Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten
keine Massenerscheinung. Warum?
Je nun, die Antwort liegt buchstäblich in einem schwer gesicherten Tresor irgendwo in Texas als dem historischen Zentrum der amerikanischen Ölindustrie, und zwar in Form eines Patents, das bei Bekanntwerden die Ölmultis über Nacht an den Bettelstab brächte, weil es das Autofahren mit Wasser oder Luft ermöglichen würde … Weshalb es natürlich aufgekauft oder geraubt und der Erfinder gekauft oder mundtot gemacht oder sonst wie … behandelt würde; hier darf man einsetzen, was die jeweilige Verschwörungstheorie vorgibt. Sie glauben das nicht? Ich auch nicht so recht. Wenn die populäre Antwort nicht stimmt, bleibt nur eine weniger populäre: Aus dem Elektroauto wurde bisher nichts, weil der gewöhnliche Autofahrer nicht nur sechzig oder hundert Kilometer weit fahren will, sondern nach München oder Berlin oder Wien (von wo auch immer), und falls er dazu tanken muss, will er dafür drei Minuten aufwenden und nicht acht Stunden an einer Steckdose hängen. Ganz einfach.
Was ist mit Wasserstoff? Der ließe sich im Prinzip aus Wasser herstellen – mit Ökostrom, versteht sich.
Mit der Wasserstofftechnologie ist es allerdings wie bei »Warten auf Godot« – dieser Godot, auf den Estragon und Wladimir das ganze Stück hindurch warten, kommt nämlich nicht. Immerhin lässt er ausrichten, er käme schon noch – ähnlich ist es mit der Wasserstofftechnologie. Immer heißt es: Jetzt müssten die politischen Voraussetzungen geschaffen werden, sonst wird es nichts mit dem Wasserstoff. Aber ganz ähnlich hat es schon vor fast vierzig Jahren bei der ersten Ölkrise geklungen. Passiert ist nichts Entscheidendes … Die Crux beim Wasserstoff sind neben seiner Herstellung aus Erdgas seine Eigenschaften: Wasserstoff ist ein Gas – ein leichtes Gas, das leichteste aller Gase überhaupt, weshalb man es ja früher auch in die Zeppeline eingefüllt hat. Ein Kubikmeter wiegt nur 90 Gramm, der Energieinhalt dieser Menge liegt unter realistischen Bedingungen bei 3 Kilowattstunden, weniger als ein Drittel des Energieinhaltes von Erdgas. Also muss man das Gas komprimieren, normalerweise bei 200 Atmosphären Druck in Stahlflaschen. Zum Beispiel enthält ein halbmeterdicker Stahltank bei diesem Druck rund 100 Kilowattstunden, den Gegenwert von 10 Litern Benzin. Allerdings wiegt er über 300 Kilo! Sehr weit kommt man damit nicht. Zum Vergleich: Ein Liter ganz normales Pflanzenöl enthält 130 Gramm Wasserstoff chemisch gebunden – um rein durch Druck 130 Gramm Wasserstoff in einem Liter unterzubringen, müsste ich ihn auf über 1400 Atmosphären komprimieren, großtechnisch möglich, im Auto völlige Illusion. Also flüssiger Wasserstoff? Die periodisch aufflammende Euphorie hinsichtlich Flüssigwasserstoff ist nicht recht verständlich. Das Zeug ist immerhin -250 Grad kalt und hat als tiefkalte Flüssigkeit nur 40 Prozent des Energieinhaltes von Benzin, denn flüssiger Wasserstoff ist elfmal leichter als Benzin. Der Tank muss sehr gut gegen Wärmeverluste isoliert werden, er ist nicht einfach eine große Thermosflasche. Mit dem Gewicht der Superisolation erreicht das System eine Energiedichte von knapp 5 Kilowattstunden pro Kilo, etwa die Hälfte eines Benzintanks. Flüssigen Wasserstoff zu tanken ist bis jetzt eher etwas für Chemieingenieure, weil die Zuleitungen natürlich ebenfalls auf tiefe Temperaturen gekühlt werden müssen. Aber auch im stark isolierten Tank wird der Wasserstoff allmählich verdampfen, egal ob das Auto steht oder fährt; das Gas muss durch (mehrfach vorhandene!) Sicherheitsventile entweichen können, sonst explodiert der Tank.
Sieht alles nicht sehr erbaulich aus. Eine Möglichkeit gäbe es allerdings: Wasserstoffperoxid .
Der deutsche Ingenieur Hellmuth Walter war schon Mitte der Dreißigerjahre vom Militär beauftragt worden, eine Gasturbine zu entwickeln. Dabei stieß er auf Wasserstoffperoxid als Antriebsstoff. Diese Substanz ist eine Art Wasser mit Extra-Sauerstoff. Fügt man winzige Mengen bestimmter Salze hinzu, zerfällt sie schnell in Wasser und Sauerstoff.
Dabei entsteht eine beträchtliche Wärmemenge: 400 Wattstunden pro Kilogramm des Gemisches. Das Wasser wandelt sich in 480 Grad heißen Dampf um, der eine Turbine antreibt. Dieser sogenannte »Walter-Prozess« wurde in Motoren, Turbopumpen, vor allem aber in U-Booten eingesetzt. Die »Walter-U-Boote« waren unerhört schnell. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte ihnen nur deshalb nicht die Zukunft, weil man
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