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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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danach weigerte sie sich ganz und gar, meine Hand zu nehmen und mir meine Zukunft vorherzusagen.
    Mein Kindermädchen hatte mich getröstet, mir einen Bluteiszapfen zum Lutschen gegeben und erklärt: »Die wildesten Naturen können nicht gezähmt werden, Liebchen.«
    Nun, Jahre später, nach allem, was ich erlebt hatte, fragte ich mich, wen von uns beiden sie damit wohl gemeint hatte.
***
    »Bonne chance, chérie«, rief Reve uns von der Tür aus nach, während die schwarze Katze um ihre Beine strich. »Wenn du Erfolg ’ast, dann erinnere disch, wo es gibt die beste Kostümschneiderin der Welt, eh?«
    Ich winkte königlich, bis Keen mir einen Klaps auf die Hand gab. »Du bist hier nicht bei einer Parade. Nimm dich zurück.«
    Als ich sie warnend anfauchte, ging Casper dazwischen. »Sie hat recht. Du musst so tun, als seist du ein Niemand.« Und damit bekam ich die Taschen zu schleppen und musste auch noch den Koffer ziehen. Ich war so rasend vor Wut darüber, dass ich wie eine Dienerin behandelt wurde, dass meine offensichtliche Rage wahrscheinlich mehr potentielle Angreifer abschreckte als Caspers Gehstock und Keens Klinge.
    Der Weg zum Südtor von London war dunkel und schmutzig. Nachts waren die Straßen größtenteils leer, ausgenommen einige Pinkies und Bludleute, die zu betrunken waren, um die Gefahren überall um sie herum zu bemerken. Durch die Türen orange beleuchteter Bars und Kneipen hindurch drang Gesang und Geschrei durch die schwere Luft. Bludratten fauchten aus jedem Schatten, und manchmal ertönte ein Schrei, gefolgt vom Geräusch zerreißenden Fleisches.
    Wir hielten uns an die größeren Straßen, beleuchtet von einer endlosen Kette an Gaslaternen. Im Großen und Ganzen kam es zu keinen Schwierigkeiten, nur einmal musste Casper mit seinem Stock einen dürren alten Bludmann verjagen, der aus einer finsteren Gasse getorkelt kam, die Hände ausgestreckt, und flüsterte: »Oh, Exemplare mittlerer Güte. Dunkel und voll, dunkel und voll.« Er fiel zu Boden, an der Schläfe blutend, und murmelte dabei aus seinem zahnlosen Mund weiter vor sich hin. Etwas Erbärmlicheres hatte ich noch nie gesehen.
    Danach summte Caspar entschlossen vor sich hin, dieselbe Melodie, die er bei unserer ersten Begegnung gespielt hatte, die über »Hey, Jude«. Langsam gewöhnte ich mich an das Lied, und einmal ertappte ich mich dabei, dass ich mitsummte, und verbarg das schnell mit einem Husten.
    Wir gingen immer weiter bergab, und bald ragte ein Unheil verkündendes Gebilde über uns auf. Natürlich hatte ich von den riesigen Mauern gehört, die die Pinkies um ihre Städte in Sangland errichteten, aber es war etwas völlig anderes, diese hässliche, aber imposante Konstruktion aus Ziegeln und Stacheldraht hoch über mir aufragen zu sehen. Diese Befestigungen waren errichtet worden, um die Monster draußen zu halten – die Bludhirsche, Bludhäschen, die Wölfe, die ständig vor Hunger heulten. Und sie hielten die sanften, essbaren Geschöpfe sicher drinnen – die Kühe, Hühner und Schweine; ganz zu schweigen von den Pinkies selbst.
    Aber es war abscheulich und unnatürlich, die Sterne so auszulöschen, selbst wenn der Himmel vom Rauch und den Abgasen der Fabriken und Maschinen entstellt war. In der ach so gefeierten Stadt London hatte ich nichts gesehen als Furcht, Ekel, Hunger und Entsetzen, und ich würde es nicht bedauern, sie zu verlassen.
    Als wir an einer Herde Rinder vorbeikamen, brüllten und schrien die dummen Kreaturen und rollten mit den Augen. Sie liefen vor mir davon und drängten sich in den Schatten zusammen, bedeckt von ihren eigenen Exkrementen. Meine Beute in Frostland dagegen war immer so elegant gewesen, so bezaubernd und selbstsicher. Wilde Tiere und sorgfältig gepflegte Diener. Diese dummen Kreaturen hier hatten nichts von mir zu befürchten, ganz gleich, wie hungrig ich sein mochte. Ich hatte immer noch gewisse Ansprüche.
    Schließlich kamen wir in die Gasse neben der Mauer, und Casper führte uns weiter durch die Schatten.
    »Hier sind die Regeln«, sagte er. »Für den Bus und was auch immer wir danach als Transportmittel finden. Prinzessin, du tust so, als seist du eine gewöhnliche Pinkie. Ehrerbietig, duldsam, ja ängstlich. Sprich nur, wenn es unbedingt sein muss. Und starre nicht zu lange auf entblößte Haut, falls irgendjemand dumm genug sein sollte, welche zu zeigen. Hast du ein Pseudonym?«
    »Wie wäre es mit Anne Carol?« Ich konnte den Spott in Keens Stimme hören. Doch ich stellte

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