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Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Pistole.
    „Na los, kommen Sie rein!“ knurrte Dreyer.
    Ich stolperte in die Diele, als müßte ich plötzlich auf einem schlaff gespannten Sprungtuch laufen. Hinter mir fiel die Tür ins Schloß. Ich blieb neben der Garderobe stehen, links von Borkenhagen. Dreyer ließ uns nicht aus den Augen. Keiner wußte was zu sagen. Hinter Dreyer tickte eine schwere Standuhr, sonst war es still.
    Dann grinste Borkenhagen. „Welch widriger Wind hat Sie denn hierhergeweht?“
    „Ich…“ Mir fiel das Sprechen schwer, mein Mund war ausgetrocknet. Ich wußte nicht, was sich zwischen den beiden abgespielt hatte; ich sah nur die Pistole. Immerhin schien Borkenhagen Oberwasser zu haben. So entschloß ich mich zum Angriff. Ich sagte: „Der Mann, der Guido niedergeschlagen hat, um das Buch mitzunehmen, hat sein Lesezeichen verloren: eine Theaterkarte der Freien Volksbühne. Durch einen dummen Zufall habe ich sie unter Guidos Couch gefunden. Ich bin der Sache nachgegangen: eine gewisse Elisabeth Dreyer hat seinerzeit die Karte bekommen – die Mutter unseres Freundes hier… Die hat mir auch gesagt, wo ich Sie finden kann, Herr Dreyer.“
    „Gratuliere!“ sagte Dreyer.
    „Und was soll der Zirkus hier?“ fragte ich.
    Borkenhagen nahm ein Bild von einem niedrigen Schränkchen. „Kennen Sie das hier?“
    Ich sah genauer hin. „Nein. Aber es sieht nach van Gogh aus.“
    „Was meinen Sie, Doc, ist der echt?“ fragte Borkenhagen.
    „Klar is der echt!“ sagte Dreyer aggressiv.
    Ich wiegte den Kopf hin und her. „Ich weiß nicht so recht… Obwohl einiges dafür spricht. Aber ich bin schließlich kein Fachmann – und auch ein Fachmann könnte das nicht so auf Anhieb…“
    „Ich sag doch, er ist echt!“ unterbrach mich Dreyer. „Ich hab ja die Expertise.“
    „Wissen Sie auch, woher das Bild stammt?“ fragte Borkenhagen mich.
    „Wenn Sie so fragen…“ Ich zögerte einen Augenblick. „Ist das Bild das Motiv für den Mord an Nedomanski?“
    „Ich hab ihn nicht umgebracht!“ schrie Dreyer.
    „Er sagt, Nedomanski hat ihm das Bild geschenkt; er hat nicht gewußt, daß es echt ist.“
    „Und die Expertise?“ fragte ich.
    „Die hat er später gefunden und Nedomanski unterschlagen“, antwortete Borkenhagen.
    „Das ist doch kein Verbrechen!“ rief Dreyer.
    „Und warum haben Sie Guido niedergeschlagen?“ fragte ich.
    „Weil ich das Buch haben wollte, denn…“
    „Klar!“
    „… da waren Notizen von mir drin. Ich schreibe immer was an den Rand. Und das Schlimme war, ich hatte das Buch im Frühjahr gelesen. Wenn die Kripo das Buch gefunden hätte, wär ich gleich der Täter gewesen… Das war Notwehr!“
    „Dann haben Sie mir den rechten Vorderreifen zerstochen?“
    „Ja, hab ich. Ich hab zugehört, wie Sie mit Frau Nedomanski gesprochen haben, und dann… Ich mußte vor Ihnen bei Guido sein!“
    „Aha! Und warum haben Sie die ganze Zeit über die Schau mit dem Häuschen Ihrer Großmutter und den Kopien Ihres Großvaters abgezogen? Doch nur, um den van Gogh zwischen die Bilder hier zu stecken, so daß alle annehmen mußten, er hätte die ganze Zeit über hier gestanden.“
    Dreyer lächelte. „Nedomanski hat mir das Bild geschenkt, verstehen Sie!“
    „Und warum hat er dann den Kunsthändler angerufen und gesagt, er hätte einen echten van Gogh im Keller?“ fragte Borkenhagen.
    „Halt doch die Klappe!“ knurrte Dreyer. „Ich denke, du machst mit?“
    Ach, so war das! Mir ging ein Licht auf. Borkenhagen, der Geschäftstüchtige… Oder Borkenhagen in Notwehr? Oder beides?
    Borkenhagen machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das bleibt ja sowieso alles unter uns.“
    Dreyer hob unwillkürlich die Hand mit der Pistole. „Was denn – soll ich vielleicht durch drei teilen?“
    „Natürlich“, sagte ich, nachdem ich einen schnellen Blick Borkenhagens aufgefangen hatte. „Sie wissen doch, daß das Bild von Rechts wegen Nedomanskis Erben gehört. Oder Schierbaums Erben, wenn es welche gibt. Außerdem stehen Sie unter Mordverdacht.“
    „Ach nee!“
    „Sie kannten den Inhalt des Buchs ganz genau; Sie merkten, was sich Nedomanski für seine Geburtstagsparty ausgedacht hatte – Sie sind doch kein Schwachkopf! Nach dem Kurzschluß sind Sie in Nedomanskis Zimmer gegangen – und zwar in dem Augenblick, als Raabe und Walter Nedomanski schon wieder draußen waren… Moment mal: Haben Sie den Kurzschluß etwa absichtlich…?“
    „Quatsch! Da können Sie Ina fragen, das Mädchen: Die weiß, daß ich ein paar

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