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Von Fall zu Fall

Von Fall zu Fall

Titel: Von Fall zu Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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saß?«
    »Ungefähr so lange, ja.«
    »Und ließen ihn in dem Glauben, daß Sie als Kellnerin arbeiteten?«
    Sie nickte.
    »Was geschah, als er wieder freikam?«
    »Da veranlaßte ich ihn, sich eine Stellung zu suchen und für uns eine geeignete Unterkunft.«
    »War die denn ordentlich?«
    »Ach, eine muffige Bude«, antwortete sie. »Ein schmutziger kleiner Schuppen war es — aber für uns beide ein Heim.«
    »Dann sind Sie gewiß manchmal heimlich weggefahren und hierhergekommen, um für einen Tag richtig Mensch zu sein und...«
    »Niemals bin ich heimlich weggefahren, Mr. Lam. Der Schuppen war unser Heim, Tom war mein Mann, ich blieb bei ihm und in seiner Wohnung und wirtschaftete dort, so gut es eben ging.«
    »Braves Mädchen«, lobte ich sie wieder. »Vergessen Sie nicht den guten Rat, den ich Ihnen gegeben habe.«
    Sie kam bis zur Wohnungstür mit, gab mir die Hand und hielt mir plötzlich impulsiv die Wange zum Kuß hin. »Sie sind ein liebes Kerlchen, Donald Lam!« rief sie aus.
    »Und Sie sind auch nicht zu verachten«, erwiderte ich. Dann begab ich mich zu unserer Geschäftskutsche und startete zur langen Fahrt nach Bakersfield.
     

13
     
    Goodwin F. James war ein langer, derber, schlaksiger Mann mit hohen Backenknochen und mächtiger, kantiger Nase. Das Gesicht beherrschten die tiefliegenden grauen Augen, die unter den schwarzen buschigen Brauen stechende Strahlen aussenden konnten. Sein Anzug schien etwas zu groß ausgefallen zu sein.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Lam«, begrüßte er mich. »Mein Mandant spricht fortwährend von Ihnen.«
    »Ach, wirklich?« Ich tat erstaunt.
    »Ja. Ich bin mir nicht klar, weshalb er auf Ihre Meinung und Ihren Rat so großen Wert legt.«
    »Ich habe ihm meine Meinung nicht mitgeteilt und wußte nicht, daß er meinen Rat wünscht.«
    »Es ist aber so.«
    »Sie müssen sich schon etwas deutlicher ausdrücken! Ich verstehe Sie nicht ganz.«
    »Also, er möchte schnellstens von Ihnen beraten werden. Doch ich weiß nicht recht, wie man eine ganz geheime Besprechung arrangieren sollte — denn Sie verstehen gewiß, daß sonst alles, was mein Mandant mit Ihnen bespräche, vom Gericht nicht als vertrauliche Mitteilung behandelt werden würde, also ausgesagt werden müßte. Und ich möchte nicht, daß er Ihnen gewisse Eröffnungen macht, die er mir gemacht hat.«
    »Weshalb nicht?«
    »Das wäre ungünstig für den Prozeß.«
    »Sie meinen damit, daß er verschiedenes eingestanden hat?«
    James beantwortete meine Frage nicht, sondern sagte: »Können Sie mir verraten, wie es kommt, daß mein Mandant so großen Wert auf Ihre Beratung legt?«
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    »Sie sind doch nicht etwa auch Anwalt?«
    »Ich habe Jura studiert.«
    »Alle Wetter!«
    Ich nickte.
    »Sie haben ihm doch gewiß Ihre Beratung nicht auf gedrängt, wie?«
    Ich blickte ihn mit großen Kinderaugen an und fragte: »Wo sollte ich denn Ihrem Mandanten begegnet sein?«
    »Das gehört zu den Dingen, die ich mir noch zusammenreimen muß. Na, jedenfalls hat er mich beauftragt, mit Ihnen in Verbindung zu treten und Ihnen ein paar Fragen zu stellen.«
    »Welche zum Beispiel?«
    »Zunächst einmal: Ob Sie meinen, daß die Geschworenen seine Aussagen glauben werden.«
    »Das sollten doch Sie beurteilen können.«
    »In diesem Sinne habe ich mich ja Gage gegenüber auch geäußert, doch er besteht darauf, daß ich die Frage mit Ihnen durchspreche.«
    »Na, und welcher Meinung sind Sie in diesem Punkt?«
    »Es ist nicht meines Amtes, über den vermutlichen Ausgang von Strafprozessen zu sprechen, die meine eigenen Mandanten betreffen.«
    »So gehört sich's«, entgegnete ich lächelnd. »Und unter demselben Vorzeichen ist es nicht meines Amtes, über den Verlauf von Prozessen zu sprechen, die Ihre Mandanten betreffen.«
    »Ach, zum Kuckuck, Lam, wir wollen doch nicht um den heißen Brei herumgehen«, lenkte er ein. »Wann hatten Sie mit Gage gesprochen?«
    »Hätte ich mit Gage gesprochen, während die Polizei nach ihm fahndete, und diese Tatsache nicht gemeldet, so wäre ich doch in einer peinlichen Lage, stimmt's?«
    »Allerdings.«
    »Ich befinde mich aber ungern in peinlichen Lagen.«
    James legte seine hageren Hände mit den großen Knöcheln auf die Löschunterlage in der Mitte seines Schreibtisches, spreizte die Finger, drückte die Handflächen auf das weiche Papier und rieb, die Fingerspitzen aufgestützt, die Handballen langsam vor und zurück, vor und zurück. »Mit Ihnen zu

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