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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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darüber, dass ich nie wieder Vincents Hände, sein Gesicht, seinen Mund berühren würde, verschwand vorübergehend hinter den Hassgefühlen, die auf die Person gerichtet waren, die ihm das angetan hatte.
    Hör auf damit , ermahnte ich mich. Meine Rachefantasien auszuleben, würde Vincent auch nichts nutzen. Höchstens mir. Und selbst wenn es mir gelänge, Violettes Verbrechen zu vergelten, änderte das auch nichts an meinem Verlust. Ich musste weiterdenken. Rational.
    Gestern in Jeannes Zimmer hatte ich den Entschluss gefasst, einen Ausweg zu finden. Es musste doch etwas geben, das ich tun konnte. Vielleicht existierte irgendwo der Hinweis auf ein geheimes Ritual, mit dem ich Vincent von Violette befreien konnte. Vielleicht sogar ganz zurückholen. Meine Gedanken überschlugen sich, aber vielleicht gab es ja noch Hoffnung für ihn. Für uns!
    Doch noch während mir dieser Gedanke durch den Kopf schoss, dämpfte ein schneller Realitätscheck meinen Optimismus. In ihren Ruhephasen konnten Revenants zwar wieder mit verlorenen Gliedmaßen verwachsen oder sie sogar komplett regenerieren, aber keinen ganzen Körper aus dem Nichts. Wenn das ginge, wüssten Vincents Anverwandte doch darüber Bescheid.
    Aber vielleicht auch nicht , sagte ich mir. Konnte ja sein, dass Bran etwas wusste, das den Bardia unbekannt war. Und davon mal ganz abgesehen: Es musste einfach einen Weg geben, die Bindung zwischen Violette und Vincents Geist aufzuheben. Und diesen Weg würde ich finden. Dieser Entschluss katapultierte mich förmlich aus dem Bett und in meine Klamotten. Als ich einen Blick auf mein Handy warf und Jules’ SMS vorfand, war ich für alles bereit.
    Ich bin nicht mehr volant
und kann dir also auch wieder schreiben. Leider gibt es aber nichts Neues zu berichten. JB meint, es wäre am besten, wenn du und G den Tag hier bei uns verbringt. Ich versuche derweil, Vincent zu finden. Eure Eskorte erwartet euch vorm Haus.
    Ich klopfte an Georgias Zimmertüre. »Entrez« , rief sie. Zu meiner großen Überraschung war meine Schwester nicht nur wach, sondern bereits angezogen und komplett zurechtgemacht. Ihr Gesicht war merklich abgeschwollen, außerdem hatte sie mit dem Abdeckstift ganze Arbeit geleistet. Von all ihren Hämatomen waren nur noch ein paar vereinzelte gelbe Stellen an Kinn und Wange zu erkennen.
    Ich nickte zu ihrer Uhr. »Acht Uhr an einem Samstagmorgen? Unter normalen Umständen würde ich annehmen, dass du gerade erst von einer Party nach Hause kommst. Wenn ich dich nicht gestern Abend mit eigenen Augen im Schlafanzug gesehen hätte …«
    »Wir gehen doch zu La Mausoleum, oder etwa nicht?« Sie saß an ihrer Kommode vor dem Spiegel und sprühte etwas Schaum auf ihre Finger, den sie dann in ihren Haaren verteilte.
    »La Mausoleum?«, fragte ich.
    »Ich meine natürlich La Maison«, sagte sie mit einem schiefen Grinsen. »Ein Versprecher. Kann ja mal passieren. Bei all den Toten, die da so rumrennen.«
    Amüsiert schüttelte ich den Kopf. »Um ehrlich zu sein, möchte JB, dass wir den Tag dort verbringen. Das hat Jules mir gesimst.«
    »Das hab ich nicht anders erwartet«, sagte sie und tupfte sich abschließend noch etwas Rouge auf die Wangen. Dann sah sie zu mir. »Also … Wollen wir los?«
    Als wir die Küche betraten, war Mamie bereits dort und hob eine Augenbraue, erstaunt darüber, uns zu dieser frühen Stunde vollständig angezogen anzutreffen. »Es sieht ganz so aus, als würdet ihr schon wissen, dass man euch heute in ›La Maison‹ erwartet, wie ihr das Haus zu nennen pflegt.« Sie stellte die Cafetière auf den Tisch, goss sich eine Tasse Kaffee ein und setzte sich damit hin.
    »Euer Papy ist heute schon früh ins Geschäft aufgebrochen und Monsieur Grimod hat gerade angerufen. Wir sind uns einig, dass es am sichersten ist, wenn ihr beiden den heutigen Tag bei ihm im Haus verbringt. Selbstredend, Violette befindet sich nämlich sicherlich noch immer in Paris«, sagte sie sehr bestimmt.
    Ihre Stimme klang zwar ruhig, aber Mamie umklammerte den Henkel der Tasse so fest, dass es mich nicht überrascht hätte, wenn er abgebrochen wäre. Sie wusste, dass sie das Richtige tat, und doch gefiel ihr das alles ganz und gar nicht. Ich drückte sie kurz an mich und stürzte dann ein Glas Grapefruitsaft hinunter. Georgia trank mit großen Schlucken eine Tasse schwarzen Kaffee. »Dürfen wir unterwegs essen?«, fragte ich und hielt ein Croissant hoch.
    »Natürlich, ich bring euch noch bis vor die Haustür«, sagte

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