Vom Wahn zur Tat
wiedergefunden. Es ist mir klar geworden, dass ich versetzt worden bin, vermutlich von Gottmenschen, die eine höhere Macht besitzen.“ Auf Nachfrage erklärte er, dass er vermutlich vor irgendetwas beschützt worden sei, vor was, könne er nicht genau sagen. Außerdem habe er eine Aufgabe, die etwas mit Musik zu tun hat. In der Zwischenzeit sei er noch ein weiteres Mal gewechselt. „Zwei dieser Erden sind bereits untergegangen, da sie nur 4000 Jahre alt werden können, die anderen beiden können ein Alter von 8000 Jahren erreichen. Die Erden nützen sich genauso wie die Sonne ab. Das kann man an der Musik merken, die ihren Höhepunkt mit dem Woodstock-Festival, das auf Erde 1 stattgefunden hat, überschritten hat.“ Vor allem Steven Stills von der Gruppe Crosby, Stills, Nash and Young habe eine besondere Bedeutung für ihn: Er gehe davon aus, dass er im Jahr 2065 dessen Identität annehmen werde. Dabei wurde allerdings nicht klar, wie er sich diesen Vorgang genau vorstellt.
Auf die Frage, ob die Menschen auf den unterschiedlichen Erden differieren, meinte Josef D.: „Ich und einige andere würden sozusagen rotieren, der Sohn seiner angeblichen Eltern befindet sich jetzt auf einer der anderen Erden, und ich bin jetzt hier. Die Personen, die auf Erde 3 meinen, sie seien meine Eltern, würden diese Realität nicht erkennen.“ Es sei ihm aufgefallen, dass diese zwar gleich aussehen, allerdings psychisch und von ihrem Verhalten her sich durchaus unterscheiden.
Josef D. hat eine Familie, die sich sehr um ihn kümmert. Er selbst ist ebenfalls bemüht, und er hält sich an die für ihn wichtige Medikation. Im Verlauf seiner paranoiden Schizophrenie hat er einen kosmologischen Wahn ausgebildet. Sosehr sein Denken und sein Tagesablauf vom Wahn beherrscht wird, das Einweisungsdelikt hat mit diesen Ideen nur am Rande zu tun. D. ist erheblich denkgestört. Bezüglich der Tat besteht keinerlei Unrechtsbewusstsein. Das Festhalten der beiden Frauen im Zimmer sei aus der Eigendynamik der Situation entstanden, die auch für ihn subjektiv sehr skurril gewesen sei. Auf den ersten Blick wirkt seine Tat wie ein gescheitertes Sexualdelikt. In Wirklichkeit war das Delikt Ausdruck seiner chaotischen desorganisierten Denkvorgänge.
Der Fall David K. – Schwere Körperverletzung mit Todesfolge
David K. fügte im September „unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB)“ Katrin W. absichtlich eine schwere Körperverletzung zu, indem er in seiner Wohnung auf die Frau mit Fäusten und Füßen einschlug, danach schlug er die von der Wohnung in ein Lokal im Erdgeschoß Flüchtende neuerlich so stark, dass sie zu Boden stürzte. Er trat mit seinen Motorradstiefeln gegen den Kopf der am Boden Liegenden, schlug immer wieder auf sie ein, prügelte sie die Kellerstiege hinunter und ließ erst von ihr ab, als sie sich blutüberströmt nicht mehr bewegte. Katrin W. verstarb einen Tag später an den Folgen dieser Misshandlung im Krankenhaus. David K. hatte hiermit eine Tat begangen, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung mit Todesfolge ausgelegt worden wäre. Das Gericht ordnete gemäß § 21/1 StGB die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.
David K. wurde 1967 als einziges Kind von Franz und Sabine K. geboren. Der Vater war Facharbeiter, die Mutter Frisörin. Als David vier Jahre alt war, kam es zur Scheidung der Eltern. Ungefähr ein Jahr später lernte die Mutter ihren jetzigen Ehemann kennen. Mit dem Stiefvater vertrug er sich gut, es gab keine Probleme. Zu Hause und in der Schule blieb der Patient unauffällig. Er absolvierte eine dreijährige kaufmännische Ausbildung. Kurz vor Lehrabschluss wollte er die Lehre abbrechen. Es sei ihm, so K., zuwider gewesen, den Anordnungen seines Lehrherrn zu folgen. Trotzdem habe er schließlich die Lehre mit Erfolg abgeschlossen. Nach Angaben der Mutter habe er „etwas anderes tun wollen, nicht arbeiten wie der Durchschnittsbürger“. Nach einer Zeit, in der er bei einem Straßentheater gespielt hatte, kehrte er nach Hause zurück. Er lernte bald darauf eine diplomierte Hebamme, die spätere Mutter seiner Kinder, kennen. Als einige Jahre später die Beziehung mit der Lebensgefährtin nicht mehr funktionierte, wurde K. laut Eigenaussage „depressiv“. Er habe immer mehr „geraucht“, sich zeitweise eingesperrt und die ganze Nacht hindurch
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