, Sängerinnen und andere Prominente mal mit gröÃerem, mal mit geringerem Erfolg versuchen. Es müsste genügen, sich und sein ÃuÃeres zu akzeptieren und in Zufriedenheit damit zu leben.
Wie dies zu bewerkstelligen ist, kann man trotz des Jugendkults, den unsere gesamte Gesellschaft erfasst hat, überall finden. Intelligent gemachte Zeitschriften wie Brigitte Woman bemühen sich um die Belange von reifen Frauen. Selbst die Vogue veröffentlicht einmal im Jahr â im traditionell auflageschwachen Monat August â ein Heft, das speziell auf reife Frauen zugeschnitten ist. Wer es durchblättert, stellt erfreut fest, dass man auch mit Ende neunzig noch sehr elegant aussehen kann. Wer Rita Levi-Montalcini, eine der elegantesten Frauen Italiens, je einmal erleben darf, benötigt für diese Einsicht nicht einmal ein Hochglanzmagazin. Nachdem die Mode vor nicht allzu langer Zeit noch von hauchdünnen, halb durchsichtigen Stoffen dominiert war, von lächerlichen Entwürfen, die nichts der Fantasie überlieÃen, haben inzwischen viele Designer einen Weg gefunden, auch ältere Frauen elegant in Szene zu setzen. Die italienische Marke Marina Rinaldi wendet sich, offenbar mit groÃem Erfolg, ausschlieÃlich an Frauen mit runderen Formen. Eine Freundin von mir hat einmal gesagt: »Wenn ich nicht mehr schön sein kann, dann bin ich eben elegant.« Ich halte das für eine ausgezeichnete
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