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Von der Nutzlosigkeit, älter zu werden

Von der Nutzlosigkeit, älter zu werden

Titel: Von der Nutzlosigkeit, älter zu werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Heinzen
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bremsen. »Dass sie nicht gerade ein Sexsymbol ist.«
    »Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass das auch für dich gilt?« gab Beate zurück und rückte von Andreas ab.
    »Leute, Leute!« mischte sich Michael ein, der durch seine Jahre als Pausenaufsicht auf dem Schulhof Erfahrung damit hatte, Streithähne zu beruhigen. »Ich dachte, wir sind eine Selbsthilfegruppe!«
    Schweigend erreichten wir das Erdgeschoss. Wir traten aus dem pompösen Hausflur auf die Straße, aber keiner machte Anstalten, nach Hause zu gehen. Irgendwie hatten wir alle ein schlechtes Gewissen Ingrid gegenüber.

    »Und wenn sie sich was antut?« brach Susanne das Schweigen, worauf wir alle zu dem Penthouse hinaufschauten, in dem noch Licht brannte. »Einer sollte noch mal mit ihr reden.«
    »Okay, ich bin’s gewohnt, die Drecksarbeit zu machen«, erbot sich Andreas, aber Beate hinderte ihn, den Aufwärtsknopf zu drücken.
    »Wenn du mit ihr sprichst, Thomas?«
    »Was ist mit Regel Nummer drei?« versuchte ich mich herauszureden. Warum galt ich hier eigentlich als Frauenversteher? Oder sollte das die Buße dafür sein, dass ich die Unwahrheit über meine Ehe gesagt hatte? »Außerdem, wo offensichtlich die Männer Ingrids Problem sind, wäre es bestimmt besser, wenn ihr mit ihr reden würdet, von Frau zu Frau.«
    Aber Susanne hatte schon den Aufwärtsknopf gedrückt.
    »Und wenn sie mich nicht reinlässt?« startete ich einen letzten Versuch, mich vor diesem Job zu drücken, bei dem ich nur verlieren konnte. Ingrid würde ihren ganzen Frust über die Männer an mir auslassen. Ich war die perfekte Projektionsfläche. Der Mann, der all das hat, was sie nicht hatte: Kinder, eine gleichberechtigte Ehe, und der trotzdem den Hals nicht voll bekam und seine Frau betrog, wobei sich alle davon überzeugen konnten, dass ich mit Martina das große Los gezogen hatte. Martina hatte einen interessanten Beruf, sah immer noch gut aus, und die Art und Weise, wie sie die Situation meisterte, als sie unerwartet in unsere Runde platzte, war einfach cool.
    »Dann hast du es wenigstens versucht«, beendete Beate die Diskussion und schob mich in den wartenden Aufzug.
     
    Ingrid war schon im Bademantel, als sie mich empfing. »Hast du was vergessen?«
    »Nein«, erklärte ich verlegen. »Ich wollte nur, ähm …« »Haben die Anderen dich geschickt, weil ihr ein schlechtes Gewissen habt?«

    Ich musste lachen, Ingrid musste lachen. Hinter mir schlossen sich wieder lautlos die Türen aus gebürstetem Stahl.
    »Ich habe noch einen Wein aufgemacht. Trinkst du einen Schluck mit, Tommy?«
    »Ist das nicht gegen die Regeln?«
    »Das ganze Leben ist gegen die Regeln«, erwiderte Ingrid, während sie unsere Gläser füllte. »Cheers!«
    »Musst du nicht ins Bett, weil du morgen in der Frühe nach Mailand fliegst?« fragte ich rücksichtsvoll, dabei suchte ich nach einem Anlass, endlich zu gehen. Auch wenn die Anderen der Meinung waren, ich sei die Seele unserer Gruppe: Welche Botschaft hatte ich für Ingrid, die in dem flauschigen Bademantel, der ein paar Nummern zu groß war, noch zerbrechlicher wirkte als sonst?
    »Scheiß auf Mailand! Ich hätte Lust, alles hinzuwerfen.«
    »Und dann? Pilgerst du nach Santiago de Compostela, um dich selbst zu finden?«
    »Mich selbst finden?« Ingrid schaute mich kopfschüttelnd an. »Das kann doch nur eine riesengroße Enttäuschung werden.«
    Wir lachten, während Ingrids BlackBerry klingelte. Sie checkte den Namen auf dem Display, nahm den Anruf aber nicht entgegen.
    »Willst du nicht rangehen?« Ich hoffte auf einen Vorwand, mich endlich verdrücken zu können, und stand auf. Aber Ingrid hielt mich fest und zog mich zu sich aufs Sofa. »Ist nur Inga, eine Freundin. Sie leitet ein Museum in Madrid. Wir sind demnächst zum Essen verabredet. Jetzt geht’s darum, wo wir uns treffen.«
    »In Madrid?«
    »Art Basel, Biennale Venedig, Miami Art Fair …«
    Während ich versuchte, die Geographie von Ingrids globalem Nomadenleben nachzuvollziehen, schenkte sie uns Wein nach. »Dann sind da noch Carmen, Lilly und Heike. Als Single brauchst du ein funktionierendes Netzwerk. Carmen managt einen Immobilienfonds in Mumbai, Lilly arbeitet
als Headhunter in Singapur, Heike produziert Tierfilme in Vancouver.«
    »Und wie oft seht ihr euch?«
    »Einmal im Jahr treffen wir uns in einem Ayurveda-Retreat auf Sri Lanka und lassen uns durchkneten. An Weihnachten. Weihnachten ist hart. Ich komme das Jahr über gut klar mit dem Alleinsein, aber an

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