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Von der Nutzlosigkeit, älter zu werden

Von der Nutzlosigkeit, älter zu werden

Titel: Von der Nutzlosigkeit, älter zu werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Heinzen
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während Frauen nicht in der Lage sind, einen Reifen zu wechseln … geschenkt! Aber ich brauchte ein paar Ideen, was ich an meinem Geburtstag machen sollte. Deshalb hatten wir uns doch überhaupt zusammengetan. Was interessierte mich der Kinderglaube von Andreas an die Selbstheilungskräfte des Marktes? Warum Ingrid abgetrieben hatte? Oder Michael Gitarren sammelte? Außerdem hatten sie alle noch ein bisschen Zeit, schließlich war ich als Erster an der Reihe, in den Abgrund zu springen. Bei mir bestand akuter Handlungsbedarf. Aber welche Optionen hatte ich?
     
    Pizza Connection: Ich könnte einfach so tun, als wäre der 20. August ein ganz normaler Tag, ins Institut gehen und mir
später alleine vor dem Fernseher die Kante geben. Ich konnte nur hoffen, dass meine Studenten nicht irgendeine peinliche Überraschung vorbereitet hätten – was zum Glück unwahrscheinlich war, weil ich immer noch nicht meine Vita abgegeben hatte.
     
    Jorgos: Ich könnte zwei Tage vor meinem Geburtstag David und Nina Bescheid geben, dass ich alleine nach Kreta fliegen würde. Sie sollten sich also nicht wundern, wenn sie an meinem Geburtstag vorbeikommen wollten und ich nicht da wäre. Nicht dass, sie noch, ha, ha … denken würden, ich hätte mir etwas angetan. Nach so einem Anruf würden die Alarmglocken bis zu Martina schrillen. Sie würde ein schlechtes Gewissen bekommen und mir notgedrungen anbieten, mich zu begleiten. Ich hatte schon im Internet nachgeschaut – es gab noch Flüge. Und sollte Martina sich nicht erweichen lassen, wovon ich ausgehen musste, würde ich alleine fliegen. Mit Jorgos selbstgebrannten Raki zu trinken wäre immer noch besser, als vor dem Fernseher zu versauern. Wobei – an dem Abend gäbe es bei Jorgos eine Hochzeit. Und ob das so eine gute Idee wäre, allein am Katzentisch zu sitzen, während die anderen feiern …
     
    Der Notruf : Ich könnte ein paar Freunde und Kollegen anrufen und behaupten, ich hätte eigentlich nicht vorgehabt, meinen 50. Geburtstag zu feiern, um ihnen nicht zuzumuten, Statisten einer peinlichen Retrospektive zu sein. So wie bei Rolf aus der Werbeagentur. Andererseits sei so ein runder Geburtstag ein schöner Anlass, sich mal wieder zu treffen. Keine Geschenke, kein Stress, nur etwas zu trinken und nette Leute ab 20 Uhr bei mir zuhause. Aber dieser Plan barg ein großes Risiko: Während die wirklich netten Leute erfahrungsgemäß zu solch einer kurzfristigen Einladung nicht kommen würden, da sie alle schon etwas vorhätten, weil sie halt nette Leute sind und ständig eingeladen werden, würden die Langweiler und Stinkstiefel kommen, die ich nur eingeladen hätte, damit es
nicht so leer würde: der Tomaten-Tisch. Aber hätte diese Aktion nicht etwas Verzweifeltes? Jeder würde sich fragen, was da los ist. Warum macht Tommy so eine Last-Minute-Nummer, wo er früher immer Monate im Voraus seine Partys angekündigt hat? Wegen dieser Sache mit der Praktikantin? Meine Affäre hatte längst die Runde gemacht in unserem Freundeskreis, oder warum rief niemand mehr an? Spätestens, wenn alle kommen würden, nicht nur die Sättigungsbeilage, sondern auch unverhoffter Weise die netten Leute – sie würden mich fragen, wo Martina und die Kinder blieben. Und dann? An solch einem wichtigen Datum wie dem 50. Geburtstag zieht man Bilanz, was man erreicht hat im Leben. Und dazu gehört vor allem die Familie – wenn man eine Familie hat. Es gab allerdings noch eine Option.
     
    Yin & Yang: Ich könnte Martina zusammen mit Sammy zu meinem 50. Geburtstag einladen. Sie würde natürlich nicht kommen, aber darum ging es gar nicht. Es ging darum, Martina ein bisschen zu verwirren: Mein Gott, dieser Tommy, so eine coole Geste hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Aber was, wenn Martina und Sammy tatsächlich kommen würden?
     
    Ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte, es gab keine befriedigende Lösung. Und wenn ich meine Selbsthilfegruppe einladen würde? Aber wäre Beate dann schon aus dem Krankenhaus? Und selbst wenn, hätte sie Lust, auf eine Party zu gehen, wo getrunken und getanzt würde? Was wäre mit Andreas? Andreas würde ganz bestimmt kommen, um sich mit mir zu verbrüdern, weil er auch seine Ehe in den Sand gesetzt hatte. Aber von Andreas trennten mich Welten. Andreas war einfach ein blöder Macho, während ich ein Opfer der Verhältnisse war.
     
    Ihr Lieben! Wenn wir uns heute Abend bei Susanne treffen, fände ich’s schön, wir würden nach dem Blitzlicht ein paar Ideen

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