Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten
je höher der Gasdruck über der Flüssigkeit ist – klingt logisch, war aber bis zu den Versuchen des englischen Arztes und Chemikers William Henry unbekannt. 1803 hat er seine Untersuchungen veröffentlicht. William Henry erkannte auch, dass Ammoniak aus einem Teil Stickstoff und drei Teilen Wasserstoff besteht, also durch die Formel
NH 3
beschrieben wird – damit ist sie die einfachste Formel, die in diesem Buch vorkommt, und nach dem Wasser (H 2 O) die einfachste Formel einer chemischen Verbindung überhaupt.
Der Name Ammoniak leitet sich vom sal ammoniacum her, derselbe Wortstamm steckt im Salmiak. Sal heißt »Salz«, das Adjektiv ammoniacum bezieht sich auf den Jupiter Ammon , der in der westägyptischen Oase Siwa verehrt wurde. Amun war ja der Hauptgott der Ägypter – und was hat der jetzt bitte mit Jupiter zu tun? Schuld an dieser »Vereinheitlichung« war Alexander der Große, der 331 nach der Eroberung Ägyptens in die Oase reiste, um das dort ansässige berühmte Orakel zu befragen, ob es okay sei, wenn er, Alexander, von nun an den Posten des Pharaos übernehme und sich als Sohn des Amun bezeichne. Das Orakel beeilte sich, in Gestalt des diensthabenden Oberpriesters beide Fragen zu bejahen. Beruhigt zog Alexander ab. Amun, Jupiter – in der Auffassung der Griechen war das ohnehin mehr oder weniger dasselbe.
Sal ammoniacum bezeichnete ursprünglich normales Kochsalz, erst später ging der Name auf Ammoniumchlorid über, eine Verbindung von Ammoniak und Chlorwasserstoff. Salmiak wurde schon in der Antike aus verfaultem Urin und Salz gewonnen, auch aus dem Ruß von brennendem Kamelmist … Alles eher unerfreuliche Verfahren. Unerfreulich sind auch die Eigenschaften von Ammoniak: Das stechend riechende Gas ist giftig (zum Vergleich: das Blausäuregas Cyanwasserstoff etwa zwanzig Mal giftiger); hohe Konzentrationen werden aber nur selten eingeatmet, weil der unerträgliche Geruch geringster Mengen den Menschen warnt.
Das Ammoniakgas wird schon bei minus 33 Grad flüssig – oder schon bei plus 20 Grad, wenn man das Gas mit 9 Atmosphären Druck komprimiert. Flüssiges Ammoniak ist farblos, lässt man es unter normalem Luftdruck verdampfen, kühlt es sich stark ab, darauf beruht die Verwendung in Kühlanlagen. Aus Haushaltskühlschränken wurde Ammoniak wegen seiner Giftigkeit und Brennbarkeit schon lange verbannt, man ersetzte es durch chlorierte und fluorierte Kohlenwasserstoffe, die weitgehend ungiftig sind und nicht brennen. Dafür zerstören manche die Ozonschicht, wenn sie in die Atmosphäre gelangen. Vielleicht wäre man doch besser beim Ammoniak geblieben …
Aber die Verwendung als Kältemittel rechtfertigt natürlich nicht das Vorkommen des Ammoniak in dem Dutzend Substanzen, »die die Welt veränderten«. Die weltverändernde Potenz dieses Gases liegt in den Produkten, die man daraus herstellt: Düngemittel und Sprengstoff.
In diesen beiden Stoffgruppen zeigt sich der merkwürdig janusgesichtige Charakter der Substanz, der sogar auf den Menschen abgefärbt zu haben scheint, dessen Name mit der Synthese des Ammoniaks verbunden ist: der Chemiker Fritz Haber. Davon später. Bleiben wir zunächst bei der vorderen Seite der Medaille, beim Dünger.
Über die Bodenfruchtbarkeit herrschten vor der Epoche der Aufklärung seltsame Vorstellungen. Justus von Liebig beschreibt die herrschende Auffassung 1840: »Man glaubte an eine geheimnisvolle Kraft im Boden, die ewig und immer Pflanzen hervorbringen sollte. Diese Kraft war nach den damaligen Vorstellungen erweckbar durch die Kunst des Landwirts, ähnlich den ernährenden oder arzneilichen Kräften, welche die frühere Physiologie und Medizin in den Nahrungs- und Arzneimitteln voraussetzte. Die Wirkung dieser Kraft in Beziehung auf die Steigerung der Erträge sollte abhängen von einem Kreislauf an organischen Stoffen, die in Form von Humus das Leben der Pflanzen und in Form von Pflanzenteilen das der Tiere und Menschen in seiner Wiederkehr vermittelte.«
Der letzte Satz des Zitats beschreibt eine organische Kreislaufwirtschaft, die den Bio-Bewegten und sich gesund Ernährenden unserer Tage ans Herz gewachsen ist; man übersieht heute nur, dass schon im 18. Jahrhundert der schöne Stoffkreislauf mehr und mehr abgewürgt wurde, weil die nötigen Mengen natürlichen Düngers immer schwerer aufzubringen waren. Eine wachsende Bevölkerung in Mitteleuropa nahm immer mehr landwirtschaftliche Flächen für die eigene Ernährung in Anspruch, da blieb für
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