Vom Wahn zur Tat
welches für den nächsten Tag bereitgestellt gewesen sei. Im Zuge eines daraus sich entwickelnden Streites sei er auf seinen Vater losgegangen, er habe erklärt: „Ich bring euch alle um“. Die Mutter verständigte den Hausarzt, D. kam ins Krankenhaus. Im Anschluss landete er für kurze Zeit im Heeresspital, für die restliche Dauer des Präsenzdienstes war er freigestellt.
Josef D. berichtet, er habe nach dem Bundesheer bis auf kurze Teilzeitjobs keine Arbeit mehr gehabt, seit 1996 sei er in Pension. Damals zog er auch in eine eigene Wohnung in Mistelbach. Die Mutter erzählt, dass er mehrmals stationär im Krankenhaus gewesen sei, die Diagnose habe Schizophrenie gelautet. Medikamente habe er allerdings schlecht vertragen und immer wieder abgesetzt. Deswegen komme es auch immer wieder zu aggressiven Tätlichkeiten. Einmal habe er ein Kalb halb totgeschlagen, sei dann auf den Viehhändler losgegangen und habe ihm einen Jochbeinbruch zugefügt. Der Schwägerin habe er einen Telefonhörer auf den Kopf geworfen, auf den Vater sei er mit einer Injektionsspritze losgegangen. Die Brüder hätten Angst vor dem Patienten gehabt und kein Wochenende mehr mit ihm verbringen wollen.
Bis 2005 war Josef D. viele Jahre ohne stationären Aufenthalt in ambulanter Behandlung des Psychosozialen Dienstes. Die Medikamente nahm er unregelmäßig, war aber einigermaßen psychopathologisch stabil. Im März 2005 ging es ihm psychisch erneut schlechter, er war wahnhaft und angetrieben, hatte seine Freundin, welche die Gendarmerie benachrichtigen wollte, gestoßen. Daraufhin wurde D. für drei Wochen stationär aufgenommen. Da sich sein Zustand in der Folge nicht wesentlich änderte, wurde er wegen seines aggressiven Verhaltens aus der Tagesstätte ausgeschlossen und im Juni für drei Wochen stationär eingewiesen. Er sei aber ohne merkbare Besserung entlassen worden, erinnert sich die Mutter. Anfang Juli versuchte ein Arzt des PSD, den Patienten stationär einzuweisen, doch die Eltern meinten, das würde nichts bringen, sie wollten mit ihrem Sohn auf Urlaub fahren. Im Zuge eines neuerlichen Einweisungsversuches kam es zum oben beschriebenen Anlassdelikt.
Nach der Tat musste er wegen einer Verletzung, die er sich bei der Wohnungsstürmung durch die Polizei zugezogen hatte, ins Krankenhaus. Dem Aufnahmebefund des Krankenhauses ist zu entnehmen, dass D. bei seiner Einlieferung dort sehr gespannt war und impulshaft unvermittelt auf einen Arzt losschlug. Wegen Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung, gefährlicher Drohung und schwerer Körperverletzung wurde D. verurteilt und nach Paragraph 21/1 StGB in die Justizanstalt Göllersdorf eingewiesen. Bei der Einlieferung in die Justizanstalt war er aufgrund des angespannten Zustandes nicht explorationsfähig, man konnte mit ihm nicht wirklich sprechen. Er verweigerte die orale Medikation, war aber bereit, sich Infusionen geben zu lassen. So wurde anfangs die Infusionsbehandlung unter Beiziehung der polizeilichen Einsatzgruppe, die die Sicherheit garantierte, durchgeführt. Später war der Patient bereit, auch oral Medikamente zu nehmen, zeigte sich aber immer wieder deutlich angespannt.
Eine Verlegung auf eine andere Station musste Mitte November nach einem Tag wieder rückgängig gemacht werden, nachdem Josef D. ein deutlich angespannt-psychotisches Zustandsbild geboten hatte. Auf der Akutstation besserte sich der Zustand des Patienten unter zusätzlicher Medikation schnell, er konnte wieder auf die Wohnstation zurückverlegt werden. Dort verhielt er sich angepasst und freundlich, war aber sehr zurückgezogen und hatte wenig Kontakt zu Mitpatienten und Personal. Einige Zeit später war eine neuerliche Verlegung auf die Akutstation notwendig, nachdem er einen Erregungszustand infolge psychotischer Verkennung erlitten hatte. Obwohl er kurzfristig wieder rückverlegt werden konnte, zeigte er auch unter Medikationserhöhung weiter ihn ängstigende psychotische Verkennungen und Interpretationen und war aufgrund geringer Belastungsfähigkeit noch zurückgezogener als zuvor.
In einem Explorationsgespräch mit einem forensischen Psychiater erklärte er sein Weltbild, das über die ganzen Jahre hinweg sein Erleben und Verhalten beherrscht hatte: Er lebe derzeit auf „Erde 3“. „Ich bin schon zweimal gebeamt worden, die Erden unterscheiden sich nur in Details. Das erste Mal habe ich im Freien geschlafen und bin auf einem Acker im Kreis gegangen. Auf einmal habe ich mich in einer neuen Situation
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