Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen

Titel: Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
aus. „Das geht schlecht… Ich weiß ja gar nicht, was das Dings wert ist. Der Kunsthändler, den ich angerufen habe, kommt erst heute abend.“
    „Ach was! Ich zahle Ihnen 200 Mark an, den Rest kriegen Sie später.“
    Dreyer kaute an der Kuppe seines rechten Daumens. „Da war schon ein Freund von mir hier, der’s haben will.“
    „Ach, nun seien Sie mal nicht so! Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß – wer zuerst kommt…“
    „Eigentlich… Also, am liebsten möcht’ ich’s selber behalten… Da sind doch andere Kopien bei, die viel besser sind. Nehmen Sie doch die Brücke da… von… von…“
    „Renoir?“
    „Ja, von Renoir. Die laß ich Ihnen für 300 Mark…“
    „Wissen Sie, ich hab was gegen Renoir. Ich mag van Gogh lieber.“
    „Ja, aber… Nee. Den geb ich nicht weg!“
    „Sagen wir… Sagen wir, 500 Mark. Die Hälfte heute, den Rest morgen. Ich geh gleich zur Redaktion und hol mir mein restliches Geld… Na – ist das ein Angebot?“
    „Tut mir leid.“ Dreyer schüttelte den Kopf. „Da wird nichts draus.“
    Borkenhagen zog seine Brieftasche und suchte zwei Hundert-Mark-Scheine und einen Fünfziger heraus. Er wedelte damit wie mit einem Fächer und legte das Geld mit einer schnellen Bewegung auf ein kleines Regal. Dann nahm er das Bild von der Staffelei und klemmte es unter den Arm.
    „Heh…!“ Dreyer baute sich etwas breitbeinig vor ihm auf: „Laß das stehn!“
    „Komm – mach mal Platz!“ Borkenhagen stieß ihn mit dem linken Arm zur Seite. Er war einen Kopf größer als Dreyer und, obschon schlank, 30 Pfund schwerer.
    Dreyer gab den Weg frei.
    „Na also!“ Borkenhagen grinste. Vorsichtig balancierend, stieg er die steile Treppe hinab. „Wo geht’s denn hier auf die Straße raus?“
    „Hier geht’s überhaupt nicht mehr raus.“
    Borkenhagen fuhr herum.
    Dreyer hielt plötzlich eine Pistole in der Hand. „Stehenbleiben!“
    Borkenhagen glich sekundenlang einer schlecht gestellten Schaufensterpuppe. In seinem Gesicht war ein leeres Lächeln fixiert. Endlich kniff er die Augen zusammen. „Aha…“ sagte er schleppend.
    „Was – aha?“ fragte Dreyer.
    Von der Mündung der Waffe bis zu Borkenhagens Hosenbund waren es vielleicht 180 Zentimeter.
    „Das Bild ist also echt?“
    „Erraten!“ Dreyer grinste.
    „Darum also…“
    „Darum was?“
    „Darum mußte Nedomanski sterben.“
    „Wieso?“
    „Hier hinten auf dem Keilrahmen – “ Borkenhagen drehte das Gemälde langsam herum – „sitzt ein kleiner Stempel, kaum noch zu erkennen: Sammlung Professor Schierbaum.“
    „Na und?“
    „Das war der Mann, der vor Nedomanski das Haus in der Badenallee bewohnt hat. Er ist von den Nazis verhaftet worden, ziemlich plötzlich. Er hat gerade noch Zeit gehabt, sein wertvollstes Gemälde im Keller zu verstecken. Und da hat es bald dreißig Jahre gelegen – bis Nedomanski endlich mal den alten Kohlenkeller ausräumen wollte. Bei seinem schlechten Gewissen – er ist ja sicher so ‘n bißchen außerhalb der Legalität an das Haus gekommen – hat er sich vorher nicht rangetraut… Stimmt, nicht wahr?“
    Dreyer fand in der Seitentasche seines Anzugs ein Pfefferminzplättchen und steckte es in den Mund. „Sind Sie Hellseher?“
    „Nein; bloß ‘n halbwegs intelligenter Mensch.“ Borkenhagen wechselte das Standbein. „Kannste nich mal deine Kanone wegstecken?“ Er berlinerte plötzlich.
    „Sicher ist sicher.“
    „Das ohne Zweifel… Haste wohl auch gedacht, als de den alten Nedomanski umgelegt hast, was?“
    „Den alten… Wer – ich? Mann, du hast ja ‘ne Meise! Denkste, der Walter hat ‘n Geständnis abgelegt, wenn er’s gar nich war?“
    „Ja, das denke ich.“
    „Das wird dir nich viel nützen!“ Dreyer lachte auf.
    „Und dir wird das Bild nich viel nützen“, gab Borkenhagen zurück.
    „Den Stempel mach ich weg…“
    „Ich geh trotzdem zur Polizei und erzähl denen, woher dein van Gogh kommt!“
    „Dazu wirste keine Gelegenheit mehr haben…“ Dreyer stützte sich mit dem linken Arm auf die Klinke an der Badezimmertür.
    „Gib doch zu, daß du Nedomanski ermordet hast.“
    „Hab ich nich! Ich hatte auch gar keinen Grund dazu, Mensch!“
    Borkenhagen zog die linke Augenbraue hoch. „Nedomanski hat dir wohl das Bild geschenkt, was?“
    „Genau!“ Dreyer grinste.
    „Ach nee… Aber der hatte doch Ahnung von Kunst; der muß doch gleich gemerkt haben, daß…“ Er stutzte. „Ach so!“ Plötzlich hellte sich sein Gesicht wieder auf. „Klar,

Weitere Kostenlose Bücher