Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
Vom Netzwerk:
ihre erwählten Diener. Es war ganz anders als in den Städten von Sangland, und ich war überglücklich, wieder über sorgfältig gepflasterte Straßen zu gehen, umgeben von lächelnden Gesichtern und höflich grüßendem Kopfnicken.
    Als wir uns in die Stadt bewegten, tänzelte Keen nahe an mich heran, lebhaft und ungestüm, und fragte: »Soll ich einen der Steine verkaufen? Ich kenne mich in den Hintergassen einer Stadt aus, das steht fest.«
    »Das hier ist nicht London, Liebes«, antwortete ich und tätschelte ihr den Kopf, was mir einen finsteren Blick einbrachte. »Ich bin die einzige Person, mit der irgendwer hier Geschäfte machen wird. Dich würde man wahrscheinlich schon aus Prinzip töten.«
    Aber in einem Punkt hatte sie recht: Wenn wir den Zug nehmen wollten, mussten wir in der Tat ein paar Steine verkaufen. Ich konnte den Bahnhof ein paar Straßen weiter sehen; seine Fassade glänzte wie Sonnenlicht auf Schnee. Ich holte das Collier aus meinem Korsett und brach mit der Klaue meines kleinen Fingers einen der kleineren Steine heraus, einen Diamanten. Beim Anblick der leeren Einfassung mit ihren Zacken, um Reichtümer darin festzuhalten, die nun verloren waren, tat mir das Herz weh. Doch wenn ich Erfolg hatte, konnte ich das Schmuckstück jederzeit reparieren lassen. Und falls ich scheiterte, wäre ein ramponiertes Collier das geringste meiner Probleme. In dem Fall hätte ich ohnehin keinen Hals mehr, um es anzulegen.
    Zur Sicherheit brach ich noch zwei weitere Edelsteine heraus, sodass noch zwölf übrig waren. Ich schüttelte sie leicht in meiner Hand, wie die Knochenwürfel, die die Pinkies für ihre Glücksspiele verwendeten, und sah mich prüfend auf der Straße nach dem richtigen Ort um, bevor mir wieder einfiel, dass ich ja nicht mehr unauffällig bleiben musste.
    »Verzeihen Sie«, sprach ich einen eleganten alten Bludmann auf der Straße an, »doch könnten Sie mir wohl freundlicherweise sagen, wo ich ein Juweliergeschäft finde?« Nach einem höflichen, aber neugierigen Blick von der Seite verbeugte er sich und schickte uns zu einem angesehenen Händler, der mir einen guten Preis bot, ohne Fragen zu stellen.
    Als ich vor einer Damenschneiderei anhielt, seufzte Casper, und Keen schnaubte: »Kleiner Zwischenhalt, um sich aufzubrezeln, eh? Typisch.«
    »Ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist, aber Angehörige meines Volkes würden sich nicht einmal tot in einem solchen Aufzug sehen lassen.« Ich strich mit den Händen über meinen Rock, der inzwischen zerlumpt und voller Pinienharz und Blutstropfen war. »Es geht doch darum, sich optisch anzupassen, und so wie die Dinge stehen, errege ich unnötige Aufmerksamkeit. Oh, und steck dieses Uhrwerktier weg, bevor jemand es sieht und dich wegen Diebstahls ausblutet. Ich bin gleich wieder da.«
    Damit schlüpfte ich in den Laden und machte Keen die Tür vor der Nase im überraschten Gesicht zu. Falls sie mich jetzt schon für grausam und hochmütig hielt, dann würde es noch viel schlimmer für sie werden. Sollte sie doch eine Weile lang auf dem Gehweg vor sich hin brüten und wie ein Hund, der an einen Pfosten gebunden wird, auf ihre Herrin warten. Casper war schweigsam und stoisch; er war mit einem inneren Kampf beschäftigt, den ich nicht ergründen konnte.
    Als ich eine halbe Stunde später wieder herauskam, übergab ich Keen ein in Papier eingewickeltes Päckchen und machte unwillkürlich einen Knicks vor Casper. Auch wenn mein Haar immer noch kurz und mattbraun war, wusste ich doch ganz genau, dass ich wieder in meinem Element war. Das modische Kleid in dezentem Rosa war so flott geschnitten, wie ich es riskieren konnte, nicht zu grell, aber gerade leuchtend genug, und es hatte glücklicherweise ohne weitere Änderungen gepasst. Dazu hatte ich einen Hut mit dezentem Schleier gekauft; doch selbst derart verborgen fühlte ich mich mehr wie Prinzessin Ahnastasia, als ich mich seit jenem längst vergangenen Unglückstag am Brunnen hinter dem Schloss gefühlt hatte.
    Casper hatte seinen Hut neu zugeschnallt und Staub von seinem Mantel geklopft, sodass er nun beinahe vornehm für einen Pinkie aussah. Trotzdem war da etwas Wildes in seinem Blick, das mich näher hinsehen ließ. Er wirkte wie an der Schwelle zu etwas, alarmiert und verzweifelt, aber er versuchte, es zu verbergen. Ich fühlte mit dem Handrücken seine Wange und stellte fest, dass sie auffallend heiß war.
    »Geht es dir gut?«, fragte ich leise.
    Er beugte sich näher zu mir, näher als

Weitere Kostenlose Bücher