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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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ist.
    »Bist du es wirklich?«, fragte sie mit weit aufgerissenen Augen. »Bist du wirklich Emily Koll?«
    Heute hatte ich zufällig nicht mein JA - ICH - BIN ’S!- EMILY KOLL !-T-Shirt an. Ich nickte, was sie als Aufforderung verstand, sich neben mich zu setzen, und dann auch tat. Ich musterte sie, mit ihrem Goldkettchen samt Kreuz um den Hals und ihren ungekämmten dunkelbraunen Haaren. Sie wirkte so dünn und zerbrechlich, dass man glauben konnte, sie werde nur durch ihre Kleidungsstücke zusammengehalten. Doch sie setzte sich einfach neben mich, ohne dass ich es ihr ausdrücklich erlaubt hatte. Sie war mutiger als die meisten Mädchen hier drinnen, das musste ich ihr lassen.
    »Ich hab mir dich ganz anders vorgestellt«, flüsterte sie mir zu.
    Mit großem Trara klappte ich das Heft zu und verdrehte die Augen. Was sollte ich darauf denn antworten? War doch eigentlich ein Kompliment, oder?
    »Du bist ja blond.«
    Ja, ich bin blond. Das überrascht alle immer, wenn sie mich kennenlernen. Sie erwarten das Mädchen mit den knallroten Lippen und den feuerroten Haaren, das sie auf dem Foto in den Zeitungen gesehen haben. Und dann haben sie auf einmal mich vor sich – zierlich, blond, Püppchengesicht –, und sie starren durch mich hindurch, als hätte man sie um etwas betrogen. Sie wollen die wilde rothaarige Hexe sehen. Zierliche blonde Mädchen wie ich tun nicht, was ich getan habe.
    »Stimmt es? Hast du das Juliet wirklich angetan?«, fragte sie.
    Wie ich das liebe und hasse, dass die Menschen auf einmal so ehrfürchtig und entsetzt auf mich reagieren. Ich lächelte sie an.
    »Du darfst nicht alles glauben, was du liest.«
    Was für dich als Leserin übrigens genauso gilt.

[zurück]
     
     
     
    E mily Koll. Hab ich gut hingekriegt, was? So ganz beiläufig.
    Wahrscheinlich hätte ich es dir sofort sagen sollen, gleich auf der ersten Seite. Ich wollte dich nicht austricksen. Wenn ich gezögert habe, dann nur, weil ich weiß, was die Leute von mir denken. Ich habe gelesen, was in den Zeitungen über mich geschrieben worden ist, nämlich dass ich verschlagen und heimtückisch sei und so verdorben, dass meine Knochen die Farbe eines abgenagten Apfelgehäuses hätten.
    Aber jede Geschichte hat bekanntlich mehrere Seiten, und das hier ist meine Version.
    Zuerst einmal die Fakten:
    Ja, mein Vater ist Harry Koll.
    Ja, Juliets Vater ist Jason Shaw.
    Ja, mein Vater ist Londons berüchtigtster Unterweltboss.
    Ja, Juliets Vater leitete die polizeilichen Ermittlungen gegen ihn.
    Ja, mein Vater überraschte ihn nachts im Schlaf und erschoss ihn.
    Ja, Juliet ging mit einem Messer auf meinen Vater los, bevor er sie auch noch töten konnte.
    Und nein, ich wusste nichts davon. Nichts von alldem. Nicht, dass mein Vater ein Unterweltboss war. Nicht, dass er jemanden einfach so erschießen konnte. Der Vater, den ich kannte, nahm mich bei Spielen von Arsenal auf die Schultern und las mir Gutenachtgeschichten vor und kam zu allen meinen Schulkonzerten. Zu allen. Den anderen Mann, der mit Drogen dealte und Männer im Schlaf erschoss, kenne ich nicht. Ich kann zu ihm nichts sagen.
    Ich mache mir nichts vor. Was ich jetzt hier aufschreibe, ändert auch nichts mehr. Du kannst dieses Schulheft nehmen und in Stücke zerreißen, wenn du willst. Oder du kannst es verbrennen und die Asche wie schmutziges Konfetti davonschweben lassen. Denn alles, woran du dich später erinnerst, wird sein, dass mein Vater ihren Vater umgebracht hat. Wenn du Juliet fragen würdest, würde sie dir antworten, dass du dich an mehr auch nicht zu erinnern brauchst. Und vielleicht brauchst du das auch nicht. Nenn mich verrückt oder durchgeknallt, mir egal, ich mache mir da auch keine großen Illusionen – hier Partei zu ergreifen fällt ganz sicher nicht schwer: Juliets Vater war ein pflichtbewusster, mutiger Polizist, und mein Vater ist der Schwerverbrecher, der ihn erschoss. Er hat nichts anderes bekommen, als was er verdient hat. Das gilt für mich vermutlich genauso. Aber noch einmal: Ich wusste nichts davon. Ich will, dass du dir das immer wieder vor Augen hältst, wenn du die Scheidelinie zwischen Juliet und mir ziehst. Ist auch gut so, zieh sie ruhig. Mach weiter. Ich bleib auf meiner Seite, aber ich möchte von dir, dass du dir immer vor Augen hältst: Ich wusste von nichts.
    Noch ein Faktum: Ja, ich habe Juliet echt übel mitgespielt. Deshalb bin ich jetzt hier. Und deshalb haben die meisten Mädchen Angst, sich neben mich zu setzen. Nur glaub nicht

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