Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten
Malaria zum Opfer, am Niedergang Griechenlands in den folgenden Jahrhunderten war sie zumindest beteiligt – Alexander der Große starb 323 v. Chr., erst dreiunddreißig Jahre alt, innerhalb von zwölf Tagen an Malaria.
Auch in der Geschichte Roms finden sich Spuren der Krankheit. Die Gründe sind dieselben wie in Griechenland: Abholzung zum Flottenbau, vermehrte Erosion, Versumpfung der Ebenen. Mit der Einführung der Latifundien, ausgedehnter Landgüter, die von Sklavenheeren bewirtschaftet wurden, verfielen die früher von den Etruskern angelegten Entwässerungssysteme allmählich; die »Pontinischen Felder« südlich der Hauptstadt waren schon im vierten vorchristlichen Jahrhundert, als die Via Appia gebaut wurde, zu den gefürchteten Pontinischen Sümpfen geworden – und das blieben sie buchstäblich 2300 Jahre lang bis ins 20. nachchristliche Jahrhundert – eine Brutstätte der Malaria. Der Sumpf wurde nicht etwa gemieden, weil man darin versinken konnte, sondern weil sich Menschen im ganzen Gebiet einfach nicht aufhalten konnten, ohne dem Sumpffieber zum Opfer zu fallen. Die Pontinischen Sümpfe waren das prominenteste, aber nicht einzige Beispiel in Italien. »Quartana te teneat« – »Das Viertagefieber soll dich holen!« – war der übelste Fluch der Römer. Während der Völkerwanderung war die Malaria durch den Zusammenbruch der Landwirtschaft in Italien so endemisch geworden, dass sie der Halbinsel sogar einen gewissen Schutz vor Invasoren bot: Eher die Malaria als die Reden Papst Leos III., der ihm entgegengezogen war, soll im Jahre 452 den Hunnenkönig Attila vor den Toren Roms haben umkehren lassen; die Seuche war in seinem Heer schon ausgebrochen.
Im Mittelalter wirkte die Malaria besonders fatal auf die vielen deutschen Ritterheere, die jahrhundertelang nach Italien zogen, um die Ansprüche des jeweiligen deutschen Königs durchzusetzen; dass dies nur teilweise gelang, ist auch der Malaria zuzuschreiben. Die Stadt Rom konnte überhaupt nur im Winter belagert werden, in der Malariasaison von Juni bis September war jedes fremde Heer nicht nur einfach geschwächt, sondern lief Gefahr, völlig vernichtet zu werden. Prominente Malariaopfer waren die Könige Otto II., Heinrich III., Lothar III., Heinrich VI., Konrad IV., Heinrich VII. und Rainald von Dassel, der Kanzler Barbarossas. »Ich fürchte nur Gott und Italiens brennenden Himmel!«, soll einer der Könige ausgerufen haben.
Noch deutlicher zeigt sich der Einfluss des Fiebers bei den acht »deutschen« Päpsten. Deren Pontifikate waren nämlich merkwürdig kurz; zusammen brachten sie es auf knapp vierzehn Jahre, weshalb früher angenommen wurde, die bösen Italiener hätten die ungeliebten Hirten aus dem Norden allesamt vergiftet. Aber schon der erste der Reihe, Gregor V., starb nach nur dreijähriger Amtszeit im Jahre 999 am Sumpffieber. Den Höhepunkt erreichte das deutsche Papststreben aber im 11. Jahrhundert. Der Job in Rom wurde zum Himmelfahrtskommando: Von 1046 bis 1058 besetzten in Folge(!) nicht weniger als fünf Päpste aus Deutschland den Stuhl Petri und starben nacheinander an der Malaria. Erst fast fünfhundert Jahre später hat man es noch einmal mit einem Nordlicht probiert, dem Niederländer Hadrian VI. – Papst war er nicht ganz zwei Jahre. Woran starb er? Genau, an der Malaria (1523). Dem wieder ein halbes Jahrtausend später gewählten Benedikt XVI. aus Marktl am Inn wird dieses Schicksal erspart bleiben; der Heilige Vater wird sterben wie wir alle, aber höchstwahrscheinlich nicht an der Malaria, die in Europa verschwunden ist.
Bezeichnenderweise hat von den deutschen Königen nur einen die Malaria in Ruhe gelassen. Der war in Ancona geboren worden und hatte die erste Infektion schon als Kleinkind er- und überlebt; er besaß eine gewisse Immunität, ebenso seine sarazenischen Soldaten: Friedrich II., stupor mundi , »Das Staunen der Welt«. Aber Malaria konnte man sich nicht nur in Italien holen. Ein berühmtes Opfer, Albrecht Dürer, zog sie sich in den Niederlanden zu, er wurde nie mehr gesund und starb 1528. Acht Jahre vorher war Raffael mit nur siebenunddreißig Jahren der Malaria erlegen.
Es starben auch nach der Entdeckung der heilenden Chinarinde im 17. Jahrhundert noch viele Leute an Malaria, die sich das teure Mittel hätten beschaffen können: zum Beispiel Oliver Cromwell. Wie die meisten Protestanten lehnte er eine von den papistischen Jesuiten vertriebene Droge ab. Auch die angesehensten Ärzte der Zeit
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