Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten
so bequem ab.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts stellte man fest, dass der Prozess nur mit Hefepilzen abläuft. Wie bitte …? Seit wann wird denn Alkohol erzeugt? Wie bei so vielen Dingen geht man auf der Suche nach ihrem Ursprung nicht fehl, wenn man sich ins alte Ägypten begibt: In Schriftrollen aus der dritten Dynastie stehen Hinweise auf alkoholische Getränke. Diese Dynastie beginnt 2700 v. Chr. Aha. Und erst sage und schreibe viertausendsechshundert Jahre später kommt man darauf, dass dafür Hefepilze nötig sind?! So ist es. Hefepilze kommen sehr häufig vor, ihre Sporen fliegen überall herum; sobald sie also in eine zuckerhaltige Lösung fallen, fängt die Gärung an? Ganz so einfach ist es nicht: Man muss die zuckerhaltige Lösung irgendwo »einsperren«, in einen verschließbaren Behälter schütten. Die Lösung braucht auch keine klare Lösung im Laborsinn zu sein, realiter waren und sind das bei den Völkern der Erde irgendwelche Maischen aus zerquetschten Früchten oder mit Wasser angerührtes zerstoßenes Getreide, im Prinzip eine wässrige Pampe. Deckel zu, warten. Und warm sollte das Ganze gehalten werden, die Umgebungstemperatur von 30 Grad in Ägypten und Mesopotamien ist ideal. Es bilden sich Bläschen und Blasen, die sich zu Schaum verdichten, nach ein paar Tagen hört das auf, man kann die Masse jetzt filtrieren oder aber gleich trinken, für den Alkoholgehalt ist das einerlei. Das Ergebnis trägt viele Namen rund um den Erdball. Wo immer zucker- oder stärkehaltige Gewächse vorkommen, lässt sich nach dieser einfachen Methode eine Art Bier gewinnen.
Der Prozess ist von außen betrachtet so einfach, dass sich seine Ursprünge im Dunkel der Vorgeschichte verlieren; der erste Brauer ist so unbekannt wie der Erfinder des Rades – von innen betrachtet ist der Vorgang jedoch so komplex, dass seine Aufklärung bis ins 20. Jahrhundert gedauert und mehrere Nobelpreise eingebracht hat. Keine Angst, mit komplizierter Biochemie werden wir uns hier nicht befassen. Nur so viel: Auch die Hefepilze sind »Atmer« wie wir alle, das heißt, sie brauchen zur Aufrechterhaltung ihrer Lebensvorgänge Luft. Beziehungsweise den darin enthaltenen Sauerstoff. Damit verbrennen sie Nährstoffe, und von der Energie, die frei wird, leben sie. Wenn man uns die Luft vorenthält, ersticken wir; die Hefe hat es besser, sie kann auf ein biochemisches Notprogramm aus der Frühgeschichte des Planeten umsteigen, als die Atmosphäre des Planeten noch keinen Sauerstoff enthielt (und der Zeitreisende, kaum dass er aus der Zeitmaschine ausgestiegen ist, blau anläuft …)
Dieses Notprogramm ist die Gärung . Auch dabei werden Nährstoffe abgebaut, aber nicht zu Kohlendioxid und Wasser wie bei der Atmung, sondern zu einem Produkt, das energetisch weit oberhalb angesiedelt ist: in unserem Fall Alkohol. Soll heißen: Das Produkt enthält noch eine recht bedeutende Energiemenge und kann verbrannt werden, was entweder in der Leber des schweren Alkoholikers vonstattengeht, der gleichsam davon lebt – oder im Automotor in Staaten wie Brasilien, die statt teures Benzin billigen Alkohol verfahren. Die Hefe widmet sich der Gärung nicht freiwillig. Wenn genügend Sauerstoff da ist, veratmet sie damit den Zucker wie sonst alle Welt; nur bei Sauerstoffausschluss wird vergoren. Für die Hefe ist das wirklich nur ein Notnagel: Bei der Atmung kann aus derselben Menge Zucker fünfzehn Mal mehr Energie gezogen werden als bei der Gärung! Hefe ist ein fakultativer Anaerobier, soll heißen: atmet mormalerweise, wenn’s nicht anders geht, schaltet sie auf Gärung um. Der Vorgang der Gärung ist bei allen Alkoholsorten derselbe, eine der kulturgeschichtlich wichtigsten ist der Wein.
Die ältesten Funde von Kernen aus Weinbeeren, die von Menschen angebaut wurden, sind etwa achttausend Jahre alt und stammen aus der Türkei. Das heißt, kurz nach der Sesshaftwerdung und der Erfindung des Ackerbaus wurde auch schon die Weinrebe vitis vinifera kultiviert – die »weintragende Rebe«. Diese Pflanze ist in einem breiten Gürtel beidseits des Äquators im gemäßigten Klima heimisch. Ein Fund aus Ägypten lässt auf Weinbau schon in vordynastischer Zeit schließen, also noch ehe das »Alte Reich« begann. Der »Skorpion-König« hatte sich vierhundert Weinkrüge mit ins 1988 entdeckte Grab geben lassen, die Aufschriften auf diesen Krügen sind die ersten phonetisch lesbaren Schriftzeichen der ägyptischen Kultur aus der Zeit um 3200 v. Chr. – die ersten
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