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Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Titel: Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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Schwindsucht. Wenigstens bis jetzt war das so.
    Es darf sich nun im Lichte dessen jeder überlegen, was dann unter Postmoderne zu verstehen wäre …

Alkohol
    C 2 H 5 OH dürfte nach H 2 O (Wasser) die bekannteste Summenformel der Chemie sein. Alkohol also, oder Äthanol. Eine recht einfache Sache: eine kurze Kette aus zwei Kohlenstoffatomen (C), rundum garniert mit Wasserstoffatomen, nur rechts hat sich ein Sauerstoffatom (O) dazwischengeschoben, das ist schon der ganze Alkohol. Ohne den Sauerstoff heißt das Molekül Äthan, mit Sauerstoff Äthan ol . Diese Endung -ol kennzeichnet in der Chemie ganz allgemein die Alkohole; verwirrenderweise wird sie auch noch für andere Strukturelemente gebraucht, was uns hier aber nicht zu beunruhigen braucht.

    Das -ol war ursprünglich ein -ul in der Bezeichnung al quhul , arabisch für »das Feine«. Viele Zeitgenossen werden bezeugen, dass Alkohol etwas Feines ist, gemeint ist hier aber fein in Form von feinem Pulver, nämlich das Metall Antimon, fein gepulvert zur Verschönerung der Augen. Später ging das Wort in die Sprache der Alchimisten über und bezeichnete das Ergebnis einer Destillation; erst der berühmte Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, verwendete alcool vini im Sinne des heutigen Sprachgebrauchs als Produkt einer ganz bestimmten Destillation, nämlich der des Weines. Das war jetzt eindeutig kein Pulver mehr, sondern flüssig.
    Das eine Sauerstoffatom macht einen großen Unterschied zum Äthan. Das ist bei Raumtemperatur ein Gas, erst bei minus 88 Grad wird es flüssig, Alkohol dagegen ist bei Raumtemperatur bekanntlich flüssig, erst bei plus 78 Grad fängt er an zu sieden, ein Unterschied im Siedepunkt von 166 Grad, alles nur wegen des einen Sauerstoffs? – Ja! Der Grund liegt in der Bindung zwischen dem Sauerstoffatom und dem einen daran hängenden Wasserstoffatom ganz außen: Diese Bindung ist nicht gleichmäßig; die beiden Elektronen, die sich zwischen Sauerstoff und Wasserstoff aufhalten (und die Bindung ausmachen), sind überwiegend näher beim Sauerstoff konzentriert, weshalb das Wasserstoffatom ziemlich frei herumschlenkert und sich den Sauerstoffatomen anderer Alkoholmoleküle annähert. Infolgedessen kann man gar nicht genau sagen, wer jetzt wo eigentlich dazugehört, alles hängt irgendwie mit allem zusammen wie bei einem Beziehungsgeflecht. Wenn jetzt ein Alkoholmolekül den Verband in die Gasphase verlassen soll (beim Verdampfen), wird eine höhere Temperatur nötig. Beim Wasser H 2 O ist das Phänomen sogar noch schlimmer, es hat ja zwei Wasserstoffatome, die sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden können. Der Siedepunktsunterschied zum fast gleich schweren Methan (CH 4 ), dem einfachsten Kohlenwasserstoff, beträgt 262 Grad (Wasser siedet bekanntlich bei plus 100, Methan dagegen bei minus 162 Grad)!
    Mischt man Wasser mit Alkohol, geht diese Wasserstoffbrückenbinderei sozusagen auch quer über die Artgrenzen hinweg, es kommt zu einer innigen Verbrüderung, weshalb man Wasser und Alkohol in jedem Verhältnis mischen kann – und fast in jedem Mischungsverhältnis kommen alkoholische Getränke auch auf diesem Planeten vor, vom russischen Kwas mit 1 Prozent Alkohol bis zum österreichischen Rum mit 80 Prozent. Da wir gerade dabei sind: Auch Lebensmittel, denen man es nicht ansieht, enthalten Alkohol, reife Bananen zum Beispiel 1 Prozent, Apfelsaft 0,4 Prozent, sogar Brot 0,3 Prozent. Alkoholfreies Bier darf 0,5 Prozent Alkohol enthalten; für trockene Alkoholiker nicht wegen dieser Menge ein Problem (sonst würden sie ja auch von Bananen rückfällig), sondern wegen des Biergeschmacks, der dann zum Genuss von echtem Bier überleitet.
    Wie entsteht Alkohol? Durch Gärung von Zucker oder Stärke. Die berühmte Gleichung, die den Prozess beschreibt, stellte der Franzose Gay-Lussac schon 1815 auf.

    Ein Molekül Traubenzucker ergibt zwei Moleküle Alkohol und zwei Moleküle Kohlendioxid. Wenn Sie die einzelnen Atomsorten auf beiden Seiten zusammenzählen, werden Sie feststellen, dass die Gleichung stimmt: Links und rechts stehen von jeder Seite gleich viele. Etwas praktischer ausgedrückt: Aus 18 Kilo Zucker werden 9,2 Kilo Alkohol und 8,8 Kilo Kohlendioxid. Das ist doch schon mal was, rund die Hälfte vom eingesetzten Zucker kriegt man als Alkohol raus, die andere Hälfte entweicht von selber, weil diese Hälfte ein Gas ist; man braucht also nichts abzutrennen, bei den meisten chemischen Reaktionen läuft das nicht

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