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Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Titel: Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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einer Zeitmaschine und einem Alkometer in jene alkoholfeuchten Zeiten reisen, so frage ich mich, ob wir in Stadt und Land einen einzigen Menschen mit null Promille angetroffen hätten …
    In der Rückschau des 19. Jahrhunderts verklärt der französische Historiker Jules Michelet (der den Ausdruck »Renaissance« geprägt hat) den Kaffee als Antrieb der Aufklärung und Emanzipation des Bürgertums: »Der Kaffee, dieses nüchterne, stark geistige Elixier, das ganz im Gegensatz zu den alkoholischen Getränken die Klarheit und Scharfsichtigkeit steigert. Der Kaffee, der die nebelhaften Imaginationen vertreibt, der aus der klar gesehenen Wirklichkeit den Funken der Wahrheit hervorschießen lässt … Der starke Kaffee von Santo Domingo, der von Buffon, von Diderot, von Rousseau getrunken wurde, erhitzte die heißen Herzen noch mehr und schärfte den Blick der Propheten, die an ihrem Zufluchtsort, dem ›Procope‹, versammelt waren, und die auf dem Grund des schwarzen Tranks den Zukunftsstrahl von ’89 erblickten.« Das »Procope« ist ein berühmtes Pariser Kaffeehaus, gegründet 1686. Es besteht noch heute. Der Staatstheoretiker Montesquieu hatte das umstürzlerische Potenzial des Kaffees schon viele Jahre vorher angeprangert: »Wenn ich Herrscher dieses Landes wäre«, schrieb er, »würde ich die Kaffeehäuser schließen, denn denjenigen, die diese Orte aufsuchen, erhitzen sich die Köpfe gar sehr. Ich sähe sie sich lieber in den Wirtshäusern betrinken: zumindest würden sie dabei nur sich selbst schaden, während der Rausch, den sie vom Kaffee bekommen, sie zu einer Gefahr für die Zukunft des Landes macht.« Tatsächlich ging ein Anstoß zur Revolution dann auch von einem Kaffeehaus aus: Am 12. Juli 1789 bestieg Camille Desmoulins im Garten des Café du Foy einen Tisch, schwang seinen Degen und rief in die Menge: »Zu den Waffen!« Die Revolution nahm ihren Lauf.
    Kaffee ist wahrscheinlich das wichtigste Genussmittel des Abendlandes. In einer Tasse Kaffee sind je nach Zubereitung zwischen 50 und 150 Milligramm Coffein enthalten, die tödliche Dosis liegt übrigens bei 11 Gramm der reinen Substanz, das entspräche über 100 Tassen Kaffee auf ein Mal. Kaffee enthält aber noch andere Substanzen, zum Beispiel Kahweol und Cafestol , dessen Struktur in den fünfziger Jahren übrigens von Carl Djerassi aufgeklärt wurde – das ist der Mann, der die »Pille« erfunden hat. Die beiden Kaffeeinhaltsstoffe schützen vor Dickdarmkrebs – so das überraschende Resultat von Tierversuchen, in denen man chemische Krebsauslöser verfüttert hat, woraufhin sich Vorstufen von Dickdarmkrebs bildeten: Darauf wurden die Kaffeeinhaltsstoffe verfüttert, und die Geschwülste in Dickdarm und Leber gingen wieder zurück. Allerdings sollte man den Kaffee als Espresso trinken, beim Filterkaffee bleiben die Schutzstoffe leider im Filter hängen. Die beiden Stoffe stimulieren außerdem ein Entgiftungssystem in der Leber, wodurch ganz allgemein die Widerstandsfähigkeit gegen Gifte erhöht wird. Das Koffein verhindert das Absinken des Botenstoffes Dopamin im Gehirn, Kaffeegenuss senkt demnach das Risiko, an Parkinson zu erkranken. Die Röststoffe des Kaffees reizen manchmal die Magenschleimhaut; wenn man den Kaffee mit Milch trinkt, bleiben diese Stoffe länger im Magen, wer einen empfindlichen Magen hat, sollte auf die Milch also verzichten! Den Blutdruck kann man mit Kaffee übrigens nicht erhöhen.
    Kaffee ist nach Wasser das am meisten konsumierte Getränk der Welt: 400 Milliarden Tassen jedes Jahr. Seit den Siebzigerjahren wird in vielen Medien und offiziellen Statistiken die Behauptung ventiliert, Kaffee stehe bei den Handelsgütern an zweiter Stelle nach dem Erdöl – eine unausrottbare Legende. Kaffee steht wertmäßig allerdings an zweiter Stelle nach Erdöl bei den Produkten, die von den Entwicklungsländern produziert werden. Viel wichtiger als der nominelle Wert der Exporte: Circa fünfundsiebzig Millionen Menschen auf der Welt leben in der einen oder anderen Form vom Kaffee!
    Von den 66 Arten der botanischen Gattung Coffea werden nur zwei kommerziell genutzt: Coffea robusta , ein Baum, der am besten im warm-feuchten Klima gedeiht. Seine Samen enthalten bis zu 2,8 Prozent Koffein. Dagegen erreicht der Koffeingehalt von Coffea arabica nur 1,5 Prozent. Allerdings schmeckt diese Sorte viel besser, ist auch viel teurer.
    Den unvergleichlichen Geschmack erhält der Kaffee erst durch das Rösten der Bohnen. Dabei verbinden sich bei

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