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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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Umgang mit Menschen, die mir gut sein wollten.
    So landete ich nach einer langen Reise ein Jahr später an der Malabarküste im Süden Indiens. Dort war das Paradies: Klima, Früchte, Kokospalmen, Sand und unendlich viel Wasser. Ich sprang ins Meer und aalte mich dann im Schatten der Palmkronen. Im Rücken eine fruchtbare Ebene, dahinter hoch aufragende Berge und vor mir eine Lagune mit allen Farben: Blau, Grün, Türkis, Braun und in der Ferne ein brandendes Riff. Und über mir?
    Ein strahlend blauer Himmel.
    Mensch, so etwas hatte ich nie zuvor gesehen! Doch, natürlich, nur nicht zur Kenntnis genommen. Nicht in Italien, nicht in Libyen. Die Straße verlief zwar in Sichtweite der Küste, aber die Libyer schienen das Meer verbergen zu wollen. An die Strände kam man nicht über Wege heran. Später lag meine Route weit von der Küste entfernt. Syrien, Irak, Iran mit ihrer Monotonie.
    An der bevölkerungsreichen Malabarküste gab es keine Unendlichkeit, doch dahinter lag das unendliche Meer: der Indische Ozean, genauer das Arabische Meer. Hier wollte ich nicht weg. Wollte keine Tiger sehen, keine Elefanten, nichts mehr dergleichen. Ich schlug mein Lager am Ufer auf und fühlte mich großartig. Fast wie damals am Suezkanal. Nur freier und unabhängiger.
    Und so lernte ich irgendwann einen Engländer kennen, in Begleitung von zwei indischen Mädchen. Schwestern, wie sich später herausstellte. Ja, ich hatte wieder Sinn und Blick für Mädchen. Die Zeit, wo ich nur weiter, immer weiter wollte, lag hinter mir. Sie boten mir eine Fahrt auf einem Segelboot an. Es war keine Yacht, sondern ein kleiner indischer Fischerkahn, umgebaut zum Segeln. Und das war der Moment, wo ich erstmals das Erlebnis Wasser und Segeln hatte. Wie aufgeregt war ich! Plötzlich sah ich das Land aus einer anderen Perspektive. Wir machten Fahrt, ohne etwas tun zu müssen. Ich verbrauchte keine Kraft, ja, ließ meine Beine im Wasser baumeln. Mein Gott, war das herrlich. Einfach schweben. Einfach reisen. Ohne den Staub und Schweiß der Landstraße. Kochen und schlafen, wann ich will. Auf dem Wasser zu sein machte mich glücklich. Das wollte ich.
    Es war schon paradox: Monatelang fuhr ich am Wasser entlang und hatte nie das Verlangen gespürt, es zu nutzen. Die Erfahrung jetzt hatte ich nur den Mädchen zu verdanken, die mich an Bord verfrachteten. Es ging mir nicht um die Aussicht auf Liebe, höchstens um Unterhaltung. Später, als ich mich mit Queenie, einer der Schwestern, küsste, stellte ich fest, dass das nicht so viel anders war als in Mecklenburg. Zugegeben hitziger, was auch an den tropischen Temperaturen gelegen haben kann.
    An der Malabarküste feierte ich meinen 19. Geburtstag. Solo. Ich leistete mir ein »Ein-Rupie-Gericht«: Reis und eine scharfe Soße. Als Nachtisch Weißbrot mit Banane und weißen Tee. Eine Rupie hatte damals einen Wert von 20 Pfennig. Mehr als eine Rupie kostete auch eine Tasse Tee nicht. Es war Milchtee. Ein Standardgetränk in Indien. Ein leicht aromatischer Tee mit viel Milch und Zucker. Die Wärme und Süße waren mir willkommen. Und ich wünschte mir das Meer und ein Boot. Ein Segelboot musste her. Ich hatte erkannt, dass keine Landschaft so viele Bilder bot wie das Meer. Das war mein »one moment in time«.

Auf der Seeroute der Sklavenhändler
    Achill Moser
    Das Meer ist keine Landschaft, es ist das Erlebnis der Ewigkeit.
    Thomas Mann, Über mich selbst
    In den sechziger Jahren begeisterte mich eine ganze Reihe von Büchern, die auch meine Träume in Bewegung setzten. Da war On the Road , der Bestseller des Amerikaners Jack Kerouac, Gerhard Rohlfs’ Quer durch Afrika , Heinrich Harrers Sieben Jahre in Tibet , Die sieben Säulen der Weisheit von Thomas Edward Lawrence, Wilfried Thesigers Die Brunnen der Wüste , Thor Heyerdahls Kon-Tiki  – und auch Wilfried Erdmanns erstes Buch Mein Schicksal heißt Kathena , das er 1969 veröffentlichte, nachdem er als erster Deutscher die Welt allein umsegelt hatte.
    All dies sind Bücher, die von ganz persönlichen Träumen und Herausforderungen berichten. Bücher, die vom Glücksgefühl des Unterwegsseins erzählen, ob zu Land oder auf dem Meer.
    Auch ich hatte in jenen Jahren Träume, die mich gefangen nahmen und die mir schlaflose Nächte bereiteten, ehe ich mit Engagement und Willenskraft mein »Paradies« in den Wüsten der Welt fand, wohin mich mein innerer Kompass wies und wo ich Weite, Licht und Lachen fand, wenn ich zu Fuß oder mit Kamelen in den großen Einöden

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