Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
Bleibt ganz entspannt und geht in aller Ruhe Strandschnecken sammeln. Denn ich betrüge nicht, ich falle euch nicht in den Rücken. Dieser feine, leicht bittere Geschmack, den ihr mitunter beim Lesen wahrnehmt, das sind sie. Ein Nebeneffekt, den ich nicht mildern konnte: Tiefgründige Gedanken behalten immer eine Spur Bitternis, woran man ihre Komplexität erkennt. Nichts Ernstes allerdings, geschluckt und schon vergessen, kaum dass ihr das Gesicht verzieht. Bei aufmerksamer Lektüre und ein wenig Erfahrung könnt ihr sie also leicht ausmachen. Und sollten sie euch nicht gefallen, steht es euch frei, sie zurückzugeben. Ihr seid erwachsen, ich halte euch nicht zurück.
Es liegt noch eine derartige Menge Arbeit vor uns, dass ich sie lieber nicht beziffern will, ich fürchte, ihr würdet nervös werden. Und ich brauche doch alle eure Kräfte. Dazu solltet ihr ruhig, bedächtig, entschlossensein, aber nicht hektisch. Hektik verdirbt alles, selbst die Besten unter uns, ich kann ein Lied davon singen. Ich habe einst in aller Ausführlichkeit mit euch über die unheilvollen Folgen der Ungeduld gesprochen, darauf kommen wir nicht mehr zurück, wir sausen in Windeseile auf unser Ziel zu. Ich persönlich bin ganz ruhig. Bin es von Natur aus. Ich kann stundenlang auf einen Grashalm starren, ohne nervös zu werden, was wollt ihr mehr. Wenn ich jetzt das Tempo beschleunige und mir die Nächte um die Ohren haue, so seht darin keinerlei Zeichen von Angst, vielmehr einen reiflich überlegten Entschluss, den ich in ruhiger Einschätzung der kolossalen Menge an Arbeit getroffen habe, die noch vor uns liegt, wie auch ihrer Dringlichkeit. Also konzentriert euch, fasst fest die Leine eurer Wasserski, der Widerstand nimmt gleich zu, lasst nicht los, jetzt ist nicht der Augenblick, wir sind auf offener See und nehmen unmittelbar Kurs auf die Sonne von Samstag, ihr werdet die Reise nicht bedauern. Ich persönlich bin nie Wasserski gefahren.
Ich erinnere mich deutlich, dass ich euch zu Beginn dieser Schrift ein Beispiel aus der rauen Wirklichkeit versprochen hatte, es kommt auch gleich, niemand braucht sich um diesen verdammten Faden zu sorgen. Bis jetzt haben wir uns noch keinen Seitensprung geleistet, das ist phänomenal, ich hoffe sehr, es bleibt so bis zum Schluss. Ich kann Autoren nicht leiden, die unter Missachtung ihres Sujets lauter spinnertes Zeug faseln, diese Wahnsinnigen hinterm Steuer, die die Literatur regelrecht untergraben. So was stört mich. Und da bin ich eisern, ja manchmal stur. Unbeirrt wie der Fuchs hinter seiner Beute sind wir hinter unserem Thema her, bis zum Bauch stecken wir drin. So ist es mir lieber, immerhin sind wir Profis. Ich hoffe, ihr habt heute Morgen gut gefrühstückt, denn wegen solcher Nebensächlichkeiten können wir nun nicht mehr anhalten. Habt ihr alle Strandschnecken aufgegessen? Sehr gut, die sind reich an Jod, das hält lange vor. Nur Mut, nehmt euch an Beispiel an mir, seht euch an, wie ich mein Leben wieder in den Griff bekommen habe.Wohlgemerkt, ich bin nicht hier, um über mich zu reden, ich habe auch gar keine Lust dazu, so was liegt mir nicht. Aber ich habe mein Leben in recht ungewöhnlichem Maße wieder in den Griff bekommen, ich meine, ganz persönlich. Es steht euch frei, es ebenso zu machen. Und zwar habe ich es jetzt so gut im Griff, dass ich mir keine Gedanken mehr um den Mann meines Lebens mache (über diesen Ausdruck gäbe es bekanntlich viel zu sagen, aber wir haben uns in der Vergangenheit nun mal darauf geeinigt, um die Sache nicht komplizierter zu machen, die so einfach ist). Wenn ich sie hier beiläufig erwähne, dann, damit euch klar wird, wie unklug es von euch ist, wenn ihr gelegentlich eure Wachsamkeit, euren Freien Willen und euer Tiefinnerstes irgendwo liegen lasst, man erkennt es an diesen Anfällen von Sorge, die euch hie und da überkommen. Der Beweis: Ihr sammelt viel zu viele Napfschnecken, ein sehr beredtes Symptom, während ihr euch andererseits nicht genügend entspannen könnt, um korrekt eine Ente zu zeichnen.
Was mich angeht, ich habe keine Sorgen mehr, und ich sammle allenfalls zwei, drei Napfschnecken am Tag, nicht mehr. Al contrario , ich kann euch Enten zeichnen, so viel ihr wollt, sogar Häuser, Windmühlen und Mäuse. Womit ich andeuten will, dass mandurch die Lösung des Sorgenproblems immens viel Zeit gewinnt, dazu eine unglaubliche Sanftmut, einen gefassten Blick auf die Dinge und eine um vieles erhöhte Sinnesschärfe. Haltet die Leine fest, ich
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