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Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Tage vorher eine Sicherung geflickt habe; wir hatten keine im Haus. Ich hab dann vergessen, welche zu besorgen. Und dann ist das Ding halt durchgeknallt…“ Er grinste. „Aber Sie vergessen die Hauptsache: Walter Nedomanski hat ein Geständnis abgelegt!“
    „Gott, ja…“ Borkenhagen gähnte, aber es wirkte nicht sehr echt: „Wenn er dabei bleibt…“
    „Das Bild gehört mir!“ sagte Dreyer mit Nachdruck. „Ich hab ein Recht darauf.“
    „… weil ich Nedomanski seinetwegen ermordet habe“, ergänzte ich.
    Dreyer schwieg. Er hob die Pistole und ließ die Mündung von Borkenhagen zu mir wandern und wieder zurück zu Borkenhagen. Borkenhagen murmelte: „Nicht…“ Er war plötzlich sehr blaß.
    „Er knallt uns schon nicht über den Haufen“, sagte ich. „Das wäre Selbstmord.“ Ich sagte es viel zu laut, wie mir schien.
    Die Mündung schwankte wieder auf mich. „Sind Sie sicher?“
    „Ihre Mutter weiß, wo ich hingegangen bin!“ rief ich hastig.
    „Ehe man Ihre Leichen findet, bin ich schon in Kairo.“
    Ich riß mich zusammen. „Hören Sie doch auf mit dem Unsinn! Da kriegen Sie doch nur ein Butterbrot für Ihren van Gogh! Die hauen Sie doch übers Ohr, wenn die merken, daß Interpol Sie sucht!“
    „Na ja…“ Die Mündung wackelte ein bißchen, dann sank sie nach unten.
    Borkenhagen wurde wieder munter. „Teilen wir lieber! Die Hälfte für dich, je ein Viertel für uns.“
    „Mit dir ja, aber der da…“ Er wandte sich zu mir. „Ihnen trau ich nicht!“
    „Es ist aber die einzige Möglichkeit“, beharrte Borkenhagen.
    „Ich leg ihn um, und wir schaffen die Leiche weg… Wenn wir beide sagen, er ist nicht hiergewesen, kann uns keiner was beweisen.“
    „Du spinnst ja!“ sagte Borkenhagen spontan.
    „Ja, dann…“ Dreyer sah erst mich an, dann Borkenhagen. „Dann müßt Ihr eben beide dran glauben!“
     
     
    Blatt Nr. 27. Dreyer und Nedomanski beim Auffinden des Bildes. Eine Rekonstruktion.
    Ein Sommerabend, kühl und regnerisch. Max Nedomanski sitzt in seinem Arbeitszimmer und blättert im Wirtschaftsteil der Zeitung. Unternehmenspolitik bedeutet doch nichts anderes als die möglichst genaue Festlegung von Grundsätzen und Richtlinien, die die Zielsetzungen und das zukünftige Vorgehen des Unternehmens betreffen… Nedomanski gähnt, wirft die Zeitung beiseite, reckt sich. Die Gelenke knacken.
    Dabei fällt ihm ein, daß morgen Handwerker kommen sollen, um den alten Kohlenkeller zu einem Trainingsraum herzurichten. Ein Zimmerfahrrad, ein Rudergerät, ein Punchingball, eine Tischtennisplatte und zwei Hanteln sind schon bestellt. Der Arzt hat ihm körperliche Betätigung verordnet… Nedomanski nimmt den weißen Hörer und läßt es bei Dreyer oben klingeln.
    „Ja, bitte…?“
    „Komm mal runter. Wir wollen uns mal das Gerümpel im alten Kohlenkeller ansehen…“
    „Ja, ich komme.“
    Als sie die Kellertreppe hinuntergehen, sagt Dreyer: „Endlich fliegt der Mist mal raus! Der stört mich schon, so lange ich hier bin. Sagen Sie mal, warum haben Sie denn den Zimt so lange aufgehoben?“
    „Tja…“ Nedomanski zögert mit der Antwort. „Ich wollte mit dem Zeug nichts zu tun haben. Es war mir… unangenehm. Ich hab den Schierbaum nicht ins KZ gebracht, aber… Also, es war mir unangenehm. – Aber mal muß es ja sein…“
    Dreyer sagt nichts und denkt sich seins.
    Sie beginnen die Sachen durchzusehen, nach Brauchbarem zu suchen – Trödel steht ja wieder hoch im Kurs. Nedomanski entdeckt einen alten Inhalationsapparat; Dreyer stößt auf einen chinesischen Faltfächer, einen Stiefelknecht und eine total verrostete Brennschere.
    „Schade, daß es in Berlin keinen Flohmarkt gibt“, sagt Dreyer.
    „Wir finden schon Abnehmer“, lacht Nedomanski, „keine Angst! Wenn wir heute einen Zettel bei den Amerikanern an die Kaserne kleben, dann haben wir morgen das ganze Hauptquartier hier. Die Amis sind doch verrückt nach solchem Plunder, und… Du, sieh mal, was liegt denn da unter dem Vertiko?“ Er bückt sich und stößt mit den Fingerspitzen an den Nasenbügel einer Lorgnette, einer alten Stielbrille.
    „Die kann man mal für ‘n Fasching gebrauchen“, sagt Dreyer.
    „Eben – darum will ich sie ja haben.“
    Aber die hübsche Kette der Stielbrille wird vom Fuß des Vertikos eingeklemmt.
    „Komm, wir tragen das Ding mal raus, dann haben wir mehr Platz hier“, sagt Nedomanski.
    Sie rücken den verstaubten Zierschrank ein paar Zentimeter von der Wand ab und tragen ihn

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