Von den Sternen gekuesst
signum bardia , weshalb ich überhaupt darauf kam, dass es sich hier um ein Stück Revenantgeschichte handelt. Das siebte Symbol – wenn man die Folge von rechts nach links liest – steht offenbar für Feuer«, fügte er hinzu und deutete auf den Kreis, in dessen Mitte eine einzelne Flamme geritzt war.
»Ein Messer mit ein paar Tropfen Blut«, sagte Papy und wies auf ein weiteres Emblem, »und daneben ein Fächer.« Das nächste Feld zeigte einen Stock, an dessen Ende ein Büschel Federn befestigt war.
»Das hier sieht aus wie eine Vase oder ein Krug«, murmelte ich und fuhr mit dem Finger über die Darstellung eines Tongefäßes, das auf beiden Seiten einen Griff hatte.
»Eine Amphore oder eine Kanne«, sagte Papy.
»Das ist das Symbol meiner Zunft.« Bran deutete auf den Kreis, in dem eine Hand zu sehen war, die aussah wie das Zeichen auf den Grabtüren: eine geöffnete Hand, die Handinnenfläche zum Betrachter gerichtet, eine winzige Flamme am Ende jedes abgespreizten Fingers.
Blieb noch ein Zeichen. Es stellte eine offene Schachtel dar, deren Deckel zur Seite geschoben war. »Und was soll das sein?«, fragte Jules, der bisher schweigend zugeschaut hatte.
»Eine Kiste«, sagte Papy und zuckte mit den Schultern. »Das ist kein mir geläufiges Motiv der Antike.«
Bran hatte einen Stift hervorgekramt und kopierte die Symbole in sein Buch. »Das signum und das Zeichen der Flammenfinger deuten darauf hin, dass an der Zeremonie sowohl Revenants als auch guérisseurs meiner Zunft beteiligt sein müssen«, sagte er. »Wenn wir das berücksichtigen, bleiben noch fünf Symbole in dieser Reihenfolge: das Gefäß, das Messer mit dem Blut, der Fächer, die Kiste und das Feuer.«
»Wie wär’s mit Wasser, Blut, Luft, Raum und Feuer?«, fragte ich und fuhr die Zeichen mit dem Finger ab.
»Im historischen Kontext stehen solche Krüge für Lehm oder Erde«, sagte Mr Gold. »Das Blut könnte man aufgrund seiner flüssigen Eigenschaft als Vertreter des Wassers sehen. Dann hätten wir Symbole für die vier Elemente, nur die Kiste passt nach wie vor nicht in den Kontext.«
Bran wirkte nachdenklich. »Das erinnert mich an irgendetwas. Es liegt mir gewissermaßen auf der Zunge, aber ich komme einfach nicht darauf.« Ich schielte hoffnungsvoll zu Papy.
»Wollen Sie einfach mal ungestört in sich gehen?«, schlug Mr Gold vor. »Streifen Sie doch ein wenig durch die Exponate, vielleicht sehen Sie ja irgendetwas, das Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge hilft.«
Bran nickte geistesabwesend und ließ sich an Ort und Stelle auf den Boden sinken, um wie gebannt das gigantische Räuchergefäß anzustarren. Als würde er damit rechnen, dass ihm die Antwort so in den Schoß fiele.
Papy entschuldigte sich und wanderte von Ausstellungsstück zu Ausstellungsstück. Dabei murmelte er Daten und Fakten vor sich her. Jules murmelte ebenfalls, doch bei ihm war ich mir sicher, dass sein Gemurmel Teil einer Unterhaltung war.
»Theodore«, sagte Jules, »Vincent und mir kommst du wahnsinnig bekannt vor. Sind wir uns schon einmal begegnet?«
Mr Gold lächelte. »Ja, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war ich in Paris. Im September 1939. Damals bereitete ich die Evakuierung der Sammlungen des Louvre vor. Ich half den französischen Kollegen dabei, sämtliche Kunstgegenstände einzupacken und an verschiedene Orte Frankreichs zu verschicken, wo sie vor den Truppen der Deutschen sicher waren. Zu der Zeit lernte ich auch Jean-Baptiste kennen.«
Obwohl das ganz nach einer privaten Unterhaltung klang, zwang mich meine Neugierde, mich ihnen wie zufällig ein bisschen zu nähern.
Jules nickte. »Vincent erzählt mir gerade, dass er da noch gar nicht in Paris war. Bist du seither noch einmal dorthin zurückgekehrt?«
Ein Schatten flog über Mr Golds Gesicht. »Ja, ich war in der Tat ein paar Jahre später noch einmal in Frankreich. Damals wütete ein erbarmungsloser Krieg zwischen den Pariser Bardia und Numa. Ein paar amerikanische Revenants kamen zur Unterstützung. Ich war der einzige von ihnen, der dabei nicht vernichtet wurde.«
»Genau«, entfuhr es Jules. »Du warst einer der Amerikaner, die in JBs Haus in Neuilly gewohnt haben.«
Mr Gold nickte mit ernstem Gesicht.
»Vincent sagt, dass JB und du euch damals ziemlich überworfen haben müsst. Aber das geht mich wirklich nichts an«, fügte Jules schnell hinzu. Er wirkte, als würde er es bereuen, so unbedarft Vincents Worte nachgeplappert zu haben.
Nun sah Mr Gold
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