Von Der Kunst, Hindernisse Zu ueberwinden
abzudrücken, um zurück auf den Betonklotz zu springen, von dem ich gekommen war. Diese Technik, sich hängend in einen Sprung zu stoßen, nennt man einen »Retour«. Eine der Grundvoraussetzungen für den Retour ist ein guter Halt mit den Händen am Objekt, da man sich nicht nur weg, sondern auch nach oben drücken muss. Diese Situation trat absolut unerwartet und akut auf, ich hatte keine Chance, mich darauf vorzubereiten. Dennoch musste ich mich sofort entscheiden, eine halbe Sekunde später wäre es zu spät gewesen. Also trat ich so fest ich konnte in die Mauer und sprang in Richtung Betonklotz ab. In der Luft streckte ich meine Arme und einen Fuß aus, um mich am Betonklotz festhalten zu können. Ich landete mit einem Fuß auf dem Betonklotz und fing mich. Es war nicht angenehm, aber sicherlich angenehmer als acht Meter Fall auf Beton und die nachfolgende Attacke der fallenden Backsteine. Eine Sekunde später hörte ich die Backsteine auf dem Boden aufschlagen und wusste, es war geschafft. Als ich an der Mauer hing und merkte, sie hält mich nicht, habe ich mir eine Frage gestellt: »Was kann passieren, wenn ich nicht handle, und was, wenn ich handle?« Und die Antwort war auf der Stelle klar: »Wenn ich handle, habe ich zumindest die Chance, mich zu retten.« Deshalb entschied ich mich sofort für den Retour.
Akute Ängste unterscheiden sich von vorhersehbaren insofern, dass Sie oft keine Zeit haben, große Pläne zu schmieden. Darum sollten Sie für die Situation, dass eine akute Angst auftritt, einen schnellen Plan parat haben, wie Sie mit der Situation umgehen. In akuten Situationen muss auch nicht zwischen rationalen und irrationalen Ängsten unterschieden werden. Einzig bei rationalen Ängsten ist eine entsprechend genaue Beurteilung notwendig. Akute Ängste überwinden Sie in zwei Phasen:
Phase 1: Verstehen und Entscheiden
Wenn in einer Situation eine akute Angst auftritt, müssen Sie Ruhe bewahren. Atmen Sie tief durch, wenn Sie die Zeit haben, und machen Sie die Atemvisualisierung. Da Sie hoffentlich nicht, nachdem Sie dieses Buch gelesen haben, in gefährlichen Höhen auf Mauern springen, kann für Sie eine akute Angst auch bedeuten, dass die Situation in einigen Minuten passiert, nicht nur im Bruchteil von Sekunden. Denken Sie kurz über die Angst nach, um sie zu verstehen:
- Ist sie rational oder irrational?
- Ist es meine eigene Angst oder die eines anderen?
- Wie groß ist das Risiko tatsächlich?
- Wie würde ich mich entscheiden, wenn ich die Situation als Außenstehender betrachten würde?
Sobald Sie die Angst eingeschätzt haben, müssen Sie eine Entscheidung treffen. Wenn Sie die Angst für irrational und das Risiko für tragbar halten, nehmen Sie die Herausforderung an. Wenn Sie die Angst jedoch als rational begründet einstufen, gehen Sie mit der nötigen Vorsicht vor. Herausforderungen anzunehmen ist ja gut und schön, jedoch möchte ich unmissverständlich klarstellen, dass das nicht bedeutet, Risiken einzugehen, die es nicht wert sind, eingegangen zu werden. Durch Ihr gewonnenes Selbstbewusstsein und Ihre abgelegten und ersetzten Limiting Beliefs werden Sie die richtige Entscheidung treffen. Wenn Sie sich für »Nein« entscheiden, ist dem so. Wenn Sie sich für »Ja« entscheiden, geht es weiter.
Phase 2: Stärken und Motivieren
In akuten Situationen bietet sich meist wenig Zeit für großartige Vorbereitungen, darum halten Sie sich, wenn Sie keine Zeit haben, an die zwei folgenden Tricks:
Schnelle Visualisierung
Stellen Sie sich vor, was Sie machen wollen oder müssen. Bleiben Sie ruhig und fokussieren Sie sich sofort auf die Visualisierung. So wie das im Parkour vor einem Sprung in wenigen Sekunden gemacht wird, können auch Sie innerhalb weniger Sekunden Ihrem Unterbewusstsein zeigen, wie die Situation ablaufen wird und was es zu tun gibt. Konzentrieren Sie sich dabei auf die Aspekte, die Ihnen helfen: Ihren Mut, Ihr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl sowie den positiven Ausgang der Situation.
Akut-Affirmation
Ihr Unterbewusstsein kann nicht sehr viele Nachrichten gleichzeitig verarbeiten, darum ist die Idee hinter einer Akut-Affirmation, dass Sie das Unterbewusstsein mit einer positiven Nachricht beschäftigen und damit negativen Informationen den Zugang verhindern. Wenn Sie also kurz vor einer schwierigen Situation stehen, in der Sie handeln müssen, sprechen Sie sich eine möglichst kurze, prägnante und positive Affirmation innerlich so lange vor, bis
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