Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum

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hier zeigt etwas, das ich für einen Golem gehalten hatte. Ihrer Beschreibung nach könnte es aber auch der zusammengerollten Gestalt entsprechen«, sagte er und zeigte auf eine gruselige Szene, die in eine der Urnen gemeißelt worden war.
    »Golem!«, entfuhr es Papy. »Kate und ich haben gerade kürzlich erst darüber gesprochen. Das wäre doch sehr einleuchtend!«
    Wir bildeten einen engen Kreis, um uns die Abbildung genauer anzusehen. Genau wie die Wandzeichnung in der guérisseur -Höhle zeigte sie eine puppenähnliche Gestalt ohne Haare und wirklich menschliche Merkmale, die in einer runden Schale von der Größe des hiesigen Thymiaterions lag. Daneben stand eine Frau mit einem gleißenden Heiligenschein. Sie hatte sich mit einem Messer in den Arm geschnitten und ließ das Blut auf die Lehmfigur tropfen, um die sich bereits eine Pfütze bildete. Eine weitere Frau – sie hatte keinen Glorienschein – lehnte über der Schale, ihr Mund auf Höhe des Kopfes.
    Neben ihr stand ein Mann, der beide Hände über die Beine der Lehmfigur hielt. Fünf Flammen flackerten sowohl über seinem Kopf als auch an seinen Fingern, über seinen Händen schwebte eine glühende Wolke. Eine vierte Person ohne sichtbaren Nimbus stand im Hintergrund, in der einen Hand eine Kiste, in der anderen eine brennende Fackel.
    »Das sieht ganz so aus wie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um einer wandernden Seele«, ich deutete auf die glühende Wolke, »wieder zu einem Körper zu verhelfen.« Mein Herz klopfte so schnell, dass ich fürchtete, einen Infarkt zu bekommen, wenn ich mich nicht beruhigte. Wir standen hier möglicherweise wirklich vor der Antwort!
    Ich glaube , du hast recht , hörte ich Vincents Worte. Er klang atemlos und ähnlich aufgeregt wie ich.
    Bran fing an, nervös herumzutänzeln. »Schon allein der Anblick dieser Darstellung weckt etwas in mir. Etwas ganz Instinktives. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg.«
    Ich schielte zu Jules. Sein missmutiger Gesichtsausdruck war einem hoffnungsvollen gewichen. Er bemerkte meinen Blick, kam zu mir und drückte meine Hand. »Ich hatte das hier für reine Zeitverschwendung gehalten«, flüsterte er. »Nicht dass ich viel gegen diesen kleinen Ausflug nach New York einzuwenden hatte, aber jetzt glaube ich …« Seine Augen leuchteten so begeistert, dass ich den Satz für ihn beenden konnte: Das könnte sogar wirklich funktionieren.
    »›Mensch aus Lehm‹«, sagte Bran, der gemeinsam mit Papy und Mr Gold noch einmal genauestens die Urne betrachtete. »Ich schätze, das heißt, wir müssen einen Golem wie diesen aus Lehm formen und ihn in das Thymiaterion legen.« Er zeigte auf das wannenähnliche Gebilde auf dem Relief. Dabei fiel mir erst auf, dass das Gefäß gar nicht ebenerdig zu sein schien, es befand sich auf Schulterhöhe der darum versammelten Personen. Die Frau, die der Gestalt aus Ton offenbar ihren Atem schenkte, stand auf einer Kiste, um nah genug an sie heranzukommen.
    »›Unsterbliches Blut‹ bedeutet also, dass ein Revenant sein Blut über dem Lehmkörper verteilen muss«, fügte Mr Gold hinzu, mit dem Finger auf den blutenden Bardia deutend.
    »Das übernehme dann wohl ich«, meldete Jules sich und warf einen skeptischen Blick auf die Urne. »Sieht nach einer ganz schönen Menge Blut aus.« Er schaute uns alle an. »Das ist aber gar kein Problem, natürlich. Ich mein ja nur«, schob er schnell nach.
    »Das mit dem Beatmen kann ich machen«, sagte ich. Bis zu diesem Moment kam ich mir ziemlich nutzlos vor, weshalb ich mich quasi übereifrig auf die nächstbeste Aufgabe stürzte, um mich beteiligen zu können.
    »Und es sieht ganz so aus, als würde ich derjenige sein, der Vincents Seele auf den Lehmkörper überträgt«, folgerte Bran und schaute von der Kiste zu einem Punkt neben meinem Kopf. Da ist er also , dachte ich mit einem wohligen Schauer. Er war die ganze Zeit in meiner Nähe.
    »Zum Schluss muss der Golem wohl angezündet werden, schätze ich«, sagte Mr Gold. »Das Feuer ist das letzte Symbol auf dem Thymiaterion und würde die Fackel erklären«, fügte er hinzu und verwies auf die Person im Hintergrund.
    »Bleibt noch die mysteriöse Kiste«, stellte Papy fest mit Blick auf die andere Hand des Fackelträgers.
    »Wofür könnte die denn bloß stehen?«, grübelte ich.
    »Kisten haben eine Menge unterschiedlicher Bedeutungen. Sie können von der Leere über die Versuchung bis hin zur Gefangenschaft für fast alles stehen«, sagte Papy und