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Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns

Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns

Titel: Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Luehrs
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uns hat. Eine forsche Wirtin und eine blitzgescheite Kellnerin schmeißen den Laden. Im Handumdrehen werden uns zwei Bockbier und Spiegeleier mit Bratkartoffeln serviert. Was wollen wir mehr. Ein kleines Mädchen hüpft fröhlich zwischen den Gästen herum. Es gehört zur Wirtin. Dann und wann bleibt es stehen und schaut einem direkt in die Augen, ohne Furcht und ohne Scheu, so lange, bis es genug hat.
    Nach dem Essen geht’s zunächst einmal aufs Zimmer. Heiß duschen, endlich mal wieder rasieren, die nassen Klamotten auspacken und dann aufs Bett legen und den „Spiegel“, den ich mir vorhin gekauft habe, durchblättern.
    Eine wohlige Schlaffheit breitet sich in mir aus, und ich genieße die Ruhe und das bequeme Ambiente, fühle mich sauber und versorgt. Der Tag nimmt ein gutes Ende.
    Gegen sieben treffen wir uns im Gastraum zu einer zweiten Mahlzeit: fränkische Bratwürstchen mit Sauerkraut und dazu das nächste Bockbier. Das muss heute sein. Irgendwie habe ich mich die letzten Tage unterernährt gefühlt, und ein kleiner Rausch nach zwei Tagen Entbehrung ist mehr als verdient, hebt die Stimmung und fördert den Schlaf. Doch bevor es so weit ist, steht noch die Champions League an: der Kampf um den Titel zwischen Manchester United und Chelsea. Wie gut, dass ein Fernseher auf dem Zimmer zur Standardausrüstung eines Hotels gehört. Noch ein schönes Schwarzbier, einen Schnaps der Region, und wir schlurfen auf unsere Zimmer.
    Doch meine Glotze funktioniert nicht. Es zeigt sich nicht einmal ein Rauschbild, soviel ich auch an den Knöpfen herum schraube und an dem Antennenkabel fummle.
    Das geht mir jetzt richtig schräg runter. Jetzt, wo’s gemütlich wird, versagt die Technik, und das bestimmt nicht erst seit heute Abend. Ich klopfe bei Martin. Der liegt auf seinem Bett und hat den Fernseher an. Das Spiel läuft bereits. Als ich ihn bitte, zuschauen zu dürfen, weil mein Fernseher kaputt ist, verweigert er mir doch tatsächlich meinen Wunsch. Ich solle doch nach unten gehen, da sei bestimmt ein Fernseher. Er müsse jetzt mal allein sein.
    Gift und Galle könnte ich spucken, am liebsten das ganze Zimmer zugöbeln, so unermesslich ist meine Empörung.
    Doch so kann er sein, mein Wanderbruder. Hauptsache, ihm geht es gut. Süffisant wünsche ich ihm eine gute Nacht, drehe mich um und gehe. Zu einer Auseinandersetzung habe ich überhaupt keine Lust und erst recht nicht, jemanden zu einer Selbstverständlichkeit zu überreden.
    Ich eile in den Gastraum hinunter, doch dort gibt es keinen Fernseher. Die Chefin ist nicht mehr da, die Kellnerin hat keinen Plan, und so lande ich bei einer älteren Frau mit Hüftschaden, vermutlich die Mutter der Wirtin. Ich trage mein Anliegen vor und stoße auf pure Ablehnung.
    „Die Fernseher werden immer überprüft, da kann keiner kaputt sein. Sie müssen die Knöpfe richtig bedienen.“
    Jetzt klappt mir der Unterkiefer runter, und im ersten Moment bin ich sprachlos. Dann packt mich der Zorn. Wenn das so weitergeht, versäume ich das Spiel.
    „Gute Frau, ich bin nicht blöd, und Sie können mir ruhig glauben. Das Ding funktioniert nicht. Ich will mir jetzt ein Fußballspiel anschauen.“
    „Gut, dann gehen sie in Zimmer Nummer zehn und schauen sich’s dort an.“
    „Ich will aber in meinem Zimmer kucken und dabei im Bett liegen. Sie sind doch ein Hotel. Ich habe einen Anspruch auf einen funktionierenden Apparat, und zwar in dem Zimmer, in dem ich schlafe.“
    Die Frau dreht sich um und humpelt ohne ein weiteres Wort mühsam die Treppe hinauf. Das ist mir jetzt peinlich, und ich mache ihr folgenden Vorschlag: „Lassen sie mich doch machen. Ich hole mir den Apparat aus Zimmer zehn und schließe ihn bei mir an. Den kaputten stelle ich dann rüber.“
    „Der passt nicht, das geht nicht“, antwortet sie und hat mittlerweile die Treppe erklommen, keucht und schnaubt wie ein Nilpferd.
    „Das ist doch ganz einfach“, sage ich. „Den Stecker ins Netz und das Antennenkabel in die Buchse und fertig ist die Laube.“
    Die Alte glaubt mir nicht. Schaltet den Fernseher an, und nichts passiert. Jetzt sieht sie, dass ich auf dem unbenutzten Teil des Doppelbettes eine Jacke und Hose abgelegt habe, und pampt mich an: „Da gehört nichts rauf. Jetzt muss ich das morgen auch noch beziehen.“
    Mir platzt der Kragen: „Jetzt reicht’s mal, gute Frau. Sie werden langsam unverschämt. Ich hole mir jetzt den Apparat aus dem Zimmer, und Sie gehen nach unten.“ Gesagt, getan. Doch die Alte

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